Ein Nachruf auf den Labourpolitiker Tony Benn

Labour Am 14.März starb der Labourpolitiker Tony Benn. Der Gegner des Irak-und Afghanistankrieges und bekennende Sozialist war der populärste Politiker der britischen Linken.

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Kein anderer Labourpolitiker wurde von den politischen Linken so verehrt wie Tony Benn. Das Urgestein der Labourparty konnte auf 50 Jahre Mitgliedschaft im Parlament zurückblicken und war bis zu seinem Tod politisch in der britischen Linken aktiv. Seine Reden gegen den Irakkrieg wurden legendär und brachten ihm auch bei einem jungen Publikum und in Kreisen der Migranten viel Sympathien ein. In den konserativen Kreisen war er ein Feindbild. Konservative Politiker trugen auf Labourparteitagen Anti-Benn Sticker. Denn er war einer der schärfsten Kritiker der konservativen Premierministerin Thatcher. Tony Benn wurde als Sohn eines indischen Kolonialbeamten, der der liberalen Partei angehörte und der Feministin Margaret Holmes geboren. Die vielfältigen Kontakte seines Vater halfen auch Tony Benn politische Beziehungen aufzubauen. So lernte Benn in Indien Mahatma Ghandi kennen mit den er einen politischen Austausch pflegte. Die Wurzel seiner politischen Grundhaltung langen aber in einer Mischung aus christlichen Glauben und sozialistischen Ansichten. Seine Art zu sprechen und auf Menschen zuzugehen, hätte Benn aus zum Prediger werden lassen können. Doch Benn schlug nach einem Oxford-Universitätsbesuch die Parlamentslaufbahn ein. Sein erstes Mandat erhielt er 1950 und mit kurzen Unterbrechungen blieb er im Parlament bis zum Jahr 2001. In dieser Zeit hatte er viele Ministerämter, doch zu mehr als zum Industrieminister schaffte er es nicht.

Auch der Griff nach dem Parteivorsitz mißlang und er unterlag in den 70er Jahren dem späteren Labourführer Neil Kinnock. Doch das was in anderen Ländern das Ende der Parteikarriere bedeutet hätte, brachte ihm seine wirklich große Popularität: seine Ablehnung des Thatcherismus und der Anlehnung an den neo-liberalen Zeitgeist durch die Parteientwicklung zu New Labour. Die Erfolge der koservativen Partei, die weit in die Arbeiterschaft reichten, verstärkten die Tendenz aus Labour eine Partei der Mitte zu machen. Nicht mehr die Interessen des sozial abgehängten Drittels der Gesellschadft und der immer mehr schrumpfenden traditionellen Arbeiterschaft, sondern die prosperierende Mittelschicht, die von den Steuerkürzungen profitierte,sollten im Mittelpunkt der Labourpolitik stehen. Der Querkopf Benn überlebte diese erbitterte Auseinandersetzung in der Partei als einflußreicher Parteilinker durch seinen Glauben an die Einheit der Partei: Jeder New Labour Mann gehörte für ihn in die Partei, auch wenn er noch so stark vom neoliberalen Denken durchdrungen war. So entstand eine gegenseitige Achtung zwischen der New Labourführung und dem linken Urgestein. Viel größere Erschütterungen für die Parteiführung brachte aber Benns konsequente Anti-Kriegshaltung. Schon in den 90er Jahren wuchs der Widerstand der Labourparty gegen die Irakpolitik der US-Regierung. Der Wechsel von Clinton zu Bush und die blinde Gefolgschaft von Tony Blair gegenüber der USA brachten ihm als Gegenspieler zu Blair eine große Popularität. Seine Persönlichkeit und Haltung, die etwas an Helmut Schmidt erinnerte,auch er war Pfeifenraucher, brachte ihm als Elderstatesmen in Talkshows in den letzten 10 Jahren neuen Einfluß. Dabei wurde dem Querkopf auch viele Dinge verziehen, wie etwa seine Freundschaft zu Hugo Chavez. Der Verweis auf Helmut Schmidt zeigt, daß in Deutschland ein ähnlicher Elderstatesmen auf der Seiten der Linken nicht vorhanden ist. Das Beispiel Benn zeigt aber wie wichtig solche populären Querdenker in einer poltischen Demokratie sind. Für die politische Linke auf der Insel ist sein Tod nach langer Krankheit ein Verlust.

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Geschrieben von

jan Stephan

Mich interessiert Arbeitsmarkt, Außenpolitik und die Bundeswehr. Doch ich schreibe auch gerne über Film und Fernsehen

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