Wie die Zeit vergeht

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Aus Kindern werden Erwachsene und dann selber Eltern.

Die Träume aus der Jugendzeit verbleichen zwar, sind aber weiter gut archiviert und werden fortdauern. Weil alles fort- und fortdauert, was wir erzeugen.

Es ist ungemein spannend, aber auch kräftezehrend, mit so vielen unterschiedlichen Menschen und Meinungen konfrontiert zu sein. Ein singuläres immanentes Geschehen, um transzendentale Weitsicht zu erlangen oder mit den biologischen Kräften unterzugehen.

Es fehlt noch etwas ungeheuer Aufwühlendes für die erste Nachkriegsgeneration, 6 Jahrzehnte im relativen Wohlstand und nahezu ohne existentielle Bedrohung sind einfach zu viel. Das Leben braucht auch Anfechtung und Bedrohung!

Wer aufbegehrt, wird psychiatrisiert und ansonsten ist alles wohlgeordnet, selbst mit dem Zustand, nicht gebraucht zu werden, ist administrativ alles in Ordnung gebracht worden. Selbst dem Ärmsten in unserem Land geht es noch besser als einem Durchschnittsverdiener in den 50er Jahren. Welch ein merkwürdiges Land, keine Spielwiese mehr für neue Experimente, für zum Beispiel mehr Demokratie.

Wie sehr hatte man gehofft, dass über wichtige Dinge ( und sei es nur die Frage, wer ein Chef sein will! ) das Volk bestimmen kann, aber alles wird in kleinsten Gremien besprochen und formal vom Bundestag entschieden. Wehe dem, der tatsächlich frei abstimmt, wie es sein Recht wäre, dem droht der Entzug des Mandats.

Scheinbar alles in Ordnung! Warum sind dennoch die meisten Menschen unzufrieden, in einem nicht greifbaren Sinn, wie Herbert Marcuse es bereits für unsere Gesellschaft vorhergesehen hatte? Wollen wir alle für immer von hellgrauen Männern und Frauen regiert werden. Sollen graue Architekten unsere grauen Häuser bauen, sollen graue Mediziner unsere Gesundheit verwalten ( aber bitte so, dass wir immer von ihnen abhängig bleiben!)?

...und vor allem: Wollen wir, dass ein Sozialsystem, das unsere Beiträge vernichtet statt dass sie uns zugute kommen, fortbesteht? Ein Sozialsystem, das vielfältige Karrieremöglichkeiten für die Kinder der immer wieder gleichen Familien schafft, aber den Betroffenen eigene Gestaltungsmöglichkeiten verwehrt!

Wie die Zeit vergeht! Es ist nicht spannend, in einer verkrusteten Demokratie zu leben, aber etwas zu verändern, bei dem man Made im Speck sein darf, ist auch schwer! Seis drum, meine Jahre sind gezählt, ich werds schon irgendwie aushalten. Meine erwachsenen Kinder bedaure ich und bitte um Entschuldigung, dass ich sie in dieses graue Land gesetzt habe!

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

karlsand

freier Autor, Flaneur

Autor, der sich langsam wiederfindet

karlsand

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