Transnationale Geschlechtergerechtigkeit

Feminismus „Feminismus Revisited“ - Man traf sich privat und verglich die Erfahrungen. Erst das Erkennen von Gemeinsamkeiten, so schreibt Erica Fischer, führte zu politischem ...

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Die amerikanische Frauenbewegung machte es vor. Man traf sich privat und verglich die Erfahrungen. Consciousness-raising. Erst das Erkennen von Gemeinsamkeiten, so schreibt Erica Fischer in „Feminismus Revisited“, führte zu politischem Bewusstsein.

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„Das Persönliche ist politisch.“

Plötzlich erkannten wir da „patriarchale Muster“, wo vorher nur unsere persönliche „Unzulänglichkeit“ gesichtet worden waren. Diese mäandernd im Gespräch gewonnenen Einsichten in Dimensionen struktureller, institutionalisierter, vor allem jedoch gesellschaftlich akzeptierter Gewalt trafen die Aktivistinnen der 1970er Jahre einigermaßen unvorbereitet. Die Schritte vom erlittenen Ich zum empowerten Wir erscheinen im Gegenlicht des Aktivismus und im Akut der Gegenwart wie Stummfilmszenen.

„Alle Forschungen bestätigen, dass Menschen, die sich wehren, eine bessere Chance auf einen positiven Ausgang haben.“

Ihre Jugend vollzieht sich im Sturm von Achtundsechzig. Feminismus gilt vielen als konterrevolutionär. Erica Fischer setzt die österreichische Frauenbewegung mit in Gang, die sie in scherzhaftem Ernst „Wiener Feminismus“ nennt. Die in London als Tochter von Emigranten geborene, in Wien aufgewachsene, mit „Aimée & Jaguar“ berühmt gewordene Autorin und Aktivistin bekennt in „Feminismus Revisited“ ein glückliches Erstaunen über unerwartete Diversifikationen ihres in den 1970er Jahren gestarteten Emanzipationsengagements. Inzwischen weiß sie: Es gibt keinen Feminismus ohne Intersektionalismus.

Erica Fischer, „Feminismus Revisited“, Berlin Verlag 2019, 20,-

Fischer spricht mit Aktivistinnen der Generation Netzfeminismus. Die 1971 geborene Mithu Sanyal lässt sich so nicht rahmen. Sie schildert den Tanz mit allen möglichen Kritiker*innen nach ihrem Vorschlag „Erlebende sexueller Gewalt“ als Neben- und Alternativbegriff für „Opfer einer Vergewaltigung“ zu etablieren. Victim Blaming und Antifeminismus wurden ihr vorgeworfen. Sanyal schmorte in der Vorhölle des medialen Gerichts.

Fischer befragte eine „extrem intellektuell argumentierende“ Nebenerwerbssexarbeiterin. Marleen polarisiert in der feministischen Prostitutions- und Pornografie-Debatte. Besonders beeindruckt zeigt sich Fischer von Hengameh Yaghoobifarah, die ihr einen Einblick in die Arsenale des Queer-Feminismus gewährte. Als nicht-binäre „muslimisch-migrantisch und weiblich gelesene“ Persönlichkeit kann Yaghoobifarah jederzeit einen Kasatschok der Devianz und der Diversität aufführen. In einer Expedition zu den Quellen der diversen Psyche beobachtet Fischer überraschende Ausweitungen der feministischen Kampfzonen.

Wird fortgesetzt.

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Geschrieben von

Jamal Tuschick

Interessiert an Literatur, Theater und Kino

Jamal Tuschick