Nachrichtenmosaik Ukraine Folge 160

Ukraine Gesammelte Nachrichten und Informationen zu den Ereignissen in der Ukraine und deren Hintergründen, ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit und fast ohne Kommentar

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Aufständische

• Donezk und Lugansk: Alle Waffen abgezogen
Die Volkswehr der nicht anerkannten Donezker Volksrepublik im Osten der Ukraine hat nach eigenen Angaben alle ihre schweren Waffen von der Trennlinie mit dem ukrainischen Militär abgezogen: Am Sonntag seien die letzten Kolonnen unter Kontrolle der OSZE ins Hinterland gebracht worden.
Der Waffenabzug sei im Beisein der OSZE-Beobachter abgeschlossen worden, teilte der stellvertretende Volkwehrchef Eduard Bassurin am Sonntag der Nachrichtenagentur RIA Novosti mit. Nach seinen Angaben ziehen auch die ukrainischen Streitkräfte ihre Technik zurück, halten jedoch die neuen Stationierungsorte geheim. ...
Auch die selbsternannte Lugansker Volksrepublik bestätigte am Sonntag, sie werde noch im Laufe des Tages den Abzug ihrer Waffen abschließen. ...“ (Sputnik, 1.3.15)

EU

• Linke Antifaschisten in Spanien verhaftet
Mindestens acht linken Spaniern, die gegen den "Faschismus" an der Seite der prorussischen Milizen kämpften, soll vermutlich Terrorismus vorgeworfen werden
Die Tatsache, dass es offenbar zu einer gewissen Beruhigung im Konflikt in der Ostukraine (Halbstarkenstrategien um die Ukraine) kommt, hat auch dazu geführt, dass spanische Mitglieder der "Internationalen Brigaden" nach Spanien zurückgekehrt sind, die in der Donbass-Volksmiliz gekämpft haben. Mindestens acht Rückkehrer wurden im Rahmen der "Operation DANKO" am frühen Freitag in einer Nacht- und Nebelaktion verhaftet. Darunter waren auch Rafael Muñoz Pérez und Ángel Davilla-Rivas (Internationale Brigadisten kämpfen in der Ostukraine). …“ (Telepolis, 27.2.15)

Kiew

• Poroschenko bitte UNO und EU um Friedensmission
Der ukrainische Präsident Pjotr Poroschenko hat an die Vereinten Nationen und die Europäische Union appelliert, eine Friedensmission in die Ukraine zu entsenden.
Ein entsprechender Appell wurde bereits am 18. Februar vom Kiewer Sicherheits- und Verteidigungsrat verfasst. Am Montag setzte ihn Poroschenko per Erlass in Kraft. Am Dienstag will der ukrainische Präsident der Rada (Parlament) ein Gesetz vorlegen, das einen internationalen Friedenseinsatz im Donezbecken erlaubt. “ (Sputnik, 2.3.15)

Krim

• Schwierige Übergangszeiten
Für die österreichische Tageszeitung Die Presse berichtet Jutta Sommerbauer aus Simferopol auf der Krim: „Ein Jahr nach der Annexion durch Russland gleicht die Halbinsel einem halbfertigen Projekt. Schlangestehen gehört zum Alltag, Sanktionen erschweren das Leben. Doch die Hoffnung will die Mehrheit der Bürger nicht so schnell aufgeben. …
Am 16. März ist es ein Jahr her, dass die Krim-Bewohner in einem international nicht anerkannten Referendum für den Anschluss an Russland stimmten, eine so eindeutige wie umstrittene Wahl des Volkes, die eine Machtübernahme absegnete, die zuvor mit Hilfe einer Truppe namens „Selbstverteidigung der Krim“, russischen Soldaten und prorussischen Kräften im Regionalparlament vorbereitet worden war. …
Die meisten der auf der Krim verbliebenen Bürger stehen freilich hinter ihrem Votum. An der Tatsache, dass auch ein legitimes, international überwachtes Referendum ein Ja zu Russland gebracht hätte, zweifeln nicht einmal die Kritiker. …“ (Die Presse online, 28.2.15)

