Auswirkungen des Brexit auf Resteuropa

Wirtschaft Es sind mitunter die inhaltlichen Vorstellungen, die Großbritannien von den europäischen Ländern spaltet.

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Denn in jedem Land gibt es individuell anders geprägte Hoffnungen, Schwerpunkte und Wünsche. Die Iren wünschen sich keine Behinderungen zwischen der Republik Irland und Nordirland. Polen möchte die Freizügigkeit für ihre Bürger erhalten und Deutschland bangt vor allem um Handelsbeschränkungen, die die Autobranche treffen könnten. Die inhaltlich gefärbten Wünsche und Ängste rund um den Ausstieg Großbritanniens aus der EU stehen allerdings nur auf der einen Seite. Auch auf die finanzielle Lage der Länder hat der Brexit ganz unterschiedliche Auswirkungen.

Die wirtschaftlichen Folgen gehen mit den finanziellen Folgen einher

Mit dem Brexit werden zahlreiche Freiheiten, was Dienstleistungen, Niederlassungen und die Warenwirtschaft angeht, erheblich beschnitten. Natürlich gab es EU-Regeln, allerdings sorgten eben diese Regularien auch für ein hohes Maß an Flexibilität im wirtschaftlichen Raum. Nach dem Brexit profitiert Großbritannien von eben diesen geltenden Regularien nicht mehr und hat auch kein Mitspracherecht, wenn es um die Neuschöpfung von Regelwerken geht. Die Folge: Zölle steigen und der Binnenmarkt wird deutlich komplizierter. Das Geschäft mit den Ländern der EU muss neu strukturiert werden – und das kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld.

Ein Beispiel: Mit einem Export-Status von 40 Prozent, den Großbritannien an Dienstleistungen und Waren in die EU bringt, war vor der Brexit-Idee die Welt der Banker in London und anderen Finanzarealen durchaus noch in Ordnung. Etwa ein Drittel des Großkundengeschäfts der Europäischen Union soll Schätzungen zufolge in Großbritannien abgewickelt werden. Und das ist nur ein Ansatzpunkt, an dem es mit dem Brexit neue Wege zu gehen gilt.

Auch die Idee der sogenannten Kapitalmarktunion gewinnt insofern an Brisanz und Stellenwert, da sie Unternehmen mehr Finanzierungsmöglichkeiten bietet, Freunde des Sparstrumpfs mehr Anlageoptionen bietet und das komplette Finanzsystem deutlich robuster macht.

Unter dbresearch wird dieses Zukunftsszenario gezeichnet: Nach dem Brexit werden Finanzzentren wie Frankfurt, Paris, Amsterdam, Luxemburg oder Dublin miteinander konkurrieren (und mit London), um einen Teil des Kapitalmarktgeschäfts von London zu übernehmen. Eine klare „natürliche Alternative“ gibt es jedoch nicht. Daher wird es auch nichteinen einzigen Gewinner geben und der Brexit zu einer Fragmentierung der (ohnehin bereits kleinen) europäischen Kapitalmärkte führen.“

Diese weiteren Folgen des Brexits hat die Bertelsmann Stiftung Folgendes publiziert:

  • „Länder mit niedrigerer Bevölkerungszahl, aber starkem Handel mit Großbritannien könnten geringere absolute Verluste, aber aufgrund ihres ebenfalls geringeren BIP einen höheren relativen Einkommensverlust aufweisen.“ Irland und die Niederlande wären hiervor stark betroffen, Zypern und Lettland deutlich weniger. Vor allen teurere Einkaufspreise und weniger Produktivität in Unternehmen werden hier spürbar.
  • Selbst mit Blick auf Deutschland variieren die Einkommensverluste stark – und zwar von Bundesland zu Bundesland und von Region zu Region. Die höchsten Verluste in absoluten Zahlen werden in Köln und Düsseldorf zu verzeichnen sein. Zudem sind die Regionen mit hoher Dichte im Wirtschaftsbereich der Automobilbranche stark betroffen.
  • Die Auswirkungen auf EZB-Anleiheverkäufe sowie deren Haftungsregularien hat.

Diese Auswirkungen hat der Brexit auf die anderen EU-Länder

Etwa 50 Prozent der britischen Importe stammen aus der EU. Und eben diese Tatsache kann nach dem Brexit durchaus finanzielle Folgen haben, die unter anderem die Autoindustrie treffen. Zollschranken könnten den Automobil-Riesen Mercedes, Audi und BMW das Geschäft verhageln. Vor allem für den BWM-Mini, der in Oxford vom Band rollt, muss es nun eine neue Lösung geben.

Noch bevor die Brexit-Entscheidung gefallen ist, zeigten sich bereits erste Folgen am Devisenmarkt: „Am Devisenmarkt hat das britische Pfund gegenüber dem Euro und dem Dollar (…) deutlich an Wert verloren. Die Unsicherheit (…) wird von Ökonomen als ein Grund für das schwache britische Pfund identifiziert. Importgüter werden dadurch für britische Konsumenten teurer. Andere sehen den schwachen Pfund aber auch als Chance: Da britische Produkte auf den internationalen Märkten günstiger sind, könne er die Exporte befördern.“ (vgl. bpb.de)

Bereits vor der finalen Entscheidung sei eine Schwächung der wirtschaftlichen Entwicklung offensichtlich geworden, denn der Investitionsdrang britischer Betriebe sank, ebenso wie die Anstellung neuer Mitarbeiter. Knapp eine Million an Arbeitsplätzen könnten in Großbritannien dem Brexit zum Opfer fallen, mutmaßten Experten bereits im Vorfeld. Auch enorme Einbußen in puncto Wohlstand könnten die Folge sein, sagen renommierte Stiftungen voraus. Doch auch positive Zukunftsszenarien gibt es am Brexit-Himmel, vor allem von jenen, die ein Wirtschaftswachstum prophezeien.

Diese Sorgen könnten die Briten ebenfalls umtreiben

Die großen Themen sind präsent – in Schlagzeilen, Diskussionen und Verhandlungen. Doch die Folgen des Brexits werden auch auf anderen Ebenen sichtbar: Auch auf den britischen Fußball könnte der Brexit Auswirkungen haben, denn es greift die Sorge um, dass es Großbritannien schwer haben könnte, wettbewerbsfähig zu bleiben, wenn sich gute Spieler nicht dazu erweichen lassen, aufgrund von erschwerten Einreisebedingungen (Arbeitserlaubnis und Visum) für den Aussteiger zu spielen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Juliane von Hopfgarten

Meine Themenbereiche umfassen internationale Politik, Wirtschaft sowie Frauenrechte. Unten ein Link zu meinen Beiträgen auf EditionF.

Juliane von Hopfgarten

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