Chronik

vom 18. Februar bis 25. Februar 2009

Querkopf Klaus

Eklat in Brüssel

Der tschechische Präsident, ohnehin nicht als sehr europafreundlich bekannt, sorgte am Freitag für einen Kehraus im Brüsseler Europaparlament. Viele Volksvertreter wollten sich nicht anhören, was ihnen Václav Klaus über die Volksferne der EU zu sagen hatte, und verließen empört den Plenarsaal. Das Pikante: Es war der amtierende EU-Ratspräsident, der sie da brüskierte. Klaus hatte erklärt, die Beziehung zwischen EU-Bürgern und EU-Parlamentariern sei keine Beziehung, wie sie zwischen Wählern und Politikern üblich sei. Er befürchte, eine weitere Beschleunigung der Integration werde alles Positive gefährden, was man in den letzten 50 Jahren für Europa erreicht habe.

Die gerührte Frau Schaeffler

Hilfsbedürftige Milliardärin

Ihre Tränen haben Deutschland bewegt. Maria Elisabeth Schaeffler, Chefin des gleichnamigen Autozulieferers hat sich bei der Übernahme des Reifenherstellers Continental – Kaufpreis 10 Milliarden Euro – total überhoben. Nun braucht sie die Hilfe des Bundes und auch ihrer Mitarbeiter. Als die zu Tausenden im fränkischen Herzogenaurach demonstrierten, wurden sie von der Chefin am Werkstor empfangen. Angesichts der jubelnden Angestellten brach sie in Tränen aus. Anschließend marschierte sie am Schluss der Demonstration, ohne das Wort zu ergreifen. Seitdem rätselt die Nation, wie echt ihre Tränen waren. Die Überlegungen von Fabian Stoltz auf Seite 22.

Hillary Clinton in Peking

Schuldnerin trifft Gläubiger

Außenministerin Hillary Clinton hält wegen der Wirtschaftskrise und des Klimawandels eine strategische Partnerschaft mit China für wünschenswert. Dass es eine solche Offerte geben würde, lag bereits vor ihrem Antrittsbesuch in Peking auf der Hand. Einigermaßen unerwartet kam hingegen Clintons Aussage, die Menschenrechte sollten in den bilateralen Beziehungen kein großes Thema mehr sein. Die USA sind gegenüber der Volksrepublik hoch verschuldet, so dass die US-Politikerin bei ihren Gesprächen in Peking immer wieder versichern musste, die Sorgen der chinesischen Regierung um die -Sicherheit ihrer US-Staatsanleihen seien unbegründet.

Wer zahlt für die Folgen der Krise?

Soli ohne Chance

Wir zahlen nicht für eure Krise, lautet das Motto der für Ende März geplanten Demos – und wer tut es dann? Die Forderung nach einem „Krisen-Soli“, die in SPD und bei den Grünen erhoben wurde, stößt auf Ablehnung. Die Sondersteuer könnte den Befürwortern zufolge sicherstellen, dass die Krisen-Schulden nicht zu Lasten der Schwachen gehen. Unterstützung kam von der Linkspartei, die darauf verwies, früher vergeblich eine Millionärssteuer gefordert zu haben. Apropos früher: Seit 1997 wird die Vermögensteuer nicht mehr erhoben, ihrer Wiedereinführung steht nur der politische Wille im Weg. Je nach Berechnung würde sie zwischen 15 und 20 Milliarden Euro jährlich bringen.

Intrigantenstadl NPD

Jeder gegen Jeden

Die NPD hat sich durch die Veruntreung von Geldern durch Ex-Kassenwart Erwin Kemna nicht nur eine Finanz- sondern auch eine Personalkrise eingehandelt. Nach einer Selbstanzeige wegen weiterer verschwundener Gelder ist nun ein Kampf um die Parteiführung entbrannt: Kaum brachte sich der eine Kandidat (Andreas Molau) in Stellung, bringt ihn der andere (Udo Pastörs) zu Fall, um selbst Parteichef Udo Voigt abzulösen. Lachender Dritter könnte Jürgen Rieger sein. Der vermögende NPD-Anwalt ist nur vorübergehend außer Gefecht, weil man verbotene Waffen bei ihm fand. Zufall? Eines zumindest ist sicher: Die NPD bleibt sich treu.

Kaiser’s kündigt Kassiererin

„Emmely“ unterliegt

Während Milliarden an Steuergeldern in marode Banken gepumpt werden, deren Manager größtenteils weiter das Vertrauen der Aufsichtsräte genießen, hat ein Gericht die Kündigung der Kaiser‘s Kassiererin Barbara „Emmely“ E. wegen der angeblichen Unterschlagung von zwei Pfandbons im Wert von 1,30 Euro für rechtens erklärt – wegen des entstandenen Vertrauensverlustes. Der Fall hatte für Proteste gesorgt, weil der Schluss naheliegt, dass mit der 50-Jährigen eine engagierte Gewerkschafterin abgestraft wurde. Das wurde selbstredend dementiert. Der DGB sprach dennoch von einem „schwarzen Tag für Arbeitnehmer“, der Anwalt von Barbara E. will weiter kämpfen.

Fotos: dpa (2); Greg BakerR/AFP/Getty Images; Marco Di Lauro/Getty Images; Volker Roloff/Agentur Focus; Axel Schmidt/ddp

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Geschrieben von

Jörn Kabisch

Stellvertretender Chefredakteur des Freitag von 2008 - 2012 und Kolumnist bis 2022, seitdem Wirt im Gasthaus zum Schwan in Castell

Jörn Kabisch

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