Ilse Aigner hat sich kürzlich wieder einmal auf die Seite der Bauern geschlagen und in der Diskussion um das sogenannte Brokkoli-Patent festgestellt: „Die Schöpfung gehört allen Menschen.“ Das ist zwar schön, aber eine wenig hilfreiche Bemerkung, wenn eine Debatte wie die um die „Patente auf Leben“ an wachsender Verworrenheit krankt, weil sie zwischen Zukunftsängsten, Nebenaspekten und gefühligem Naturdenken flottiert.
Im Kern geht es doch vor allem um zwei Fragen, die leider allzu häufig an den Rand gedrängt werden. Die erste lautet: Was muss sich am europäischen Patentrecht ändern, damit Forschung – auch die industrielle – ihre biotechnologischen Entwicklungen schützen kann, ohne die berechtigte Furcht vor einer fortschreitenden Monopolisierung in der Agrarwirtschaft zu nähren? Und, noch wichtiger: Was muss sich in der Struktur des Europäischen Patentamts (EPA) selbst ändern, damit überhaupt eine unabhängige Bewertung möglich wird?
Die Kriterien „technisch neu“ oder „im wesentlichen biologisch“, anhand derer im Moment über die Erteilung von Patenten entschieden wird, entbehren jeder Trennschärfe, die für Neuerungen in einer zunehmend biotechnologisch geprägten Gesellschaft nötig wäre. Die Schwammigkeit ermöglicht neben der Willkür letztlich auch die absurde Patentierung lebendiger Produkte. Es bedarf deshalb eines klaren Kriterienkatalogs, der festlegt, was genau unter welchen Bedingungen an einem Zuchtverfahren überhaupt patentierbar sein sollte – und ob dazu auch die Suche nach genetischen Markern gehören kann, an der das Brokkoli-Patent hängt, oder ein Gentest wie im Fall des Schweine-Patents.
Lägen solche klaren Richtlinien schließlich noch Prüfern vor, deren Arbeitslohn sich eben nicht aus den Gebühren der Antragsteller speist, sondern aus unabhängiger Quelle, wäre schon viel gewonnen. Ein vom Steuerzahler finanziertes EPA könnte dann auch der offen artikulierten Haltung vieler Mitarbeiter des Amtes entgegenwirken, es sei nicht ihre Aufgabe, sich über die Folgen eines erteilten Patentes Gedanken zu machen. Sie stünden dann der Öffentlichkeit gegenüber in der Verantwortung.
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