Walter Janka 100 Jahre (1914 - 2014)

Das Freie Buch. Dort im Mexiko Exil angekommen, gründete und leitete Walter Janka 1941 einen der wichtigsten Exil-Verlage: El Libro Libre Das Buch, für den auch Anna Seghers schrieb

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Der Verleger, Rebell, Freigeist und Publizist Walter Janka (1914 bis 1994) wäre am 29. April 2014 einhundert Jahre alt geworden

Als 19 Jähriger Kommunist wurde Walter Janka von den Nazis verfolgt, zu 18 Monaten Zuchthaus verdonnert,
kam dann ins KZ Bautzen, wurde 1935 in die Tschecheslowakei abgeschoben,
zog 1936 schnell, bei den republikanischen Brigaden zum Kommandeur geworden, in den Spanischen Bürgerkrieg, überlebte schwere Verwundungen,
ging 1939, der Spanische Bürgerkrieg war verloren, Franco hatte mithilfe der NS- Legion Condor obsiegt, nach Frankreich ins Exil, lernte dort seine Frau Charlotte Scholz kennen und lieben,
konnte sich 1941, nach dem Sieg Hitler- Deutschlands in Frankreich, über Marsaille mit seiner Frau nach Mexico ins Exil retten, gründete dort den legendären Exil- Verlag El Libro Libre, "Das Freie Buch". für den u. a. im Mexio Exil Anna Seghers schrieb und lektorierte,
nach dem Krieg kam er 1947 mit seiner Frau aus dem Exil in Mexico zurück in die Sowjetzone nach Ostberlin, übernahm zunächst die DEFA, kam dann zum Aufbau-Verlag, versuchte 1956 auf Veranlassung von Anna Seghers den Philosphen Georg Lukács(1885- 1971) in Ungarn vor den Gefahren des ausgebrochenen Bürgerkrieges zu retten und nach Ostberlin zu holen. Infolge dieser Aktion wurde er nur Wochen später ein Opfer der DDR-Justiz unter der berüchtigten Roten Hilde, Justizministerin Hilde Benjamin:

Walter Janka führte, gleich in welcher Lage oder Position ein innerlich und äußerlich bewegtes Leben. Vor 100 Jahren wurde er am 29. April in Chemnitz geboren.

Für den jungen Walter Janka war es 1933 selbstredend, aktiv in den Widerstand gegen die auf Kredit finanziert nationalsozialistische Machtergreifung zu gehen. Der am 29. April 1914 in Chemnitz Geborene Walter Janka stammte aus einer waschecht kommunistischen Arbeiterfamilie vom Feinsten.

Walter Jankas älterer Bruder Albert Janka (1907- 1933), der jüngste Reichtagsabgeordnete (KPD), kam Wochen nach der Machtergreifung der NSDAP im Vogtland durch NS- Chargen in einem der berüchtigt "privaten" Lynchjustiz Folterkellergefängnisse zu Tode

"Als wir von den Nazis verfolgt wurden, wurden wir ja völlig zu Recht verfolgt, denn wir haben ja die Nazis auf Gedeih und Verderb bekämpft. Schlimmer und viel schwieriger ist es, wenn man von den eigenen Genossen ungerechtfertigt beschuldigt und unter damals eben menschenunwürdigen Zuständen im Gefängnis absolut isoliert wird."

Diese bittere Äußerung in einer Rückschau im Sommer 1989 nach den verstörenden Ereignissen auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking im Namen der KP- Chinas unter dem öffentlichen Beifall des SED Politbüro- Miltgliedes Egon Krenz auf sein Leben zeigt, dass Janka erst als Opfer der DDR-Justiz in eine Lebenskrise zwischen alle Fronten des Kalten Krieges zu geraten drohte und geriet.

Denn nach Hitlers Machtergreifung bewegte Janka sich, angesichts aller Gefährdungen stets, selbst an der unsichtbaren Front, inmitten klarer Frontlinien. Die Nazis brachten ihn für anderthalb Jahre ins Zuchthaus Bautzen und anschließend in ein Konzentrationslager. Zu seinem "Glück" wurde er im Sommer 1935, wie Willy Brandt u. a., als Reichsdeutscher ausgebürgert, staatenlos, in die Tschechoslowakei abgeschoben.

Kaum ein Jahr später zog Walter Janka 1936 in den Spanischen Bürgerkrieg. Er wurde nach kurzer zeit Bataillonskommandant im Range eines Majors und überlebte schwere Verletzungen. Nach der Niederlage der Republikaner 1939 wurde er in mehreren französischen Lagern interniert.

Im August 1941 konnte er aus französischen Internierungslagern nach Marseille entkommen, wo er seine spätere Frau Charlotte Scholz kennenlernte, mit der ihm die gemeinsame Überfahrt nach Mexiko gelang.

Dort angekommen, gründete und leitete Walter Janka einen der wichtigsten Exil-Verlage: El Libro Libre, Das Freie Buch.

"Die Zeit in Mexiko war meine Lehrzeit, und ich hab' eben von der Picke an alles machen müssen was, zu einem Verlag gehörte."

1947 kehrte Walter Janka mit seiner Frau Charlotte in eine zerstörte Heimat zurück. Nach einigen Zwischenstationen, u.a. als Geschäftsführer der DEFA unter sowjetischer Leitung, erhielt er 1951 eine leitende Funktion und Position im Aufbau-Verlag, wo er mit allen Wassern gewaschen als Manager rasch und unaufhaltsam zum wichtigsten "Dirigenten" und Organisator aufstieg.

