Mediale Inszenierungsstrategien können noch so offen zu Tage liegen – manchmal braucht es einen, der sie benennt, bis man sich gegen die Stirn schlägt und denkt: Na klar! So ist es! Martin Giesler, Ex-Volontär des ZDF, hat das mit einem Video auf Youtube getan. Es ist eine Parodie auf die standardisierte Erzählform von Drei-Minütern in TV-Nachrichtensendungen.
Das sieht so aus: Am Anfang steht ein Protagonist mit einem Problem. Im Unterhemd beklagt er am Küchentisch die Auswirkungen gesellschaftlich-politischer Unerhörtheiten auf sein Privatleben. Die Stimme aus dem Off kommentiert: „Der Zuschauer hat jetzt verstanden, es kann theoretisch jeden treffen. Dadurch hat man ihn emotional eingefangen.“ Während einiger „Beauty Shots“ – Bilder von Menschen in Fußgängerzonen oder Schwenks über imposante Gebäude – werden nun Fakten genannt. Es folgt unweigerlich: der Experte, der für die Kamera besonders gut einen Gang entlanggehen oder Bücher aus dem Regal nehmen können muss.
Auf wahllos eingeholte O-Töne von Passanten schneit man dann erneut Bilder des Protagonisten bei einer möglichst inhaltsfreien Tätigkeit. Dafür darf die Conclusio um so tiefer in die Sprüchekiste greifen, zum Beispiel: "Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt."
Mit einem Augenzwinkern führt der Youtube-Clip die erschreckende Einfallslosigkeit von Fernsehjournalisten vor. Egal welches Thema, es wird immer nach Schema F umgesetzt. Wohl auch deshalb schalten vor dem Fernseher viele Zuschauer bereits ab, bevor sie auf den Aus-Knopf drücken.
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