Lage in der Ostukraine

• Aufständische räumen Minen in Debalzewo
Gut eineinhalb Wochen ist es her, dass die prorussischen Separatisten die ostukrainische Stadt Debalzewe erobert haben, und noch immer sind regelmäßig Explosionen in dem Eisenbahnknotenpunkt zu hören. Doch es sind nicht Artilleriefeuer und Schüsse von Kämpfern, sondern Minenräumer, die von den ukrainischen Soldaten zurückgelassene Sprengkörper zur Detonation bringen.
Drei Teams von Kosaken wurden von den Separatisten gerufen, um die nach wochenlangen Gefechten zerstörte Stadt nach Minen zu durchkämmen. ... "Die Ukrainer haben uns viele solche kleine Überraschungen hinterlassen", sagt Minenräumer Sergej Tscherpachin mit einem Lächeln. …
"Jeden Tag entschärfen wir etwa 20 Mörsergranaten, Minen oder Sprengfallen", berichtet Saizew. Selbst in Wohngegenden würden die gefährlichen Objekte gefunden. …“ (Wiener Zeitung online, 2.3.15)

• Hoffnung auf dauerhafte Waffenruhe
Im Kriegsgebiet Ostukraine wächst trotz einzelner tödlicher Zwischenfälle die Hoffnung auf eine dauerhafte Waffenruhe und den Abzug schwerer Geschütze hinter die Front. Die prorussischen Separatisten zogen nach eigenen Angaben ihre Artillerie zurück - sie hätten dann einen zentralen Punkt des Minsker Abkommens vom 12. Februar erfüllt. Die Vereinbarung sah vor, dass bis zum 2. März der Abzug schwerer Waffen aus der Kampfregion abgeschlossen sein sollte. …“ (Neues Deutschland, 2.3.15, S.7)

• OSZE sieht Zeichen der Entspannung
Die Ukraine-Sonderbeauftragte der OSZE hat sich zuversichtlich über eine Stabilisierung der Lage in der Ostukraine geäußert. "Der deutliche Rückgang der Kampfhandlungen in den vergangenen Tagen, der Austausch von Gefangenen und der Abzug schwerer Waffen sind ermutigende Anzeichen", sagte Heidi Tagliavini zum Auftakt der Dringlichkeitssitzung des Uno-Sicherheitsrats in New York. …“ (Spiegel online, 27.2.15)

• Waffenabzug begonnen
"Nachdem die Separatisten bereits nach eigenen Angaben mit dem Rückzug schwerer Waffen gemäß Minsk 2 begonnen hatten, wenn auch 10 Tage später als vereinbart, hat das ukrainische Militär jetzt ebenfalls nach eigenen Angaben schwere Waffen wie Panzer und Artillerie 25 km von den im Abkommen festgelegten Grenzen abgezogen. Zunächst hatte man damit gezögert, weil erst zwei Tage lang völlige Waffenruhe herrschen sollte. Beide Seiten werfen sich weiterhin Angriffe vor, auch die OSZE-Beobachter sprechen von gelegentlichen Abschüssen. Noch ist vieles in der Schwebe, aber es ist ein Anfang." (Telepolis, 27.2.15)

OSZE

• Schwierige Bedingungen für OSZE-Beobachter
Die nächsten Tage, sagt Alexander Hug, seien "entscheidend für die Minsker Vereinbarung" - jenes Abkommen, das den Konflikt in der Ostukraine deeskalieren soll. Hug ist Vize-Chef der OSZE-Mission im Land, er und seine Leute müssen kontrollieren, ob sich Armee und Separatisten an die Zusagen halten. Ziehen sie schwere Waffen wirklich ab? Hält die Feuerpause?
Die OSZE-Beobachter fordern mehr Personal und bessere technische Aufrüstung für die Überwachung. “ (Spiegel online, 2.3.15)

