Netzneutralität: Telefonica will die Büchse der Pandora öffnen

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Wie Heise und jetzt auch Netzpolitik berichten, ist Telefonica, die spanische o2-Mutter, gewillt, die Büchse der Pandora zu öffnen. Netzneutralität war gestern, heute ist Zahltag. So scheint man es sich zumindest im wärmeren Süden auf die Fahne geschrieben zu haben. Dazu will man trafficintensive Websites wie z.B. Google in Zukunft für den verursachten Verkehr zur Kasse bitten.

Was daran fishy ist? 1. wurde Telefonica schon vom Endbraucher bezahlt und 2. schafft sich das Unternehmen so die Möglichkeit zwischen zahlungswilligen und -unwilligen Inhaltsanbietern zu "unterscheiden". Es bedarf nicht viel Fantasie, will man erahnen, wohin diese Reise gehen kann.

Ähnlich wie bei der Deutschen Bahn würde es verwaiste Strecken geben, die sich für den Anbieter nicht rentieren. Nur könnten dies eben gerade nicht die wenig befahrenen, sondern jene sein, die sich den Verkehr in ihren "Ort" nicht mehr leisten können oder wollen.

So würde man allerdings die Mechanik, die gemeinhin als Netzneutralität bezeichnet wird und einen Großteil der momentanen "Experience" Internet ausmacht, aushebeln. Präsentiert würde vor allem (oder in angemessener Geschwindigkeit), was zahlt. Dass man mit dieser inhaltlichen Diskrimierung den progressiven Motor Netz gewaltig in Stottern bringen könnte, scheint dem Unternehmen bei den winkenden Margen nicht weiter bedenkenswert zu sein.

Viel unangenehmer als dieser Einzelfall könnte sich allerdings das drohende Unwetter gestalten, das am Horizont aufzieht, denkt man an mögliche Nachahmer bzw. den sich hier abzeichnenden Trend. Sollte sich das zweifache Abkassieren als Best Practice etablieren, wäre vor allem der Endverbraucher der Leidtragende: der freie Informationsfluss wäre gefährdet.

Nun mag man argumentieren, dass es wirtschaftlich durchaus sinnvoll und nachvollziehbar ist, zu handeln wie Telefonica es tun möchte. Jedoch geht es beim Thema Netzneutralität um mehr als das - es handelt sich um ein gesellschaftliches Politikum und die Frage, wie wir in Zukunft surfen wollen/dürfen.

Es riecht nach Geld und Gier. Und ein bisschen nach Boykott und Regulierung.

Edit: Mutter, nicht Tochter.

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Geschrieben von

Jan Jasper Kosok

Online-Chef

Jan Jasper Kosok studierte Wirtschaftswissenschaften in Berlin, verdingte sich im Nachtleben und gründete 2007 mit Teresa Bücker das Blog Knicken // Plakative Platzierungen, welches sich mit Musik und Popkultur beschäftigte. 2009 kam er zum Freitag, um beim Aufbau des Webauftrittes zu helfen. Seit 2011 ist er verantwortlicher Redakteur für Online und Community und hat seitdem mehrere Relaunches begleitet. Er beschäftigt sich mit den sozialen Auswirkungen von zu hohem Internetkonsum und fürchtet sich davor, nicht verhindern zu können, ein alter weißer Mann zu werden.

Jan Jasper Kosok

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