TV-Aliens als geheime Wirklichkeit

Medientagebuch Die Serie "V" kehrt auf den Bildschirm zurück, diesmal auch im deutschen Fernsehen. Für den Briten David Icke ein Beweis, dass die Erde von Reptilien unterwandert ist

Im Mai 1983 begann der US-Fernsehsender NBC mit der Ausstrahlung der Serie V, die von der Landung von Außerirdischen auf der Erde erzählte. Diese Aliens gaben sich recht freundlich und nannten sich harmlos „Visitors“, Besucher. Hinter der schönen Fassade aus Menschenhaut lauerten allerdings hässliche Echsenkörper, die selbstredend nichts anderes im Sinn hatten als die Vernichtung der menschlichen Bevölkerung und die Übernahme der Weltherrschaft.

Ein paranoides Konstrukt, das nicht nur gut unterhielt, sondern wie so oft auch eine hysterische Epidemie in Gang setzte, die seither durch die Lande geistert. Im Jahr 1999 erschien das Buch The Biggest Secret des Briten David Icke, der bis dato als Fußballspieler, Sport­reporter und Mitglied der britischen Grünen auf sich aufmerksam gemacht hat. Und darin wird fast exakt dieselbe Geschichte erzählt – allerdings als Wahrheit, mit der Icke seither um die Welt reist, um uns Menschen vor der Gefahr der Unterwanderung durch ­ die Reptilien zu warnen, die schon jetzt alle wichtigen Positionen besetzen. Dass seine Story der Fernseh-Fiktion verblüffend ähnlich sieht, ficht Icke nicht an, im Gegenteil. Die Gleichung zwischen TV-Inhalten und angeblich vertuschten Wahrheiten kann gar nicht banal genug sein, als dass sie nicht aufginge: Auf seiner Website führt Icke V als Beweis seiner Thesen an, als hätte das Fernsehen nun endlich auch die Realität der ­Echsenmenschen entdeckt.

Bloß "eine Fernsehserie über Raumschiffe"

Und nun kehrt diese geheime Wirklichkeit erneut auf den Bildschirm zurück, seit Montag ist die Neuauflage auch im deutschen Fernsehen zu sehen, Pro Sieben zeigt die Serie, die Remake und Fortsetzung zugleich darstellt. Mit den einleitenden Fragen „Wo waren Sie während des Kennedy-Attentats?“ und „Wo waren Sie am 11. September?“ werden im Vorspann die beiden Ereignisse der amerikanischen Historie aufgerufen, die bislang wohl am meisten Verschwörungstheorien, auch in Deutschland, produziert haben (David Icke weiß natürlich, wer’s war). Mit der dritten Frage „Wo waren Sie heute Morgen?“ wird das Misstrauen schlau im ganz privaten Leben der Zuschauer implantiert – und eben darum geht es auch: Die FBI-Agentin Erica muss entdecken, dass ihr Sohn mit den Besuchern sympathisiert und ihr Partner zu einer Schläferzelle der Aliens gehört, denn „die Besucher sind nicht erst seit kurzem hier, sie sind bereits seit Jahren unter uns“ (siehe, klar, auch David Icke).

Zu dem Widerstandsgrüppchen namens „Fünfte Kolonne“, das sich langsam formiert, gehören neben Erica auch ein Pfarrer und ein desertierter Außerirdischer. Die Medien wiederum spielen erwartungsgemäß eine wenig rühmliche Rolle. Der Reporter Chad Decker wird von der Alien-Chefin Anna auserwählt, um sie zu interviewen, kritische Fragen sind allerdings verboten: „Sie wollen doch Ihre Karriere vorantreiben, oder?“ Dass das außerirdische Matriarchat auf der ganzen Welt kostenlose Heilzentren für die Erdenbewohner einrichtet, dürfte nicht der einzige Reflex auf die Regentschaft Barack Obamas sein. Allerdings ist die Kritik an V viel bunter, als man meinen möchte: Auch einige Ufologen protestierten, da sie die Serie als Produkt der Illuminaten begreifen, die damit die Wahrheit über das extraterrestrische Leben verschleiern. Jeffrey Bell, einer der V-Produzenten, versucht zwar brav, daran zu erinnern, dass es sich bloß um „eine Fernsehserie über Raumschiffe“ handelt. Er wird vermutlich nicht erhört werden.

Nächste Folge V am Montag, den 25. Juli, um 20.15 Uhr auf Pro Sieben

Katrin Schuster hat beide Bände von The Biggest Secret gelesen

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Katrin Schuster

Freie Autorin, u.a. beim Freitag (Literatur, TV, WWW)

Avatar

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden