Mädels der Macht/Ladies Curie Lunch im Curio Haus zu Hamburg.

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Mädels der Macht/Ladies Curie Lunch im Curio Haus zu Hamburg.

Frauen in der DDR, Gleichberechtigt und vollbeschäftigt -
Mythos und Wirklichkeit?

Veranstaltung im Curio- Haus Hamburg vom Veranstalter "UMDENKEN" der Heinrich Böll- Stiftung am 26.10.09 mit

Antje Hermenau,
Bündnis 90/Due Grünen, Fraktionsvorsitzende in Sachsen

Ines Geipel,
Schriftstellerin, Berlin

Tatjana Böhm,
Mitbegründerin des Unabhängigen Frauenverbandes in der DDR, Gleichstellungsbeauftragte in Brandenburg

Moderation:
Dr. Alexandra Lübcke,
Kulturwissenschaftlerin

Tatjana Böhm konnte gleich mit Datenmaterial der erstmals zugelassenen demoskopischen Erhebungen der Akademie der Wissenschaften der DDR in den achtziger Jahren des vorherigen Jahrhunderts aufwarten;

91 % aller Frauen im erwerbsfähigen Alter waren damals beschäftigt, 27 % davon in Teilzeitarbeit.
Für die zeit der Reproduktion, Hausarbeit, Besorgungen statt Einkauf, wurden damals demoskopisch 4- 5 Stunden/täglich für jeden DDR- Haushalt eruiert.
Ein Drittel aller DDR Kinder wuchsen damals unter der Obhut ihrer Alleinerziehenden Mütter auf.
50 % aller Ehen wurden in der DDR geschieden.
Für Familien gab es ein zinsloses Ehedarlehn, dass ab dem dritten Kind nicht mehr zurückgezahlt werden mußte.
Für Frauen gab es einen Haushaltstag/monatlich, den Männer, auch wenn sie Alleinerziehende waren, nicht wahrnehmen durften.

Im Wege der Einführung der 35 Stunden Woche gab es in der Bundesrepublik seit Mitte der achtziger Jahre, unabhängig vom Geschlecht, den BAT- Tag im Rahmen der Regelung der 38, 5 Stunde/Woche.

Ab den achtziger Jahren bekamen die Frauen in der DDR das recht auf ein Babyjahr.

Die Frauenfrage galt in der DDR offiziell als endgültig gelöst, so als ob das Ungeheuer von Lochneß endgültig identifiziert worden wäre.
Dagegen sprach, dass die Hochschulen, Akademien in der DDR voller Giftschränke waren, in denen Bücher aus aller Herren/Damen- Länder, samt informellen Kreisen über den Eisernen, den antifaschistischen Schutz- Wall und Vorhang hinweg, von anderen Botschaften kündeten.

Die DDR hatte seit ihrer Gründung 1949, außer ihren Tagen voller Parolen unter den Sohlen der Genossen/innen, auch Regeln in Fünf Jahres Phasen Phrasen, beginnend mit Verwaltungsphasen in einem Land der Partei Avantgarde, umzingelt von faschistisch- rassistisch geprägten Feinden.

Die demoskopische Phase der DDR begann erst ab dem Jahre 1985 per Zulassung durch das Politbüro der SED.

Ines Geipel, die sich als ehemalige Spitzensportlerin der DDR einen Namen als investigativ- Forscherin in Fragen des ost- westlichen Doping Einerleis und Allerleis gemacht, wußte zu berichten, dass ab 1985 ausgerechnet die bundesdeutsche Frauen- und Datenliteratur in der DDR Eingang fand, die besonders von Verlagshäusern aus Westdeutschland promotet wurde. Den von Ines Geipel angedeuteten Zusammenhang von Kommandowirtschaft seit 1914 und der Emanzipation der Frauen als Beschäftigungsträgerinnen von Kriegs- und Revolutions- Gnaden in Europa und den USA fand ich wichtig, auch wenn dieser in der weiteren Debatte dieser ladylike Podiumsdiskussion unterging

Christa Wolf habe sich nach der Wende immer gegeben, als sei sie gesamtdeutsch in ihren Auftritten eingestellt gewesen.
Dagegen spreche, meinte Ines Geipel, dass Christa Wolf sehr wohl als Nationalpreisträgerin der DDR deren Botschafterin in aller Welt war.

Meine Einlassung, dass Christa Wolf, angesichts der Sprache in ihren Werken womöglich doch eher gesamtdeutsch aufgestellt war, wollten Ines Geipel u. a. der Podiumsteilnehmerinnen durchaus für bedenkenswert halten.

Provokant gefragt, ist die Teilung Deutschlands 1949 womöglich das eigentlich nüchtern gesamtdeutsche Unternehmen, während die Wiedervereinigung Deutschlands am 03.Oktober 1990 eine globale Veranstaltung in Europa war, die auf das sentimentale wie niedliche "gesamtdeutsche" Niveau, dank Helmut Kohl herunter gebrochen wurde.

Die SED, voran, Walter Ulbricht, wollte, dass die DDR die Bundesrepublik Deutschland bis in die siebziger Jahre des Zwanzigsten Jahrhunderts überholen, ohne diese einzuholen.
Die DDR sollte, gemäß Richtlinien vergangener und folgender SED- Parteitage, trotz absehbaren Sieges über den westdeutschen Kapitalismus, ein sozialistisches Refugium sui generis bleiben, der Spagat "Gleichstellung der Frauen ohne gesellschaftliche Emanzipation" gelingen.
Ausgerechnet der bundesdeutsche Kanzler Konrad Adenauer, hatte ja, ganz auf der ökonomischen Linie der Walter Ulbricht SED, bereits im März 1961, ein halbes Jahr vor dem Berliner Mauerbau am 13.August 1961, der UdSSR einen Burgfrieden in Sachen DDR angeboten, damit die DDR- Wirtschaft sich stabilisiert.
Der Biograf Konrad Adenauers hat dieses westdeutsche Angebot des Burgfriedens an Moskau gechichtsfälschend auf das Jahr 1962 nach dem Berliner Mauerbau verlegt.

