Wann werden Wutbürger, entflammt, zu Brandbürgern?

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Steckt im
"Auto anzünden"
wirklich der Schrei nach Aufmerksamkeit,

von dem der Jugendpsychloge Laszlo Pota im Hamburger Abendblatt vom 27.04. 2011 unter dem Titel
"Autos anzünden, ein Schrei nach Aufmerksamkeit"
schreibt?

Steckt in der nächtlichen Wahrnehmung von wild geparkten Automobilen am Straßen- und Wegesrand nicht vielleicht noch etwas anderes, das sich blitzartig esaklierend, in den Fiasko Faktor 10 für Menschen verwandeltt, die nicht das Potential von Mobilität in ihrem Leben verspüren, wie dieses Automobile symbolisch provokativ repräsentieren?

Gibt es nicht Menschen, jeden Alters, , die tagaus, tagein, wie mit einer Wegfahrsperre versehen, in ihren Alltag, allgemein unterfordert, ohne direkte menschliche Ansprache im Beruf, in der Ausbildung, Studium, Sport, Kultur, Freizeitgestaltung, unter ihrer normalen Betriebstemperatur, um die Wohnblöcke ziehend, die Herausforderung in Alarmstimmungen suchen, um wie die rasenden Affen durch den Wald ihren Adrenalinsspiegel ganz nach oben in die Wipfel der Bäume zu jagen? Wären doch nur Bäume da und nicht stillgelegt parkende Automobile.

Wären doch wenigstens in jedem Stadtteil, Wohnquartier Klettergeräte Parkanlagen für Kinder und Erwachsene präsent, damit Menschen jeden Alters sich bei Gelegenheit als Brandbürger entflammte Wutbürger austobend, ihren Adrenalinspiegel, herauf und herunter, ohne Gewalt gegen Sachen wie parkende Automobile, Anschlägen auf Porsche, Mercedes, BMWs, Jaguars unbürokratisch ins Lot bringen können.

Diese Menschen jeden Alters in der Attitüde des Brandbürgers als entflammter Wutbürger könnten abenteuerlustig literarische Werke wie Bäume erklettern, wenn sie denn das Bildungspaket der Arbeitsminsterin Urusla von der Leyen rechtzeitig erreicht hätte.

Menschen, die bei
"Günstiger Gelegenheit"
die Mobilitätsversprechungen unter der bizarren Sicherheit von Automobil Blechhauben durch Brandstiftung entflammen wollen?

Menschen, die gefühlt, anders als Automobile, nicht Brennstoff getankt haben, um in die weite Welt oder auf die nahe Piste oder auf die Bäume im Wald zu rasen?

Woher die Brandstifter alle kommen, wenn ja, aus welchen Motiven zur entflammenden Tat schreiten, ist seit den 68er Jahren Legende.

"Entweder kommen die Brandstifter aus der anarchistischen Szene, oder es waren junge Migranten, ähnlich wie in den Pariser Vororten. Es ging um eine Rebellion gegen die Reichen. So eindeutig ist die Lage heute nicht mehr. Wir haben zum einen Täter, die so eine Art Privatkrieg gegen die Stadt Hamburg führen. Das fing schon an, als die Grünen noch mitregierten und die Enttäuschung über die Koalition gerade unter denen wuchs, die damit Hoffnungen verbunden hatten",
meint der Jugendpsychologe Laszlo Pota.
"Wir beobachten eine wachsende Zahl psychischer Störungen, aber in diesem Fall sind die Täter nach meiner Einschätzung nicht oder nur zu einem kleinen Teil pathologisch Feuer legende. Wir haben andere, die Botschaften hinterlassen - wie im Film
"Die fetten Jahre sind vorbei"
(Zwei zwanzigjährige Großstadtrevolutionäre brachen in diesem Streifen in Villen ein, verrückten Möbel und verabschiedeten sich mit Botschaften wie:
"Sie haben zu viel Geld") -
und die gezielt Wohlstandssymbole attackieren.
Und wir haben schließlich eine wachsende Zahl von Jugendlichen, die einzeln oder in Gruppen umherziehen und Brände legen - aus sozialen und psychosozialen Schwierigkeiten heraus".

"Wegsperren",
"stärkere Polizeipräsenz"
sind da, bei gleichzeitiger Ausdünnung, gar Abschaffung von kommunalen Freizeitangeboten für Jungerwachsene, die kontraproduktiven Rezepte, auch und gerade, wenn Teile im bunten Blätterwald populistisch nach solchen Rezepten schreien.

soziologische, psychologische und pädagogische Versuche aufzuklären, woher die Wut junger Menschen kommt, welche Rolle erlebte soziale Ungerechtigkeit und eine sich immer weiter öffnende Schere zwischen Reich und Arm spielen.

Im übrigen meint der Jugendpsychloge Laszlo Pota aufschlussreich:

"Peer Counseling (Beratung von Jugendlichen durch ausgewählte andere Jugendliche aus der gleichen Gruppe) ist eine andere erprobte Methode, um friedliche Lösungen für Probleme zu finden. Es wurde in unserer Stadt vieles weggespart, kaum noch sozial investiert - die Quittung, fürchte ich, bekommen wir auf vielfältige Weise; auch in Form brennender Autos".

JP

siehe :

www.abendblatt.de/hamburg/article1868356/Autos-anzuenden-ein-Schrei-nach-Aufmerksamkeit.html

Debatte
Autos anzünden, ein Schrei nach Aufmerksamkeit
Laszlo Pota

Inzwischen reichen die Täter in Hamburg über die Anarcho-Szene hinaus und machen mit Brandstiftung ihrer Wut auf Staat und Gesellschaft Luft, meint der Psychologe

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Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick