Neue Gesetze für die Golfmonarchie

VAE Die Emirate haben eine Reihe neuer Gesetze verabschiedet. Einige Beobachter beurteilen sie als progressiv
Ausgabe 47/2020
Ein Paar in Dubai. Einige Beobachter schätzen, das Gesetzespaket soll vor allem Touristen anlocken
Ein Paar in Dubai. Einige Beobachter schätzen, das Gesetzespaket soll vor allem Touristen anlocken

Foto: Arabian Eye/Imago Images

Es ist möglicherweise etwas untergegangen. An dem Tag, als in den USA ein neuer Präsident feststand, gaben die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) eine ganze Reihe neuer Gesetze bekannt. Die einen feiern sie als positiven Schritt in Richtung Frauenrechte, der weitere arabische Länder inspirieren könnte. Die anderen sehen vor allem strategisches Kalkül mit dem Ziel, ausländische Investoren anzuziehen. Das Rechtssystem in den Emiraten gründet auf weltlichem und islamischem Recht. 80 Prozent der Bevölkerung kommen aus dem Ausland.

Die VAE sind eine Föderation von sieben Emiraten im Osten der Arabischen Halbinsel, die meisten Menschen leben in Dubai und Abu Dhabi. Zuletzt hatten sie, vermittelt durch die USA, ihre diplomatischen Beziehungen zu Israel normalisiert. Die Vereinigten Arabischen Emirate wollen mit den Gesetzreformen „Handlungen, die anderen nicht schaden“ entkriminalisieren. Die Änderungen beinhalten unter anderem, die Strafen für Alkoholkonsum zu beenden. Alkohol war zwar bereits zuvor in bestimmten Restaurants und Bars erhältlich, aber man brauchte eine Lizenz, um ihn zu trinken oder zu Hause zu haben. Diese wird nun abgeschafft, und auch Muslim*innen soll es erlaubt sein, Alkohol zu konsumieren. Unverheiratete Paare dürfen von jetzt an zusammenleben, ohne eine Strafe fürchten zu müssen. Kinder, die aus diesen Beziehungen hervorgehen, werden jedoch weiterhin nicht anerkannt.

Sogenannte „Ehrenmorde“ sollen nun genauso geahndet werden wie andere Morde auch. Zuvor hatten männliche Verwandte Anspruch auf geringere Strafen für Morde an Frauen, wenn sie argumentierten, mit der Tat hätten sie die Familienehre schützen wollen. Auch sexuelle Belästigung soll nun härter bestraft werden. Weitere Änderungen sollen es Nicht-Emiratis ermöglichen, ihre persönlichen Angelegenheiten, also etwa Scheidung oder Erbschaft, dem Recht ihres Herkunftslands gemäß abzuwickeln. Die VAE demonstrierten mit den Gesetzesänderungen „ihre Fähigkeit, Millionen von Menschen aus der ganzen Welt zum Leben und Arbeiten hierherzulocken“, kommentierte die nationale Zeitung in Abu Dhabi. Die New York Times sah eine Steigerung der Attraktivität von Tourismus und Investitionen. Richten sich die neuen Gesetze vor allem an Ausländer? Dass es auch arabische Paare in den Emiraten gibt, die gerne ohne Heirat zusammenwohnen würden, Alkohol trinken oder den „Ehrenmord“ mit einer ernst zu nehmenden Strafe geahndet sehen wollen, wird seltener erwähnt und ist trotzdem wahr.

Der Emirati-Filmemacher Abdulla Al Kaabi wertete die Änderungen gegenüber der Nachrichtenagentur Associated Press positiv, er könne „nicht glücklicher sein“. Die Gesetze seien „progressiv und proaktiv“. 2020 sei ein „transformatives Jahr“ für die VAE. In seinen Filmen beschäftigt sich der Regisseur, der teilweise in Paris gelebt hat, mit Tabu-Themen wie homosexueller Liebe und Geschlechtsidentität.

Tourismus und Handel sind wichtig für die Emirate. Strände, Wüste, Hochhäuser gibt es zu bestaunen. Sex and the City 2 wurde in Abu Dhabi gedreht. Nächstes Jahr soll in Dubai die Weltausstellung Expo stattfinden. Kritisiert wird, dass mit dem Glanz ein falsches Bild vermittelt wird. Die Emirate waren in der Vergangenheit immer wieder in der Kritik, wegen Menschenrechtsverletzungen insbesondere gegenüber Migrant*innen, Frauen und LGBT. Homosexuelle Handlungen werden in den VAE auch nach den beschlossenen Gesetzesänderungen weiterhin mit der Todesstrafe geahndet.

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