Chronik

vom 23. bis 28. April 2009

Wahlen in Südafrika

„Zuma ist unser Jesus“

Der Afrikanische Nationalkongress (ANC) feiert einen Triumph, der von einem Verlust eskortiert wird. Wohl hat die Partei von Nelson Mandela bei der Parlamentswahl in Südafrika mit 65,9 Prozent wieder eine Mehrheit hinter sich gebracht wie keine andere afrikanische Partei in keinem anderen afrikanischen Land. Doch ein Zwei-Drittel-Mandat des Volkes gab es diesmal nicht. An Jacob Zumas Wahl zum Präsidenten am 9. Mai wird das nichts ändern. Nach dem sakrosankten Mandela und dem introvertierten Thabo Mbeki winkt Südafrika nun die Zeit des auratischen Leaders. Der freut sich, wenn seine Anhänger singen: „Jacob ist unser Jesus und unsere Nummer 1“. LH

Neuwahlen in Schleswig-Holstein?

Theaterdonner im Norden

Eigentlich versucht man mit einer Neuwahl-Drohung die Konkurrenz unter Druck zu setzen. Der Vorschlag von Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen, bei der Bundestagswahl im Herbst vorfristig auch das Kieler Parlament neu zu bestimmen, war eher ein Signal an die eigene Partei. Der CDU-Mann hat zuletzt eher unglücklich agiert, die „Rettung“ der HSH Nordbank wollte selbst der eigene Wirtschaftsminister nicht mittragen, die Kritik wurde lauter. Nun soll die verbale Flucht nach vorn für Ruhe in der CDU sorgen. Die Probe aufs Exempel muss Carstensen nicht fürchten, Koalitionspartner SPD hat den Neuwahlvorstoß als „Theaterdonner“ zurückgewiesen. TS

BaFin-Zwischenbilanz

Viel faule Ware im Angebot

Nach dem Beben ist vor dem Beben auf dem Finanzmarkt. Und immer noch keine Abwrackprämie für deutsche Banken in Sicht. Wie ein internes Papier der Finanzaufsicht BaFin offenbart, lagern in den Depots deutscher Geldinstitute Ramschpapiere, deren Wert sich einst auf 816 Milliarden Euro belief. Neben dem Pleitier Hypo Real Estate hat besonders die Commerzbank viel faule Ware im Angebot. Von 101 Milliarden Euro ist die Rede. Da kommt einiges auf den Steuerzahler zu. Er darf in einem Orkan der Nächstenliebe Rettungsakte ohnegleichen vollbringen, wenn Steinbrück zum Schrotthändler wird und in seinen Bad Banks viel taubes Gestein verbauen lässt. LH

Blockflöten und Retourkutschen

Vorwürfe gegen Karl Nolle

Lange schon ist das Buch des sächsischen SPD-Politikers Karl Nolle über DDR-Karrieren von CDU-Politikern im Freistaat angekündigt. Kurz vor der geplanten Veröffentlichung ist nun die Immunität des als „Chefaufklärer“ geltenden Abgeordneten und Druckereibesitzers aufgehoben worden: Verdacht auf Subventionsbetrug. Nolle weist die Vorwürfe zurück. Die SPD spricht von einer CDU-geführten „Retourkutsche“ gegen einen Mann, der seit Jahren der Sachsen-Union auf den Fersen ist. Auch die Grünen halten den Zeitpunkt der Vorwürfe „nicht für einen Zufall“. Nolle hat die Veröffentlichung seines Buches jetzt abermals verschoben. Titel: „Sonate für Blockflöten und Schalmeien“. TS

Debatte um „soziale Unruhen“

Panikorchester

Mit seiner Warnung vor „sozialen Unruhen“ hat DGB-Chef Michael Sommer blitzschnell die Zitier-Charts gestürmt. Statt aber über real drohende Krisenfolgen zu reden, streitet man seither darüber, wer mit welchen „Angstparolen“ bloß „Öl ins Feuer“ gieße. Ein Fall für höchste Stellen: Horst Köhler rief dazu auf, „uns selbst“ nicht „in Panik zu reden“. Und Gesine Schwan konterte, wer so rede, „macht selbst Panik“. Die Untertanen blieben einstweilen besonnen, auch wenn die Verunsicherung zunimmt: 72 Prozent der Deutschen haben wegen der Krise Angst, 54 Prozent halten soziale Unruhen für möglich. Und ein Drittel würde sich sogar persönlich an Protesten beteiligen. TS

Sri Lanka vor dem letzten Gefecht

Colombo will Entscheidung

Keine Gnade mit den Tamilen-Rebellen im Nordosten Sri Lankas, das schien während der vergangenen Woche die Devise der Regierungsarmee. Die letzten Refugien der Befreiungs-tiger von Tamil Eelam (LTTE) werden geschleift. Die Regierung in Colombo sucht eine Entscheidung und führt den Enthauptungsschlag gegen eine Unabhängigkeitsbewegung, von der sie sich jahrzehntelang herausgefordert sah. Zehntausende Zivilisten sind zwischen die Fronten geraten, doch hindert das die Regierungsarmee nicht an ihren Operationen. Einst als „schussfreie Zonen“ deklarierte Gebiete wurden zu „Feuer-Frei-Zonen“ – in diesem vielleicht letzten Gefecht. LH

Fotos: kim ludbrook/epa/dpa, carsten rehder/dpa, ullstein bild/imagebroker, seyboldt/ullstein bild, hermann bredehorst/polaris/laif, salvatore di nolfi/keystone/ap photo

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Geschrieben von

Jörn Kabisch

Stellvertretender Chefredakteur des Freitag von 2008 - 2012 und Kolumnist bis 2022, seitdem Wirt im Gasthaus zum Schwan in Castell

Jörn Kabisch

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