Im europäischen Krisenjahr 1956, Aufstand in Ungarn, Suezkrise und Krieg zwischen England, Frankreich und Ägypten in Nahost um Kanalrechte, geriet Janka unvorhersehbar in eine folgenreiche Konfrontation mit der Macht des Politibüros der SED und DDR Nomenklatur.

Die Geheimrede Nikita Chruschtschows über die Verbrechen Stalins, gehalten auf dem 20. Parteitag der KPdSU, der sowjetischen Kommunisten, sorgte unterschwellig in der DDR für geistig kulturell politisch moralische Unruhe, auch wenn, wider besseres Wissen, in der Nomenklatur der DDR die Devise ausgegeben ward, bei uns gab es niemals Stalinismus und schon gar nicht einen Personenkult um die Person des Genossen Josef Stalins, der im Jahr 1953 verstorben war.

Unter Jankas Schirmherrschaft ging im Aufbau Verlag der Freigeist um, kam es in den Verlagsräumen zu regelmäßigen Treffen, bei denen über politische Reformen und personelle Änderungen diskutiert wurde. Beteiligt war häufig der prominente Lektor und Jungster jener Tage Wolfgang Harich mit waghalsigen Initiativen, steilen Thesen, die der eher nachdenkliche Janka nur zum Teil Gewahr wurde. Die Staatssicherheit aber wusste über alle angeblichen und wirklichen Umtriebe bestens Bescheid und warf Walter Janka insgeheim vor, er habe, auf unwissentliche Veranlassung von Anna Seghers, Georg Lukács als Bannerträger einer neuen Opposition gegen die SED- Pareteilinie aus Budapest nach Ostberlin holen wollen.

Der machtbewusste Spitzengenosse Walter Ulbricht, der stets vor Aufweichung, Fraktionierung gewarnt hatte, sah sich, nach dem von sowjetischen Panzern gerade noch niedergeschlagenen 5 Tage Aufstand ostdeutscher Arbeiterschaft im Juni 1953 in Ostberlin, Leipzig, Plauen nun durch den ungarischen Aufstand vom Oktober 1956 vollends bestätigt.

Nach der Niederschlagung des Aufstands in Ungarn durch sowjetische Panzer nutzte SED-Chef Ulbricht dieses "Kredit Ereignis" als willkommene Chance einer Genralabrechnung, durch eine Reihe politischer Schauprozesse im stalinistischen Stil unzufriedene Autoren, Intellektuelle, Wissenschaftler mit hartem Vorgehen, drastisch überzogenen Urteilen und Strafmaßen einzuschüchtern.

Am 6. Dezember 1956 wurde Walter Janka verhaftet. Das im Juli 1957 verhängte Urteil - fünf Jahr Haft - traf die Familie nach dem Zeugnis von Charlotte Janka wie ein Schlag:

"Wie man so schön sagt, stürzte eine Welt zusammen. Wir hatten in der ganzen Welt gute Freunde, angefangen von Thomas Mann bis Halldór Laxness, und plötzlich war alles vorbei, der Vater als Staatsverbrecher im Zuchthaus, die Kinder wurden laufend angepöbelt."

Nach der ein paar Monate vorgezogener Haftentlassung zu Weihnachten 1960 änderte Janka seine Position nicht. Ein Anti-Kommunist wollte er auf keinen Fall sein. Im Westen sein Schweigen zu brechen, zu publizieren oder gar dorthin überzusiedeln, war kein Thema für ihn.

Erst als die SED-Führung im Juni 1989 das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking unverhohlen bejubelte, übergab Walter Janka die drei brisantesten Kapitel seiner Memoiren dem Hamburger Rowohlt-Verlag.

Walter Janka begründete seine Entscheidung folgendrmaßen

"Ausgerechnet die DDR fühlte sich verpflichtet, als erstes Land der Welt, denen zu gratulieren zur Niederschlagung der Konterrevolution in China, wie es nach unserem Sprachgebrauch heißt, und die Hände zu drücken den Generälen, die das Blutbad angerichtet hatten."

Die Resonanz auf die Veröffentlichung von Walter Jankas Memoiren 1989/1990 war im Verlauf der Wende , des Berliner Mauerfalls am 9. November 1989

"Wir sind das Volk",

der Deutschen Einheit am 3. Oktober 1990

"Wir sind ein Volk"

überwältigend.

In stark besuchten öffentlichen Lesungen überall in Deutschland erfuhr der betagte Spanien- Kämpfer, Rebell im Namen des Kommunismus des "Empört Euch!" eines Stephane Hessels (1917- 2012) endlich, Walter Janka, wenn auch spät mehr als eine Anerkennung für sein lebenslanges Streben nach Aufrichtigkeit, sein Bemühen um Wahrhaftigkeit, gerade, weil auch er selber einst, gefehlt, ganz auf SED- Parteilinie, Autoren, wie Peter Huchel vor die Tür des Aufbau Verlages gesetzt hatte.

Walter Janka starb am 17. März 1994, noch nicht einmal achtzig Jahre alt geworden, in Kleinmachnow.

http://www.deutschlandradiokultur.de/vor-100-jahren-geburtstag-von-walter-janka-er-hatte-den-mut.954.de.html?dram:article_id=283971
Beitrag vom 29.04.2014
VOR 100 JAHREN: GEBURTSTAG VON WALTER JANKA
"Er hatte den Mut, er selbst zu sein"

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick

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