Bei diesem Burgfrieden der DDR und den Ländern des Comecon (wirtschaftliches Bündnis der osteuropäischen Ländern der EWG zum Bilde) mit Westdeutschland und Westeuropa sollten die Frauen in der DDR in besonderer Weise helfen, ohne den Blick mit "Luxusfragen" des Feminismus auf den Hauptwiderspruch im Klassenkampf mit dem Kapitalismus zu verstellen.

Frauen in der DDR, die keiner Erwerbsarbeit nachgingen, gar nicht arbeiteten, galten damals in dieser gar nicht commoden, sondern knallharten real- existierenden Diktatur strafbewehrt schnell als asozial.

Folglich wuchs der Unmut der Frauen in der DDR über die Zumutungen der Planwirtschaft sozialistischer Prägung bis in die siebziger Jahre hör- und lesbar in der Sarah Kirsch Dichtung:
"Frauen sind nur Zaungäste der Macht".
Ein Oskar Lafontaine in der Bundesrepublik machte da den Kohl der Frauen Emanzipation, hüben & drüben, trotz seiner Gattin, auch nicht fett.

Helmut Kohl, der Einheitskanzlers von 1989/90 der blühenden deutschen Lande, ließ wenigstens, meinte Antje Hermenau, das "Mädel der Macht, Angela Merkel an seiner Seite wachsen und gedeihen.
Darauf wollten sich nicht nur die Frauen auf dem Podium vor lautem Jubel für die besondere Gemüts- Struktur von DDR Frauen am Beispiel von Angela Merkel als singuläres Ereignis nicht einkriegen, obgleich Heidi Simonis als SPD Ministerpräsidentin in Schleswig Holstein ab 1993 längst einen unaufgeregt neuen Politikstil nach Frauenart in Deutschland geprägt.

Wo bleibt da die ostwestliche Frauen- Solidarität

Dass Angela Merkels Weg zur Macht ins Kanzleramt nur an der Seite der politischen Korruption eines Bundeskanzlers Helmut Kohl mit seinem unseligen Männerwort vom Ehrenwort für seine ungesetzlich anonymen Spender möglich war, ohne bis heute in den Ruch von Korruption zu geraten, ist ein wahres deutsches "Fräulein Angie" Wunder.
Besonders deshalb, weil Angela Merkel gerade Wolfgang Schäuble, ein CDU- Politiker ohne Berührungsangst zum Waffenhändler Jürgen Schneider, samt vergessener Spende von DM 100.000.-, zum Finanzminister nach den Regeln ihrer Präsidien Richtlinienpolitik kürt.

Antje Hermenau lobt sich selber grün, dass sie schon so das eine und andere Bier mit Angela Merkel in den neunziger Jahren schwarzgrün sächselnd getrunken.

Meine Frage, wieweit der KSZE- Prozess ab 1975 in Helsinki mit seinem Warenkorb "Menschenrechte" den Frauen in der DDR mit ihren Forderungen nach Emanzipation geholfen, wieweit dieser KSZE- Prozess an der Geburt der Bürger/innenbewegten in der DDR wie Den Grünen in Westdeutschland Hebamme war, hat das Podium dieser Frauen keine Antwort gegeben, der anderen Fragen waren es wohl zuviel!?

Aufgefallen ist mir, dass dieses Frauen Podium nicht einen Gedanken an die Frauen mit behindertem Kind, Kindern in der DDR hervor beförderten, geschweige denn forderten.
Dabei ist das Ignorieren, Übersehen, gar psychiatrische Drangsalieren dieser Frauen, Familien mit behindertem Kind/Kindern ein besonders dunkles Kapitel des Mangels an Solidarität in der Sozialgeschichte der DDR.

Was bleibt von diesem „Ladies- Curie Lunch“?

Mein unbesprochener Hinweis auf den "Gefühlsstau"( Buch von Joachim Maaz, Halle) hüben & drüben, samt deutscher Gefühls- Sturzgeburt, den Joachim Maaz wiederum "Volksabsturz" nennt,
Bis zur Wendewut (Buchtitel von Günter Gaus) 1989/90 pflegten viele Bürger/innen, hüben & drüben, systemrelevant gefordert und gefördert ihre Macken und Rest Neurosen angesagt gefragt an vorderster Front des Kalten Krieges laut wie unlauter u. a. als "IM" im Hinterland.

Danach waren sie alle mit einem Mal Schlag Zwölf Uhr mit ihren Macken und Rest- Neurosen mutterseelen, mucksmäuschenstill, von allen guten & bösen Geistern verlassen, ungefragt allein,

Vielleicht bleibt die Forderung:

"Statt Patrokratie Schwesterndialog!"

"Schluss mit sexistischen Sprüche wie dem von Andrea Nahles (SPD) über Angela Merkel:

:"Frau Merkel regiere ohne Unterleib".

Die Moderatorin Dr. Alexandra Lübcke hat n. m. E. ihre Sache
auf kommunikative Weise, gar nicht leise, gut gemacht.

JP

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Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick