Migration als Ressource

Kommentar Fehlende Nachhaltigkeit in der deutschen Wirtschaftspolitik

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Unter Ausblendung des historischen Bewusstseins wird die sich anbahnende kleine (?) Völkerwanderung von einem gesellschaftspolitischen Thema zu einem wirtschaftspolitischen zurechtgestutzt. Flüchtlinge/Einwanderer sind willkommen wenn sie jung, willig und bereit sind deutsch zu lernen. Dann winken ihnen Jobs in Handwerk und Industrie. Wenn sie höhere Bildung mitbringen(!) bekommen sie vielleicht eine BlueCard.

Nachdem es die westdeutsche Frau ab dem Pillenknick und die ostdeutsche seit der Abwicklung der ruinösen DDR-Sozialpolitik nicht fertig gebracht haben die biodeutsche Bevölkerung stabil zu halten, reagiert die deutsche Wirtschaft, so wie sie es seit der Industrialisierung immer tat:

  • Zu Zeiten der Industrialisierung des Ruhrgebietes wurden Teile jener Bevölkerung aus dem damaligen Osten abgeworben, welche die Aufhebung der Feudalstrukturen freisetzte. Später kamen u.a. Ruhrpolen hinzu.
  • Während des Faschismus gab es Fremd- und Zwangsarbeiter.
  • Nach dem Krieg kamen zunächst die Vertriebenen, die sich nicht in der ihrer Heimat näheren geografisch näheren Ostzone ansiedelten,
  • dann, bis zum Mauerbau, die Zonis.
  • Ab Beginn der 60er wurde deren versiegter Zustrom durch Gastarbeiter ersetzt.
  • Mit dem Fall der Mauer kamen abermals Ostdeutsche.

Nachdem die letztgenannte Quelle soweit ausgeblutet ist, dass die in Ostdeutschland noch Nachwachsenden in ihrer (engeren) Heimat einen Job bekommen, wenn sie dies wollen, wird wieder verstärkt auf Arbeitskräftemigration gesetzt. Die Massenbewegung übers Mittelmeer wird instrumentalisiert. Der überwiegende Teil der veröffentlichten Meinung steht dem positiv gegenüber. Jenen den ihr Gewissen wichtig ist und die helfen wollen. Jenen den ihre Börse wichtig ist, weil man - z.B. durch Vermietung von Gebäuden, Flächen, Zelten - mit Migranten Geld verdienen kann. Wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt scheint lediglich, man bekommt die Anspruchsberechtigten von den potentiellen Wirtschaftsflüchtlingen selektiert. Die Mitverantwortung für die katastrophalen Zustände in den Herkunftsregionen wird dabei unter Teppich gestopft. Als stände beispielsweise das auch von Deutschland exekutierte Herausbomben des Kosovo aus Serbien ohne UN-Mandat vor einer halben Generation nicht in ursächlichem Zusammenhang mit den aktuellen Ereignissen.

Es sollte nicht wundern, dass sich, wenn die deutsche Wirtschaft ihre industrielle Reservearmee wieder aufgefüllt hat, der Wind im deutschen Blätterwald dreht. (Mit der Wartehalle Ost, in der sich jene Migranten parken lassen, auf die bzw. ihre Nachkommen man im Bedarfsfall später zugreifen kann, lässt sich dabei sogar eine Manövriermasse generieren mit der gesellschaftliche Bedenken und wirtschaftliche Erfordernisse aufeinander abgeglichen werden können.) Dann servieren uns glaubwürdig dreinschauende Politiker und Experten wie bereits 1993 den schlüssigen Nachweis, das Boot sei voll.

Wenn die Absatzerwartungen der Wirtschaft und die dazugehörenden Finanzierungserfordernisse es zulassen, wird nach den Arbeitskräften verlangt, die nötig sind, um die Produktion an die Absatzerwartungen anzupassen. Im Kern lässt sich die derzeitige Migrationspolitik auch als Bestandteil der Expansion des deutschen Kapitals lesen.

Man könnte statt dessen eine Wirtschaftspolitik betreiben, die darauf abzielt die vorhandenen Ressourcen optimal zu nutzen und zu entwickeln. Beispielsweise durch Familienförderung im französischen oder skandinavischen Ausmaß. Stattdessen verzetteln wir uns hier bei Rohrkrepierern wie dem Betreuungsgeld oder Priorität-2-Vorhaben wie der Homo-Ehe. Ein Pradigmenwechsel welcher die Politik des Bevölkerungsimports der letzten 150 Jahren deutscher Industrialisierungsgeschichte überwindet ist dagegen nicht absehbar. Schließlich sind die „Eliten“ noch immer die selben. Das Adaptionsvermögen der indigenen Bevölkerung auf die aktuellen Entwicklungen wird dabei als sekundär angesehen, das man mit „forciertem Journalismus“ zu pimpen gedenkt.

Was dem Michel bleibt, ist die Hoffnung, dass die Jobs welche die Migranten erhalten, möglichst sozialversicherungspflichtig sind und die Einwanderer die Landessprache einigermaßen erlernen. So bleibt die Rente gesichert und man kann sich während des eigenen Verschwindens noch mit den Nachfolgern verständigen. - Die Deutschen können eben nur das Bruttosozialprodukt steigern, nicht aber die Geburtenrate.

Einem eventuellen Verschwinden der „deutschen Kultur“ vorwegzutrauern gibt es keinen Grund. Die ist nach zwei verbockten Weltkriegen und wieder anschwellendem chauvinistischen Bocksgesang eh nur noch von historischem Interesse bzw. ein zeitgenössisches Phantom. Insofern bliebe den Biodeutschen beim Gehen nur zu sagen: „ He Nachfolger! Behaltet eure mitgebrachte Kultur soweit es geht. Lasst nicht zu, dass man eure Dankbarkeit hier leben zu können instrumentalisiert zu einer gläubig-treuen Gefolgschaft denen gegenüber, die von eurer Arbeit leben.“ Ob Gehende oder Kommende einen solchen Zusammenhang sehen?

So lernt das Flüchtlingskind morgens zu bedauern, was die Menschen welche vor ihm hier lebten zwischen 1914 und 45 sich selbst und ihren Nachbarn angetan haben. Nachmittags rezitiert es die Schiller-Glocke und abends den Koran.

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