Wenn Kirchen hinterrücks abkassieren

Kirchenfinanzen Auf der Suche nach Pfründen sind die Kirchen auf den Trichter gekommen, ihren Gläubigen, im stationären Krankheits-, Pflegefall, mehrmals in die Tasche zu greifen

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Auf der Suche nach neuen Pfründen sind die Amtskirchen auf einen ganz neuen Trichter gekommen, indem sie ihren Gläubigen, im Fall von Klinik- , Pflege-, Altenheimaufenthalten, verstohlen, mindestens zweimal in die Tasche greifen.

Einmal in gewohnter Weise über die staatliche Eintreibung von Kirchensteuern, zum anderen über die verhandelten Pflegesätze von Kliniken, Pflege- und Senioreneinrchtungen, in denen das Wirken der Kirchen mit ihren amtlichen, ehrenamtlichen Seelsorgern/innen als psychosoziale Leistung nach einem, gesetzlich vereinbarten, Punktesystem neuerdings zu Buche schlägt und die Klingelbeutel Vakanzen der Kirchenfinanzen, auf wundersame Weise, still & leise, mehrend, füllt.

Bis etwa in das Jahr 2005 galt den Amtskirchen Deutschlands, der seelsorgerische Dienst am Patienten in Kliniken, Pflege-, Seniorenheimen, auf Anforderung, als selbstverständliche Pflichtleistung an Kirchenmitgliedern, die aus kirchlichen Mitteln finanziert wurde.

Das hat sich inzwischen dahingehend geändert, dass nun zunehmend die Amtskirchen mit ihren amtlichen, ehrenamtlichen Seelsorgern/innen in die Nische psychosozialer Leistungen drängen, die bisher eine obligatorische Domäne von, religionsunabhängiger, weltlich offen, klientenorientierter, tariflich bezahlter, Sozialarbeit war.

In der Praxis sieht es so aus, dass insbesondere große Private Krankenhaus-. Pflege- , Seniorenheim Träger den Kirchen halbe Vollzeitarbeitsplätze im psychosozialen Bereich über ihre jährlich neu mit den Kosten- und Leistungsträgern verhandelten Pflegesätze finanzieren, deren Besetzung aber wiederum allein im Benehmen der Kirchen als Tendenzbetrieb belassen.

Besonders interessant ist in diesem Zusammenahng, dass die Kirchen seit etwa 2005 nicht nur besonders an der Anwerbung von ehrenamtichen Seelsorgern interessiert sind, die gegen Auszahlung einer Aufwandsentschädigung für sie in Kliniken, Pflege- und Altenheimen psychosozial arbeiten, während die Kirchen selber die vereinbarten Gehälter, samt Sozialabgaben pro halben Vollzeitarbeitsplatz, gemäß Punktsystem/Pflegesatz von den Trägern auf ihren Kirchen Konten verbuchen.

Beispiel für das wachsende Interesse der Kirchen an der Ausbildung von ehrenamtlichen Klinikseelsorgern/innen:

Eine häufig zu findende Anzeige in den Printmedien:

"Kirche sucht dringend ehrenamtliche Krankenhausseelsorger"

"Der 18-monatige Kursus umfasst Theorie und Methodik von Gesprächsführung, Selbsterfahrungselemente und Reflexion der eigenen seelsorgerlichen Haltung, ein begleitetes Praktikum im Krankenhaus sowie eine Auswertungszeit und schließt mit einem kirchlichen Zertifikat ab."

Das scheint für Kirchen und Klinikbetreiber eine "Win- Win" Strategie zu nähren:

"Bisher tariflich bezahlte Arbeitskräfte werden druckvoll aus Arbeitsverhältnissen herauskomplementiert, wenn nicht erst gemobbt und dann gefeuert, um sie darauf, wie zuvor angekündigt, als ehrenamtliche Mitarbeiter, mit Hinweisen auf mögliche Leistungen aus den Hartz IV Gesetzen, wieder einzustellen.

So ersparen sich die Kirchen auch noch, trickreich, die letzten paar Prozent des Gehaltes von 3 % das die Kirchen überhaupt bezahlen, der große Rest von 97 % wird eh vom Steuerzahler für psychosoziale Angebote der Kirchen getragen, gleich ob dieser von Amtswegen einer dieser Kirchen angehört oder nicht.

