Tod im Juni

Gernhardt / Rühmkorf Am Ende Bedauern und Bitterkeit (Selbstironie sowieso)

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Robert Gernhardt starb im Juni 2006 an Herzversagen, Peter Rühmkorf im Juni 2008 an Krebs. Beide haben über ihr Sterben und ihren Tod in den letzten Gedichten geschrieben – mit lakonischer Trauer und abgründigem Witz, mit Wut, spöttischer Beschwörung des Untergangs und einer vitalen Liebe zur Sprache.

Robert Gernhardt

Dichterlos

Es hat der Tod

einen Stachel für jeden

und einen speziell

für jene, die schreiben:

Zu wissen, man wird

was erleben und kann

ums Verrecken nicht mehr darüber berichten.

Peter Rühmkorf

Manches hält man natürlich nur aus, wenn man weiß,
daß man sich bereits auf der Rückfahrt befindet.
Die Haare lichter.
Stimme leiser.
Und auch die Schlaganfälle knattern nur so um dich rum,
daß du glaubst, in deiner lokalen Galaxis
wär bereits Weltuntergang angesagt.
Man nur gut, daß kein Ehrgeiz dich treibt,
von jedem Stück Lokuspapier
einen Durchschlag hinterlassen zu müssen.

Am schwierigsten bei solcher Lage der Dinge
Immer noch ein für Außenstehende
alles begleichendes Schlußwort.
Sage beim Abschiednehmen gern einfach
“Halten Sie die Stellung”,
was im Allgemeinen begrüßt wird -
O b w o h l S i e ?
D i e S t e l l u n g ?
H a l t e n ?

Wo die Erde bereits wie ein durchgedrehter Brainburger
durch die große kapitalistische Imbißstube saust,
rasend,
rotierend,
dem Selbstverzehr entgegen,
bis der letzte Biß und der letzte Schiß in einem Reim
zusammenfallen
und die Führung endgültig an die Kakerlaken übergeht …

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Geschrieben von

koslowski

"In Saloniki / weiß ich einen, der mich liest, / und in Bad Nauheim./Das sind schon zwei." (Günter Eich, Zuversicht)

koslowski