Madeira Storchschnabel

Koch oder Gärtner? Der Gärtner freut sich auf blühende Tulpen – auch wenn manche Blüte sich ganz schön ungeniert präsentiert. Einige Pflanzen sind allerdings auch dem Gärtner zu aufwendig

Liebe Gartenfreunde, in einer der nächsten Ausgaben dieser Kolumne werde ich Sie mit Bildern meiner Tulpen erfreuen. Es lohnt sich. Meine Kaufmanniana-Tulpen kommen dieses Jahr sehr gut. Sie wissen ja, es handelt sich dabei um die am frühesten blühenden Tulpen, deren Ursprung in Turkmenistan liegt. Sie sollen angeblich schon ab März blühen. Vielleicht gibt es hin und wieder Jahre, in denen das zum Ende des Monats möglich ist.

Üblicher­weise ist aber auch mit diesen Frühestblühern bei uns nicht vor Anfang April zu rechnen. Sie werden nicht sehr hoch, zehn, zwanzig Zentimeter. Das ist niedriger als die andere frühe Sorte, die Fosteriana, die bis dreißig Zentimeter hoch werden kann und etwas später blüht als die Kaufmanniana. Ich sehe in meinem Garten im Moment vor allem die wunderbare Concerto, die kräftiges grünes Blattwerk hat und liebenswürdig nach oben geöffnete, zartweiße Blütenblätter, die sich innen von gelb nach schwarz verfärben.

Ein bisschen obszön

Ein bisschen irritierend ist an der Concerto freilich, wie ungeniert sie ihre weiblichen Blütenanteile dem Betrachter entgegenstreckt. Griffel und Fruchtknoten sind bei dieser kleinen Tulpe ausgesprochen hervortretend und geschwollen als könnten sie es gar nicht abwarten, dass die nächste Mikrospore endlich ihren Pollenschlauch auspackt. Es handelt sich hier zwar um ein unvermeidliches Kennzeichen aller Bedecktsamer. Man muss aber sagen, dass die Concerto es in diesem Punkt sehr weit treibt.

Die Perlina ist da zurückhaltender. Ihre Blüte ist von einem zarten, weichen Weiß, das außen eine rote Zeichnung trägt. Perlina ist etwas kleiner als Concerto und behält ihre Geschlechtsorgane mehr bei sich.

Neben und zwischen den Tulpen zeigen sich die ersten Puschel meiner neuen Geranium-Sorten. Ich habe im vergangenen Jahr bei Förster hier in Potsdam die Hybride magnificum Rosemoor besorgt, die einen halben Meter hoch werden soll und im Sommer und Herbst blauviolett blüht. „Rundum vorzüglich und empfehlenswert“ nennen die Gartenratgeber diese Sorte. Das gleiche gilt für Pink Penny, ebenfalls eine neue Sorte, die ich bislang nicht kannte. Sie blüht angeblich ab Juni das ganze Jahr frisch-rosa und ist dabei kompakt und wüchsig. Man wird sehen.

Aber nach meiner Erfahrung kann man mit dem Storch­schnabel nicht wirklich etwas falsch machen. Es sind eigentlich alle Sorten auf ihre Weise liebenswürdig und wenn man überhaupt den ländlichen Charme dieser Pflanze mag, dann wird man mit allen glücklich werden. Ich will Ihnen übrigens noch einmal und unbedingt die Sorte Psilostemon empfehlen. Es handelt sich da um eine sehr feine, buschig-hochwachsende Pflanze mit lila-rosafarbenen Blüten, die innen schwarz gefüllt sind und aussehen wie lauter lustige kleine Puppenaugen. Psilostemon wächst an vielen Standorten, blüht aber in der Sonne am reichhaltigsten und ausdauernsten. Es ist für mich die schönste Geranium-Sorte, die bei uns wächst.

Blätter, die an Hanf erinnern

Übertroffen wird sie überhaupt nur vom ungeheuren Madeira Storchschnabel Geranium maderense. Die Pflanze kommt natürlich überhaupt nur auf der abgelegenen Atlantik-Insel vor und dort auch nur an isolierten Standorten im Landesinneren. Sie wird über einen Meter hoch und bildet zahlreiche zartrosa­farbene Blütenbüschel, die über palmenartig gezackten Blättern stehen. Die Blätter erinnern übrigens ein bisschen an die Blätter der Hanfpflanze.

Der Madeira Storchschnabel ist eine heikle Pflanze. Er ist einjährig. Sie müssten, wenn Sie sich an ihm versuchen wollen, seine Samenkörner sammeln und im nächsten Frühjahr wieder einsäen. Ich höre, dass das keine leichte Sache ist und gestehe, dass es mir bislang zu aufwendig war.

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Geschrieben von

Jakob Augstein

Journalist und Gärtner in Berlin

Jakob Augstein

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