Poroschenko

• Berlin ist ernüchtert von „Hoffnungsträger“ Petro Poroschenko
"Er galt als Hoffnungsträger für die Ukraine: Petro Poroschenko. Die Bundesregierung setzte große Erwartungen in den 49-jährigen ehemaligen Schokoladenfabrikanten, der im Mai 2014 Präsident der Ukraine wurde. Doch nun herrscht Ernüchterung.
Staatsmännisch, weitsichtig, ein Mann mit Augenmaß und ein Putin-Kenner. Als er im Mai 2014 Präsident der Ukraine wurde, setzte Deutschland große Hoffnungen in ihn. Petro Poroschenko versprach, sich von den Separatisten und ihren Unterstützern in Russland nicht provozieren zu lassen. Statt mit der Kalaschnikow wollte er den Streit in Verhandlungen lösen. ...
Jetzt, zehn Monate später, herrscht große Ernüchterung in Berlin. Hinter vorgehaltener Hand heißt es in der Bundesregierung, während der Verhandlungen in Minsk habe Poroschenko seine Verbündeten im Westen im Unklaren gelassen über die geringe militärische Stärke der Ukraine. …
“ (ARD tagesschau.de, 28.2.15)

Staatsstreich 2014

• „Der Putsch, der keiner sein darf“ – nicht nur bei der FAZ
Immer wieder heißt es, dass der Machtwechsel in Kiew vor einem Jahr keinesfalls ein Staatsstreich gewesen sei. Doch die Argumente dafür stehen auf wackligen Füßen
Konrad Schuller, renommierter Ukraine-Korrespondent der FAZ, hat letzte Woche in einem längeren Artikel nun erneut versucht zu belegen, dass Präsident Janukowitsch nicht Opfer eines Putsches geworden sei. So schreibt er: „Janukowitsch ist nicht gewaltsam aus dem Amt getrieben worden. Er ist von sich aus geflohen (…). Warum er das tat, ist unklar.“
Dabei hatte die FAZ selbst in einer zwei Woche zuvor veröffentlichten Analyse (übrigens des gleichen Autors) noch die mutmaßlichen Motive des Präsidenten herausgearbeitet, von denen man nun angeblich nichts mehr weiß. So schilderte die Zeitung, wie Janukowitsch am Freitag, dem 21. Februar 2014, einen Tag nach dem großen Massaker, davon erfuhr, dass das Ergebnis seiner Verhandlungen mit den europäischen Außenministern und den Maidanvertretern von den Demonstranten auf der Straße nicht gebilligt wurde: „Als er sah, wie der Majdan die Männer, die eben noch mit ihm ein Abkommen unterzeichnet hatten, in der Luft zerriss, muss er verstanden haben, dass seine Zeit um war. Einer, der damals bei ihm war, berichtet, der Präsident sei überzeugt gewesen, die Opposition werde binnen weniger Stunden kommen "und ihn umbringen". …"
(Telepolis, 1.3.15)

UNO

• UNO meldet mehr als 6.000 Kriegstote
Im Krieg in der Ostukraine sind der Uno zufolge bisher mehr als 6000 Soldaten und Zivilisten ums Leben gekommen. Gerade die Kämpfe unmittelbar vor Inkrafttreten der jüngsten Waffenruhe hätten Hunderte Tote gefordert, sagte Uno-Menschenrechtskommissar Zeid Ra'ad Al Hussein. Der aktuelle Bericht zur Menschenrechtslage in der Ostukraine zeige "ein Bild gnadenloser Zerstörung des Lebens von Zivilisten und der Infrastruktur."
Vor allem Frauen, Kinder, Ältere und Schwache litten unter den unhaltbaren Zuständen, sagte der Diplomat weiter. Alle Verletzungen der Menschenrechte müssten gründlich untersucht und die Täter angeklagt werden, forderte er vor Beginn der Frühjahrssitzung des Uno-Menschenrechtsrats. …“ (Spiegel online, 2.3.15)

