blond und laut und honigdick*

Discounter Ich hasse sie, die Verkaufsbunker und doch hab ich neulich einen aufgesucht. Jetzt reicht's wieder für die nächsten mind. fünf Jahre.

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Okay, ich geh ab und zu mal in einen Baumarkt, aber nicht gern. Die Elektrodicounter aber sind seit "geiz ist geil" und "ich bin doch nicht blöd" tabu, von Klamottenbunkern der Billigsorte ganz zu schweigen. Leider ist es ziemlich schwierig, diese Läden zu meiden. Wo kriege ich sonst eine SD-Karte her oder eine Waschmaschine? Mittlerweile habe ich dafür Lösungen gefunden, aber der Aufwand war beträchtlich, Fachgeschäfte gibt es nämlich nur noch ganz wenige und da muss man schon wissen wo.

Ich mag diese Dinger nicht. Sie sind mir zu laut - in jeder Hinsicht. Aufdringlich plärrt mir die Werbung ins Ohr, Beratung gibt es selten "sorry, ich bin aus der Nachbarabteilung" (es gibt Ausnahmen, das soll nicht unerwähnt bleiben), alles ist groß, knallig bunt und irgendwie unübersichtlich, nein, das ist nicht mein Laden. Selbst wenn ich ganz genau weiß, was ich will (z.B. eine bestimmte CD), befällt mich akute Orientierungslosigkeit, sobald ich so ein Geschäft betrete und habe ich dann, was ich wollte (und nur das), bin ich ziemlich erschöpft.

Neulich habe ich mich allerdings dann doch in einen Spielzeugdiscounter gewagt. Ich weiß auch nicht, was mich da geritten hat. Im Prinzip bietet sich auch hier das übliche Bild: eine große Halle mit abgehängten Decken und bloß kein Tageslicht! Das schadet wahrscheinlich entweder dem Umsatz oder der Leistung der Mitarbeiter. Die Fenster, die es gibt, werden vorsichtshalber mit Werbung vollständig zugeklebt. Überlaut dröhnen Werbebotschaften ans Ohr und ich stelle fest: nach fünf Minuten geht das alles in einem Grundrauschen unter. Auch optisch ist es laut: Pink, gelb und rot scheinen die dominierenden Farben zu sein. Ich fühle mich unbehaglich.

Im Eingangsbereich gibt's die Schnäppen. Und dazu die Aktion 20% auf alle Legos (bei einem Einkauf ab 80 Euronen). Na gut, das könnte ja was werden. Was mir als erstes auffällt, sind die leeren Regale. In den Regalen stehen zwar Spielsachen, aber die Regale selbst sind höchsten zu einem Viertel gefüllt. Das löst natürlich sofort den Kaufreflex aus - morgen gibt es das vielleicht nicht mehr. Beim näheren Hinsehen allerdings entpuppt sich das meiste Zeug als etwas, das die Welt nicht braucht (wahrscheinlich besteht der größte Teil des Sortimentes aus sowas), oder als zu teuer. Häh? Tatsächlich. Da stehen Dinge, die kriege ich beim Spielzeugdealer meines Vertrauen billiger. Die stehen da und machen den Eindruck, die letzten ihrer Art zu sein, weshalb man schnell zugreifen muss. Finger weg!

Ich mache mich aus dem Staub in den Bereich der Legos - schließlich gilt es ja Geld zu sparen - vorbei an den Gesellschaftsspielen und Puzzels auf der einen Seite und weiterem Schrott auf der anderen. Fein säuberlich getrennt nach Mädchen - alles in Pink - und Jungen - alles mit Waffen. Zeug, das in keinem Kinderzimmer ein Überlebenschance von mehr als 30 Minuten hat, wenn man es überhaupt ganz aus der Verpackung rauskriegt. Hier sind die Regale natürlich voll. Wer kauf sowas?

Puzzel und Spiele gibt es natürlich von namhaften Herstellern in bewährter Qualität. Allerdings ist das Sortiment etwas arg dürftig und auch wenn die grell bunten Preisschilder etwas anderes sagen wollen, besonders preiswert ist das nicht. Es macht eher den Eindruck, als sei hier alles gelandet, was sich im Einzelhandel nicht an die Eltern bringen lässt.

Mir begegnen Horden von Eltern mit quengelnden Kindern. Offenbar haben die meisten kleinen Kinder ein gutes Gespür für die eklige Atmosphäre hier. Größe starren gebannt auf Laserschwerter, Frisiersalons oder etwas in der Art. Ich muss hier raus!

Ach ja, Legos gab's auch. Ich hab auch tatsächlich welche erworben. Dank der Rabattaktion auch zu einem tragbaren Preis. Die Frauen (arbeiten da überhaupt Männer, also außer als Chef, frage ich mich) an der Kasse, nehmen ihre Kunden gar nicht wahr. Selbst der freundliche Gruß wird mit einem kurzen Nicken (wenn überhaupt) abgewickelt. Vielleicht hätte ich zu einem anderen Zeitpunkt kommen sollen. Ich verlasse den Ort in einem Zustand leichter Depression.

Ich hatte das wirklich nicht so grauenhaft in Erinnerung. Nun ja, das nächste mal, wenn ich mich wirklich gruseln will, weiß ich, wo ich hingehe...

* aus "Spiel nicht mit den Schmuddelkindern" von F.J. Degenhardt

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Geschrieben von

Ismene

Kein Mensch ist freiwillig schlecht.Aber es sind schon viele ganz komisch unterwegs.antigone@weibsvolk.org

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