Bei Mietverhältnissen geht es um Zeit und Raum. Und natürlich um Geld. Aber Mietverhältnisse sind auch hegemoniale Verhältnisse. Gelegentliche Jovialitäten zwischen den Mietvertragsparteien können darüber nicht hinwegtäuschen. Und manchmal spielt sich der Hegemoniekampf im Keller ab.
Nach einem Streit mit meiner Vermieterin anlässlich eines Mieterhöhungsversuches hatte ich ihren Anlauf, hegemoniale Deutungsmacht über mein Grundrecht auf Wohnen auszuüben, empfindlich angeknackst, als ich der biederen Elektrikertochter Unehrlichkeit und gebrochene Versprechungen nachweisen konnte. Nur mühsam bewahrte sie Haltung unter dem Kompotthütchen auf der stählern ondulierten Perücke, als sie kerzengerade auf der vordersten Kante meiner weinroten Chaiselongue saß. Wie groß war deshalb schließlich ihre Freude, als sie zufällig entdeckte, dass meine sonst ganz unschuldige, kleine, schwarze Katze in einen dunklen Kellergang gekotet hatte. Ihr besenschwingender Adlatus, der jeden Donnerstag schwunghaft und mit geräuschvoll an der falschen Stelle platzierten Wasserfällen so tut, als ob er den Flur säubert, hatte es ihr hintertragen. Sofort holte sie zum hegemonialen Gegenschlag aus, verließ ihren blitzblanken Witwensitz drei Häuser weiter und hielt eine scharfe Strafpredigt. Sie brauchte die Hände dazu gar nicht zu erheben. Der Erzengel stand im weiten glockenförmigen Mantel und ließ einen bellenden Singsang über mich ergehen. Das Wort stand vor ihr wie ein Schwert. Sie verbannte mich für ein Wochenende in den Keller, um den uringeschwängerten Betonboden vor porösem Zerfall zu schützen. "Knallheiß muss das Wasser sein und dann schrubben Sie nach Norden, nach Süden, nach Osten und nach Westen" wies sie mir triumphierend alle Himmelsrichtungen. Ich bürstete, als müsste ich einen Hegemon austreiben.
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