Münchner Malerin trifft Strausberger Bahnbeamtin - Anschluss im Abseits

Diskursschwank Mathias Merkerle kann es nicht lassen: Wieder erfreut er die Menschen nun mit seinem 2. Teil des Theaterstückes: Anschluss im Abseits: "1923 - Warten auf nichts"Part 2 in der Anderen Welt Bühne Strausberg

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Vor 100 Jahren in Strausberg

Autor, Bühnenbauer, Restaurantchef der Schmorpost Mathias Merkerle kann es nicht lassen: Wieder erfreut er die Menschen nun mit seinem 2. Teil des Theaterstückes: Anschluss im Abseits in der Anderen Weltbühne in Strausberg. Dort werden nicht nur Klassiker (Effi Briest, Die Physiker, Woyzeck u. a.) neu gedacht und zeitgemäß vorgetragen. Nein, seit 2022 startete Merkele in gewohnt humoristischer, kratzbürstiger Weise die Geschichte Strausbergs zu recherchieren und liebenswert auf die Bretter zu bringen. Autor Merkele begleitete die Inszenierung von Paul Splitter dramaturgisch. Zu sehen sind die Schauspielerinnen Cynthia Buchheim, Magdalena Koch, Finia Schramm und Melanie Seeland.

Am Bahnhof der Strausberger Ostbahn begegnen sich diese in den Rollen einer Malerin und Witwe aus München, einer waschechten Strausberger Bahnbediensteten, die die Zuschauer zu Beginn dienstbeflissen auf Gefahren beim Reisen mit der Bahn aufmerksam macht. Des weiteren ist eine nachdenkliche und visionäre Charlottenburger Prokuristin auf der Flucht vor dem Lärm der Stadt zu erleben, sowie eine junge einheimische, von Poesie und technischem Verständnis beseelte Bettlerin. Zwei Strausberger Geschäftsmänner werden in den Doppelrollen grotesk und treffsicher von Magdalena Koch und Melanie Seeland gespielt.

Die drei Frauen, eine jede unterwegs mit verschiedenen Perspektiven und Wünsche, Sehnsüchten und Hoffnungen für das Leben oder ihre Reise in der "Perle der Mark", loten aus, was war, was ist und was sein könnte in dieser Stadt. Alle haben so Ihre spezifischen Vorstellungen, für die eine der schönste Fleck auf Erden, für die anderen ein großes Fragezeichen und mit Sorgen blicken sie in die Zukunft ob touristischer Überfüllung oder bevorstehenden Umweltverpestungen. Der Zug jagt durch die Zeit und nimmt die Zuschauer mit in die verschiedenen Befindlichkeiten über das Leben der Frauen und Männer in Strausberg 1923. In eine Zeit zwischen den linken und rechten Extremisten, der rasant wachsenden Inflation und den Vorzügen und toxischen Gefahren des Fortschritts in der noch jungen Weimarer Republik. Über Parallelen zur heutigen Zeit darf mal mehr, mal weniger gelacht werden. Die typisch merkelsche philosophisch-komödiantische Feder lässt das Publikum fein geführt bei Entgleisungen der Waggons, Menschen oder Politik unterhaltsam und mit Biss beiwohnen. Musikalisch sind die szenischen Wechsel hinreisend mit der "Eisenbahn-Scherz-Polka" von dem Friedrichshagener Komponisten Wilhelm Haller (1864-1946) untermalt. Neben dem Schauplatz Bahnhof bewegt sich die Geschichte wechselnd in die Gaststätte Schlagmühle und natürlich zum Badestrand des Straussees.

Die Andere Welt Bühne schafft mit diesen Stücken einen wunderbaren Brückenschlag: Die spannenden Geschichten locken nicht nur das Berliner Theaterpublikum in die kleine freie Off-Theaterbühne sondern auch die "Strutzeberger", wie die Strausberger in früheren Zeiten genannt wurden. Ausverkaufte Vorstellungen und ein begeistertes Publikum belohnen das gesamte Team. In der Schmorpost, der zum Theatergelände gehörenden Gaststätte, wo zuvor gespeist oder anschließend noch gefeiert werden kann, sind die Plätze inzwischen auch heiß begehrt und die Karte von Mathias Merkele plus Team lässt nichts zu wünschen übrig.

Am 29.03.24 ist das Stück noch einmal zu sehen!

Karten sollten hier vorbestellt werden. (Einen Tisch in der Schmorpost am besten auch!)

Danach hoffen wir auf einen weiteren Diskursschwank, Teil 3 - zu Weihnachten 2024!

Davor gibt es jedoch noch viele Premieren, ein Blick in das Programm lohnt immer.

Zeichnung zum Stück siehe @ Instagram Textfontana

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Textfontana

Freie Journalistin, Bloggerin und Heilpraktikerin mit Schwerpunkt TCM. Themen Frauen-/Gesundheit, Kultur, Theater/Performances und Tanz.

*Würzburg 1966, seit 1987 in Berlin lebend. Selbstständig tätig im Gesundheitsbereich seit 1994. Journalistik Studienabschluss an der FJS Berlin 2019. Mitredakteurin bei bzw-weiterdenken.de seit 2019.

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