USA

• Will die US-Regierung Putin stützen statt stürzen?
… US-Außenminister Kerry droht derweil schon einmal mit einer weiteren Verschärfung der Sanktionen – "we are poised yet to do another round" -, natürlich ohne zu erklären, wann diese zurückgenommen werden. Keine zielführende Methode, um zu einer Einigung zu gelangen. Breedlove warnt nun vor Kürzungen der Verteidigungsausgaben der USA. ...
Die Eskalationsstrategie, die von Teilen der US-Regierung gegenüber Russland forciert wird, produziert jedenfalls das erwartbare Ergebnis. Die russischen Menschen werden nationalistischer und unterstützten vermehrt die Gegenreaktion. Die Gockel-Dynamik des Wettrüstens funktioniert immer, da auf beiden Seiten dahinter Interessen profitieren, die auch die Massen mobilisieren können, wenn es gegen einen Feind geht. Putin jedenfalls geht trotz der Sanktionen und der abstürzenden russischen Wirtschaft gestärkt aus der Konfrontation mit den USA und den östlichen EU-Ländern hervor. 86 Prozent der Russen stellen sich hinter Putin, so eine Umfrage des Levada-Zentrums zwischen dem 20. und 23. Februar. 2013 hatte Putin erst 65 Prozent hinter sich. 54 Prozent glauben, dass Russland richtig handelt.
“ (Telepolis, 27.2.15)

Wirtschaft

• Wirtschaftskrise trifft die Bevölkerung
Hamsterkäufe, Protestmärsche, selbst Brot wird teurer: Jetzt schlägt die Wirtschaftskrise in der Ukraine voll durch. Die Bevölkerung reagiert auch mit Galgenhumor.
… ein grosser Teil der Bevölkerung ist durch die Krise in seiner Existenz bedroht. Täglich erreichen sie neue Horrormeldungen. Es sind keineswegs nur die Importprodukte, die immer teurer werden. Letzte Woche hat die Kiewer Grossbäckerei bekannt gegeben, dass die Preise ihrer Brotsorten im Schnitt um 10 bis 12 Prozent steigen. Es ginge nicht anders, so die Kommunikationsabteilung des Unternehmens. Allein im letzten Jahr hätten sich die Preise für Mehl, Butter und Zucker massiv erhöht.
Neben den Preisen für Lebensmittel steigen auch die Preise öffentlicher Leistungen. Am Donnerstag wurde bekannt gegeben, dass die Strompreise ab 1. April um 20 Prozent steigen. Schrittweise sollen sie bis 2017 gar um das Dreieinhalbfache zulegen. Veränderungen im gleichen Rahmen wurden letzte Woche auch für den Gaspreis und die Heizkosten angekündigt. Eine Fahrt mit der Kiewer Metro kostet seit Anfang Jahr das Doppelte. Finanziellen Spielraum, diese Entwicklung auszugleichen, haben die meisten Haushalte nicht. Für Rentner und Menschen mit mittleren und tiefen Einkommen machen die Wohnnebenkosten bereits heute einen Grossteil des Budgets aus.
40 Prozent der Ukrainer geben in Umfragen an, sie fühlten sich arm. Diese Woche informierte einer der grössten TV-Sender des Landes die Bevölkerung, dass der Wert des ukrainischen Mindestlohnes in Dollar inzwischen unter das Niveau von Armutsstaaten in Asien und Afrika gefallen sei. …
“ (Tages-Anzeiger online, 26.2.15)

Ab sofort sind ausführlicherere Versionen des Mosaiks (d.h. längere Textausschnitte) jeweils unter Argumente & Fakten zu finden.
Die Hinweise auf Informationen und Nachrichten sind nun nach Unterthemen und dabei chronologisch sortiert.

Folge 159

Nachrichtenmosaik Ukraine extra 2

siehe auch die Ergänzungen in den Kommentaren

alternative Presseschau aus ukrainischen, ostukrainischen und russischen Quellen

die täglichen Berichte der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Hans Springstein

Argumente und Fakten als Beitrag zur Aufklärung (Bild: Eine weißeTaube in Nantes)

Hans Springstein

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