Deutschland - ein neutraler Akteur am Nordpol

Arctic Security Die Erwärmung der Arktis beeinflusst die Klima- und Wetterbedingungen in der ganzen Welt - auch Deutschland, dass rund 2000km vom Nordpol entfernt ist.

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Deutschland plant eine aktivere Rolle in der Arktis zu übernehmen und verweist auf die wachsende ökologische, politische und wirtschaftliche Bedeutung des hohen Nordens.

Die Arktis wird immer mehr zu einer wichtigen Region der Weltpolitik. Deswegen hat das deutsche Kabinett vor kurzem eine Resolution gemäß den Leitlinien einer deutschen Arktispolitik verabschiedet, in der es seine Absicht erklärt, deutsche Experten zur Beratung des Arktischen Rates mit ständigem Sitz in norwegischen Tromsø, zu entsenden. Darüber hinaus ist geplant, sich für eine Ausweitung der Umweltschutzgebiete in der Arktis einzusetzen und das Potenzial der zunehmend eisfreien Nordwest- und Nordpassagen für die Schifffahrt in den Sommermonaten zu erkunden.

Bei seiner Reise in die kanadische Arktis konnte sich Heiko Maas im August von den durch den Klimawandel bereits jetzt verursachten dramatischen Veränderungen ein Bild machen. "In der Arktis ist der Klimawandel kein Zukunftsszenario mehr, sondern Realität", sagte Außenminister Maas.

Aber auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte nach einem Treffen im August mit den Staatschefs der nordischen Staaten, dass die Bundesrepublik als Beobachter im Arktischen Rat, "die strategische Rolle der Arktis im Auge behalten wird". Außerdem wird Deutschland versuchen zu verhindern, dass die Arktis "zu einem Objekt rücksichtsloser Ausbeutung und natürlicher Zerstörung" werde, so die Kanzlerin.

Deutschland ist im Arktischen Rat durch das Auswärtige Amt vertreten, das bestrebt ist, die deutschen Beiträge zu den Aktivitäten des Arktischen Rates zu stärken. Insbesondere die Beteiligung an den Arbeitsgruppen und Task Forces des Arktischen Rates wurde in den letzten Jahren deutlich verbessert. Für alle Arbeitsgruppen und Task Forces wurden deutsche Experten benannt. Das Arktisbüro unterstützt das Auswärtige Amt bei der Auswahl dieser wissenschaftlichen Experten und sorgt dafür, dass Berichte von den Sitzungen sowie Handlungsempfehlungen verfügbar gemacht werden.

Der Arktische Rat wurde 1996 mit der Ottawa Deklaration ins Leben gerufen und beinhaltet die Mitgliedstaaten Dänemark, Finnland, Island, Kanada, Norwegen, die Russische Föderation, Schweden und die USA. Sechs Organisationen, die die indigenen Völker der Arktis vertreten, sind ständige Teilnehmer: Aleut International Association, Arctic Athabaskan Council, Gwich'in Council International, Inuit Circumpolar Council, Russian Association of Indigenous Peoples of the North und Saami Council. Deutschland und weitere zwölf Nichtanrainer (China, Frankreich, Großbritannien, Italien, Indien, Japan, die Republik Korea, Niederlande, Polen, Schweiz, Singapur und Spanien) sind Beobachter im Arktischen Rat. Dazu besitzen 14 Regierungsorganisationen sowie 12 Nichtregierungsorganisationen Beobachterstatus.

Die vom Arktischen Rat verfassten Zustandsberichte und Empfehlungen beruhen auf den Analysen und Auswertungen der Arbeitsgruppen. Die wichtigsten Instrumente des Arktischen Rats sind seine sechs permanenten Arbeitsgruppen:

Arctic Contaminants Action Program (ACAP), Arctic Monitoring and Assessment Programme (AMAP), Conservation of Arctic Flora and Fauna Working Group (CAFF)Emergency Prevention, Preparedness and Response Working Group (EPPR), Protection of the Arctic Marine Environment (PAME),The Sustainable Development Working Group (SDWG.)

Die Bundesregierung hofft, weitere Experten in die Arbeitsgruppen des Ausschusses zu entsenden und kündigte an, Forschungsvorhaben weiterhin mitzufinanzieren.

Deutsche Interessen an der Arktis?

Die Kanzlerin nahm als Gast am informellen Sommertreffen der skandinavischen Regierungschefs teil. Die Länder im hohen Norden wollen zu einem großen Teil deutlich früher als die Bundesregierung das Ziel der Klimaneutralität schaffen, Island beispielsweise bereits 2040 und damit zehn Jahre vor Deutschland. Deutschland bekenne sich zum Zieljahr 2050, sagte Merkel

Merkel traf sich in Island auf der Insel Videy bei Reykjavik mit den Stadtchefs und Politikern Dänemarks, Finnlands, Islands, Norwegens und Schwedens. Während des Treffens ging es vor allem um die Klima-Politik der Arktis aber auch um die transatlantischen Beziehungen. Merkel sagte:"W ir sind hier an der tektonischen Verbindungsstelle von den europäischen Teilen und dem amerikanischen Teil. Wir sehen also, wie verbunden diese Welt ist, auch wenn die Teile etwas auseinander gewandert sind in den letzten 9000 Jahren, so sind sie doch immer noch sehr eng zusammen - und deshalb werden wir natürlich auch über unsere transatlantischen Beziehungen sprechen."

Merkel besuchte zudem ein Geothermie-Kraftwerk in Island. Das Hellisheidi ist das größte Kraftwerk seiner Art in Island. Dort produzieren die Isländer aus heißem Wasser und Dampf Heizenergie und Strom. Im Rahmen eines Projektes wird auf dem Gelände des Kraftwerks zudem klimaschädliches CO2 aus der Luft eingefangen und in Gestein gespeichert.

Im nördlichen Teil Europas, aber auch Amerikas ist die Erderwärmung noch erheblich stärker spürbar als in anderen Teilen der Welt. Der Rückgang des Eises eröffnet aber auch den Zugang zu Rohstoffen wie Gas und zu neuen Schifffahrtsrouten wie der Nordwest- oder der Nordostpassage. Befürchtet wird zudem nicht zuletzt ein Wettrüsten der Großmächte in der Region.

Droht eine globale Umweltkatastrophe ?

"Wo früher Eis war, gibt es jetzt Steine und Wasser", da sich die Arktis derzeit etwa doppelt so schnell erwärmte wie der Rest der Welt, stellte der Außenminister Maas mit Sorge fest und fügte hinzu, dass der Preis für das Nichtstun sicherlich höher sein wird als der Preis für das Handeln.

Die Folgen des Klimawandels in der Arktis wären dramatisch, wenn die Gletscher schmelzen, die Meereisdecke schrumpft und der Meeresspiegel steigt. Davor warnt auch das deutsche Umweltministerium nachdrücklich. Auswirkungen dieser Entwicklung könnten durchaus Deutschland treffen.

Das Klimaschutzziel für 2020, den Treibhausgas-Ausstoß um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken, wird Deutschland klar verpassen, das 2020-Ziel von einer Million Elektroautos auf deutschen Straßen auch. Umweltschützer hoffen dennoch, dass Merkel auf den letzten Metern ihrer Amtszeit - spätestens 2021 soll Schluss sein - noch einmal richtig Dampf macht im Kampf gegen die Erderhitzung.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Isabelle-Constance V.Opalinski

Journalistin, Autorin, Publizistin

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