Meisen etwas Gutes tun

Koch oder Gärtner? Heute der Gärtner. Jakob Augstein vertieft sich weiter ins Studium de Vogelstimmen und erklärt den akustischen Unterschied zwischen Sumpf-, Hauben- und Weidenmeise

Liebe Gartenfreunde, vor zwei Wochen beschäftigten wir uns mit dem Studium der Vogelstimmen und dem darüber verfassten Werk des Professors Alwin Voigt, das seinerzeit diese feine Kunst revolutionierte. Ein Leser schrieb mir daraufhin von einem Pärchen Kohlmeisen, das er durch den Winter des Jahres 2007 fütterte. Unser Leser hat die Meisen durch den Winter gebracht und beobachtet, wie sie dann drei Junge bekamen.

„Die Meise geht in der Regel eine monogame Saisonehe ein“, heißt es bei Wikipedia – und wie viel Zeit könnte man nicht über dem Ergründen des tieferen Sinns solcher Sätze zubringen. Monogame Saisonehe. Darum fasziniert uns ja das Reich der Natur. Jedenfalls waren die Meisen unseres Lesers im Jahr darauf weg. Verschwunden. Und der Leser ist beunruhigt. Seien Sie unbesorgt, will man ihm zurufen. Wenn Junge kommen, müssen die sich selber eine Ecke ­suchen. Die sind einfach ausgeflogen, lieber Leser, will man ihm zurufen.

Aber schon schickt er tags darauf noch eine Nachricht: „Ich traue mich nicht, es zu schreiben, aber heute sitzt eine kleine Meise an meiner Jalousie-Schnur.“ Rührend, mögen Sie denken. Erwartbar, denke ich. Das ist der große Vorteil der Kohlmeise: Sie ist ein Standvogel. Wo sie ist, bleibt sie.

Nicht wie manch anderes Gefieder, heute hier, morgen da, unkontrollierbar, unberechenbar. Was eigentlich ja das Lästige an Tieren im Garten ist – das Unberechenbare. Meine Funkien bleiben, wo ich sie eingepflanzt habe. Und den Kampf gegen den Giersch habe ich inzwischen auch gewonnen. Die meisten Tiere dagegen können einem gestohlen bleiben. Nicht so die treuen kleinen Meisen. Sie sind niedliche, rundliche Vögel mit gelber Unterseite, schwarzem Kopf und weißen Wangen. Eigentlich sieht die Kohlmeise für einen derart verbreiteten heimischen Vogel fast ein bisschen übertrieben bunt aus.

Professor Voigt schreibt, dass der Ruf der Kohlmeise kräftig sei: „ein kurzes helles „pink“ auf h4“, oft gefolgt von drei bis sechs kurzen Pfeiflauten, „bald freudig, bald heftig, derb zänkisch“. Pink di di di. Schreibt Professor Voigt. Neben diesen eigentlich klangschönen Tönen lassen Kohlmeisen aber oft auch ein meckerndes Zetern hören, das sich – da muss sogar Professor Voigt passen – „weder in Noten noch in Silben gut ausdrücken lässt“ Irgendwie ein „dzädzädzädzdädzä“ oder vielleicht auch mal ein „schäschä­schäschä­schä“. Selten, schreibt Voigt, ein „trärrärrärrä“, das sich auch zu einem „trärrrr“ verdichten kann.

Kohlmeisen überraschen ihre Liebhaber aber auch hin und wieder mit einem „zjezjezjezjezje“. Verwechslungen mit dem „dädädädä“ der Sumpfmeise, dem „zi gürr“ der Haubenmeise und dem „däh däh“ der Weidenmeise sind praktisch ausgeschlossen.

Wenn Sie Ihrer Meise was Gutes tun wollen, wenn sie nicht so oft ihr meckerndes Zetern hören lassen soll, kaufen Sie ihr einen Nistkasten aus Lärchenholz, wie er hier abgebildet ist. Die Metallplatte dient als Spechtschutz – der Specht kann das Einflugloch nicht vergrößern und die Einwohner so weder vertreiben noch verspeisen.

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Geschrieben von

Jakob Augstein

Journalist und Gärtner in Berlin

Jakob Augstein

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