Die re:publica, die Konferenz der deutschen Digital Natives, wurde gestern von einem ausgemachten Netzpessimisten, Eben Moglen, eröffnet. Dieser warnte vor den Gefahren, die mit dem Siegeszug des Mediums – oder besser der Infrastruktur – einhergingen und forderte die Anwesenden stellvertretend für die Gesamtheit der Internetnutzer auf, für Ihre Freiheit zu kämpfen. Diese sieht er durch proprietäre Software, Walled Gardens und geschlossen Plattformen, die den Nutzer zu Gunsten der Bequemlichkeit beschränken und überwachen, gefährdet. Die Message kam an: Free, Decentralized, Open! Man könnte meinen, dass, wenn Evgeny Morozov der Lars von Trier des Netzes ist, es für Eben Moglen zumindest zu einem Thomas Vinterberg gereicht: zwar düster, aber mit Aussicht auf Besserung.
Damit umreißt Moglen ebenfalls grob die Gemütslage derjenigen, die momentan in Branchen tätig sind, die durch das Internet umgewälzt werden. Genau jene aber dürften sich auf der re:publica nur bedingt gut aufgehoben fühlen. Der Konsens, so zwitscherte es auf dem Gelände rund um den Affenfelsen, war: zu wenig Kontroverse, zu viel modernistischer Frontalunterricht – trotzdem ok.
Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass die re:publica eine Veranstaltung von Netzoptimisten für Netzoptimisten ist. So merkte Matthias Urbach (taz) in der Veranstaltung “Wie überlebt mein Unternehmen die Disruption unseres Geschäftsmodells?” unter aufbrandendem Applaus an – sich selbst zu ertappen ist immer eine schöne Sache –, dass man das Gefühl nicht los würde, man befände sich auf einer Konferenz, bei der die hippen Kids ihren Eltern erzählen wollten, wie sie auch wieder cool sein könnten – de facto aber nur Sterbebegleitung anböten.
Was fehlt, ist – wie auch im neuerlichen Buzzthema Urheberrecht – ein Dialog auf Augenhöhe, die Kommunikation zwischen den digitalen Natives und den analogen Immigranten, der Streit, die Reibung, aus der vermeintlich Lösungen erwachsen können. Die Frage, die sich allerdings aufdrängt, ist, ob die re:publica wirklich mehr sein will – oder gar sein sollte – als ein Klassentreffen. Denn, wenn man mal ehrlich ist: einmal im Jahr ist es schön, all die Nerds zu treffen und sich gegenseitig das Leid zu klagen, das die noch viel zu hölzerne Welt noch viel zu häufig bereit hält. Es ist genug Zeit sich zu ärgern, jetzt wird erstmal Luft geholt.
______
Es gibt ein Fotobox. Schöne Grüße von Tessa.
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.