zugegeben, es lief nicht alles rund in der ddr, aber war sie in stärkerem maße ein unrechtsstaat als die brd?
meines erachtens wäre, was unrecht war in der ddr, reformierbar gewesen, die grundstruktur der brd dagegen ist nicht reformierbar, sondern wahrscheinlich nur über eine revolution veränderbar. reiche sich selbst elite nennende familien und interessengruppen haben unseren staat seit jahrzehnten im festen griff und werden sich ihre privilegien kaum jemals freiwillig nehmen lassen, am allerwenigsten über wahlen. würden wahlen eine grundsätzliche veränderung unseres gesellschaftssystems bewirken können, wären sie längst abgeschafft. wer aber gegen diesen staat argumentiert, der uns alle auf unterschiedliche weise korrumpiert und damit stillhält, landet schnell im gesellschaftlichen abseits oder wird gar psychiatrisiert. hier stellt sich die mehrheit, die gar keine macht hat, auf die seite der wahrhaft herrschenden und perpetuiert damit ihre eigene ohnmacht. ich wünsche diesem staat auch einen baldigen zusammenbruch und habe eine kleine hoffnung, dass dieser bald bevorsteht.
Kommentare 5
Och nee! Das kann doch jetzt nicht Ihr Ernst sein, oder? Die DDR reformierbar? Klar, wenn man die SED abschafft und das MfS und dafür Verwaltungsgerichtsbarkeit einführt und freie Presse und die Mauer einreisst und ... - aber halt, was bleibt dann noch übrig von der DDR? Stimmt, die tollen produktiven volkseigenen Betriebe mit den attraktiven Produkten - Auto! Hihi! - und den umweltschonenden Produktionsverfahren - Bitterfeld! Herzlichen Glückunsch!.
Also, lieber karlsand, da fällt einem echt nichts mehr ein, zwanzig Jahre später.
Veränderung der BRD wird es sicher nicht geben, wenn die Veränderungeswilligen signalisieren, dass sie ein gespaltenes bzw. instrumentelles Verhältnis zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit haben. Als Berufsverbotsopfer 1973 in der BRD konnte ich vielleicht meinen, als Kommunist Diskriminierung erfahren zu haben. Aber ich konnte meine Meinung äußern ohne Gefahr für Freiheit und Leben. 1986 habe ich als DKP-Parteihochschüler die DDR ein Jahr lang als Willkürstaat einer Bürokratiekaste erlebt. Lesen Sie Uwe Tellkamps "Der Turm".
W. Reckert, Gelsenkirchen
Lieber WR,
meiner Meinung nach ist Tellkamps >Turm nur bedingt geignet, ein vollständiges und damit authentisches Bild der DDR zu vermitteln.
Aber auf die Frage, wie dachte und lebte und was erlebte der Sprößling einer priviligierten Bürgerfamilie auf dem >Weißen Hirsch in Dresden während dieser Zeit, mag das schon als Antwort gehen. Viele dieser Geschichten müssen noch erzählt und aufgenommen werden, bis wir die DDR gerecht, realistisch, ohne ideologische Scheuklappen und vielleicht sogar unbewusste politisch korrekte Eigenzensur betrachten werden.
Liebe kaethe,
Verwaltungsgerichtsbarkeit wurde in der DDR übrigens noch im Juli 1989 eingeführt, aber ich will an Ihrem Weltbild nicht zu sehr herumdifferenzieren.
www.forhistiur.de/zitat/0404schroeder.htm
Tellkamp - Du liebe Güte, der hat das passende Buch zur gegenwärtig vorgegebenen Politik geschrieben. Und er hat sich – nicht nur aus meiner Sicht - mit diesem Buch literarisch das Grab geschaufelt.
Das wird jetzt noch exzessiv verfilmt oder fernsehmäßig verhackstückt. Und dann wird reichlich lange Ende sein. Ein Heer von Rezensenten hat das Buch ins Bewusstsein der Menschen gehypt. Die meisten Leute, die über „Turm“ reden, wiederholen, was ihnen die Rezensenten eingebläut haben. Mir ist aufgefallen, dass sich ein paar seriöse Autoren aus der Literaturszene offensichtlich gedrückt haben, als es darum ging, den Chor der Begeisterten zu verstärken und zu adeln.
Tellkamp kann Figuren weder psychologisch plausibel machen, noch kann er Handlungen vorantreiben. Das Einzige, was der kann ist so ein allgemeines Zeitgebrabbel von sich zu geben, das aber – in den Feuilletons – als musikalisch-ästhetische Meisterleistung gepriesen wurde.
Die meisten Fakten stimmen in dem Buch ohnehin nicht. Damit ist nicht gemeint, dass alles 1:1 stimmen muss, aber er hat ein Insel-Schreckensreich entworfen, das es nicht gab. Stellenweise ist das fast schon grotesk und grotesk sind auch die Deutungen.
Nicht mal die Fakten stimmen, aber es ist das ultimative DDR-Buch. Man glaubt es nicht. Das wird – wenn Zeit ins Land gegangen ist – ein herrliches Thema für Promotionen Wie landet man einen solchen Knaller. Wie vermarktet man ein Buch, das niemand lesen will.
Tellkamp selbst hat in mehreren Interviews zumindest zaghaft eingewendet, dass dies eher ein (grausliches )Märchen ist, in dem sich sicherlich viele DDR-Befindlichkeiten ausdrücken. Die Dresdner sind ja auch sehr gespalten über dieses Buch. Bekannt ist immerhin, dass sein Vater sich einst sehr bemüht hat, endlich aus dem verhassten DDR-Plattenbau – in den Weißen Hirsch vorzudringen. Dieses Streben erklärt das verwöhnte Chefarztsöhnchen damit, dass die DDR-Platten so was wie eine sowjetische Kommunalka gewesen seien. Unglaublich dieser Opportunismus.
Von dem lasse ich mir nicht erklären, wie das Land gewesen ist, in dem ich gelebt habe und schon gar nicht akzeptieren kann ich eine solche Literaturempfehlung.