Das Grundgesetz ist links

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Liebe Leser,

da im Umfeld des Freitag immer mal wieder gerne ein Spiel gespielt, das da heisst: Wer hat den linkesten, äh, ich meine wer ist am linkesten, hier eine kleine Positionsbestimmung (klarer krieg ich es nämlich nicht hin ....)

Eine Kolumne von Jakob Augstein


Von wegen Verfassungsschutz! Es geht um das (vor)herrschende System. Darum werden auch nicht die irren Links-Fundis im Westen überwacht, sondern die Realos im Osten. Die sind für den real existierenden Kapitalismus viel gefährlicher.

Das Grundgesetz ist großartig. Es lohnt unbedingt, dieses Gesetz zu schützen. Man sollte es allerdings vorher mal lesen. Artikel 14, Eigentum verpflichtet, oder Artikel 15, Produktionsmittel können vergesellschaftet werden - wer das zur Richtschnur seines politischen Handelns machen wollte, wäre in Deutschland ein Revolutionär. Und damit ein Fall für die Bespitzelung durch den Verfassungsschutz.


Das Grundgesetz ist keine Ausnahme unter den deutschen Verfassungstexten: In der Bayerischen Landesverfassung findet sich der Satz, die Erbschaftsteuer diene auch dem Zweck "die Ansammlung von Riesenvermögen in den Händen einzelner zu verhindern". Das hätte Sahra Wagenknecht auch nicht besser formulieren können. Aber die wird ja auch vom Verfassungsschutz überwacht.

Die Linkspartei hat 76 Abgeordnete im Deutschen Bundestag. Sie lag in den vergangenen Wahlen im Jahr 2009 bei 11,9 Prozent der Stimmen. Sie ist in 13 Länderparlamenten vertreten. In fünf Bundesländern erreichte sie mehr als 20 Prozent der Stimmen. Wenn dies eine Partei voller Verfassungsfeinde ist, hat Deutschland ein ernstes Problem. Da kann man den sieben BfV-Mitarbeiter nur Glück wünschen, die mit der Beobachtung von 27 Links-Abgeordneten und 11 weiteren Fraktionsmitgliedern in den Landtagen ihr Dasein fristen.

Mal Spaß beiseite: Ist es statthaft, gesellschaftspolitische Visionen zu haben, die über die Gegenwart hinausgehen? Ja, mehr noch: Es ist notwendig. Die Vision einer gerechten Gesellschaft liegt im Grundgesetz selbst. Mehr

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Geschrieben von

Jakob Augstein

Journalist und Gärtner in Berlin

Jakob Augstein

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