Bisher war die Krankenhausseelsorge ein bevorzugter Abschiebebahnhof für missliebig geworden, unkündbare Priester, Pfarrer/innen, gar Missbrauchstäter/innen –

Diese prekäre Abschiebe- Praxis der Kirchen wird jetzt, angesichts der aufgedeckten Missbrauchsfälle in den Amtskirchen immer schwieriger, weil die Vergangenheit die Täter/innen auch noch nach Jahrzenten, strafbewehrt, einzuholen drohl.

Bekanntermaßen wird u. a. über staatliche Zuwenduingen in Höhe von etwa 460 Millionen €/anno, unabhängig von sonstigen staatlichen, Bausubstanzerhaltungs- , Personalkostenübernahmen, das üppige Gehalt aller deutschen Bischöfe/innen, gleich welcher Konfession diese angehören, auf der Basis von Altverträgen aus den Jahren 1806, 1919, 1949, 1990, entgegen ausdrücklicher Maßgabe, dass sich die Kirchen endlich selber auf eigene finanzielle Füsse stellen, immer noch, unverdrossen, vom deutschen Steuerzahler bezahlt

Normalerweise wird die Krankenhausseelsorge von Menschen angefordert, die der Kirche angehören und Kirchensteuern zahlen. Um die muss die Kirche sich vom eigenen Verständnis her vor Ort auch kümmern, wenn sich deren Gemeindeseelsorger/innen, aus welchen Gründen auch immer, nicht kümmern können -

Für Nicht-Kirchenmitglieder, die in einer besonderen Situation der Seelsorge bedürftig, diese in Anspruch nehmen wollen, gilt und galt bisher hierzulande das christliche Gebot biblischer Barmherzigkeit (und ( Mission?).
Das ist Kern des Auftrages, den die christlichen Kirchen im Allgemeinen Bewußtsein der Menschen öffentlich kommunizieren.

So menschlich das klingen mag, so birgt dieses christliche Gebot aber doch allerei Unwägbarkeiten, gar Gefahrenlagen.

Warum?,

weil sich hier eine gute Gelegenheit zur Mission bei Menschen anbietet, die sich in einer ziemlich labilen, schwachen Position befinden - allerdings hat auch hier die Unschuldsvermutung bei der Frage zu gelten, ob jeder Seelsorger/in hier die Balance zwischen klientenrorientierter Seelsorge und Missionierung zu wahren weiß.

Wenn es aber durchweg zunehmend in Kliniken, Pflege- und Altenheimen an weltlich orientierter psychosozialer Seelsorge fehlt, werden sich die Gelegenheit zu gezielter Missionierung alltäglich häufen.

Gewöhnlich werden Seelsorger auf Anforderung tätig oder gehen auch mal auf jemanden zu und fragen ihn, ob er/sie mit ihnen sprechen möchten.

Mehr passiert nicht. Es ist aber nicht ungewöhnlich, dass auch Menschen, die mit Kirche nichts am Hut haben, in einer solchen Situation, wo es ja um Leben, Sterben und Tod gehen kann, nach einem Seelsorger/in fragen.
Wenn die dann, wg. Nichtkirchenzugehörigkeit, erst einen Kreditkartenabzug machen sollen, sollten sich die Kirchen fragen lassen, was eigentlich noch deren gemeindlicher Auftrag im Allgemeinen und vor Ort ist?

Die Win- Strategie der Kliniken, Pflege- und Altenheimträger ist aber noch eine ganz andere, nämlich die Erfahrung, dass die amtlich, ehrenamtlich kirchlichen Seelsorger/inen erst einmal vor Ort, sozusagen, ganz nebenbei, im wachsenden Maße, angesichts der Verdichtung von Arbeitsabläufen, sich häufenden Arbeitsplatzwechseln, Schichtdiensten, gestresstes Klinik-, Pflege-, Altenheimpersonal psychosozial unentgeltlich betreuen und zum Durchhalten ermuntern
JP


http://www.abendblatt.de/region/article110708804/Finanzierungsmodell-Kliniken-bezahlen-Seelsorger-mit.html
HA 07.11.12
Niedersachsen
Finanzierungsmodell: Kliniken bezahlen Seelsorger mit



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Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick