GDL – oder der Kampf David gegen Goliath

Tarifeinheitsgesetz. Mit der ,,Privatisierung“ ist die DB ein Wirtschaftskonzern geworden. Jetzt versucht man als Meinungsführer systemisch die Arbeitnehmerrechte außer Kraft zu setzen.

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Bei der Deutschen Bahn haben wir es schlichtweg es mit einem weltweit agierenden Player zu tun, der nur einen Eigentümer (den Bund), also die jetzige Bundesregierung, hat. Gegenwärtig überweist der Bund jedes Jahr einen sogenannten Investitionsbeitrag von ca. 2,5 Milliarden Euro an die Bahn. Im Gegenzug wird die Dividende der Deutschen Bahn an den Bundeshaushalt abgeführt. Das lässt das Handeln der Bahn bei der Behandlung der berechtigten Forderungen der Arbeitnehmer nach besseren Arbeitsbedingungen in einem völlig anderen Licht erscheinen, weil im Auftrag des Eigentümers schlichtweg Arbeits- und Sozialpolitik betrieben wird. Und so bekommt der vom Bundestag angedachte Entwurf eines Tarifeinheitsgesetzes ein ganz besonderes „Gschmäckle“.

WEN VERTRETEN DIE GROSSEN GEWERKSCHAFTEN?

In Zukunft soll bei konkurrierenden Gewerkschaften in einem Betrieb nur der Tarifvertrag derjenigen Organisation gelten, die die meisten Mitglieder hat. Über sogenannte Tarifgemeinschaften wird sich die kleinere Gewerkschaft dann unterordnen und den Vertrag der größeren mit unterzeichnen. Damit werden die ,,regierungstreuen“ Großkonglomerate wie ver.di oder DGB automatisch zum Marktführer für zukünftige Arbeitnehmerrechte, denn Gewerkschaftler sind auch „Politikmacher“. In ihren Doppelfunktionen tragen sie als Mandatsträger und Dienstleister der Wirtschaft einen erheblichen Anteil an der Schieflage der Gesellschaft, der immer weiter auseinanderklaffende Schere zwischen arm und reich, den prekären Arbeitsverhältnissen und den Aufstockern. Jeder, der sich schon einmal mit den Entgeldrahmentarifverträgen zwischen den unterzeichnenden Mitgliedsgewerkschaften des DGB und den Interessenverbänden der Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) beschäftigt hat, kann annähernd abschätzen, was die SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles unter der neuen Offensive «Arbeit 4.0» versteht. Sollte das Bundesverfassungsgericht dem also nicht Einhalt gebieten, wird das in wenigen Wochen wohl geltende Tarifeinheitsgesetz eine folgenschwere Ergänzung der Agenda 2010 sein und dafür sorgen, dass die Wirtschaft erneut gestärkt wird und die Arbeitnehmer geschwächt werden.

WAS KOSTEN DIE STREIKS DEN BETREFFENDEN AKTEUREN?

Zur Zeit kosten die Streiks dem Unternehmen Reputation bei den Kunden und viel Geld. Ein normales Unternehmen fragt sich ab einem gewissen Zeitpunkt, ob die Befriedigung der Forderungen seiner Mitarbeiter nicht weniger kostet, als es bei den Streiks verliert. Da man sich seitens der Vorstandsetagen der Bahn jedoch in Debatten um das Vorlegen oder Nicht-Vorlegen unterschriftsreifer Papiere verliert, könnte man natürlich leicht auf den Gedanken kommen, es könnte sich um ein abgekartetes Spiel handeln, bei dem von vornherein klar ist, wer als Sieger hervorgehen wird. Denn schließlich zahlt die GDL ihren Mitgliedern 50 Euro als Ausgleich für entgangene Gehälter. Wie lange kann sie sich den Arbeitskampf also noch leisten? Auch hier werden die kühnen Rechner der Deutschen Bahn ihre Kalkulationstabellen täglich akribisch aktualisieren und auf den schnellen Tod der GDL hoffen.

Es geht also um viel Mehr, als um die Unbequemlichkeit von Fahrgästen und ellenlangen Medienberichten über leere Bahnsteige.

Zeit also, wieder gemeinsam an das Bundeslied des Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein zu erinnern: «[...] Mann der Arbeit, aufgewacht! Und erkenne deine Macht! Alle Räder stehen still. Wenn dein starker Arm es will. [...]»

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Geschrieben von

initiative146

Die Initiative 146 wirbt für eine Verfassung in Deutschland und hat dazu bereits einen ausformulierten Verfassungsvorschlag ins Netz gestellt.

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