30 tage ohne oben

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Der Chef ist weg, der Boss, der Köhler. In 29Tagen erst wird ein neuer Bundespräsident gewählt. Wie fühlt sich das an, so ganz ohne Staatsoberhaupt? Ein Tagebuch.

Schon morgens an der Haltestelle ist einiges anders. Dieses Zurücktreten, wenn die Bahn einfährt - sieht das nicht aus wie ein Statement? Wem falle ich wohl in den Rücken, jetzt, da mein Zug nun fast schon wieder abgefahren ist? Käsmann, Koch und Köhler - sind das die drei K des neuen Wertvorstellung?

Ich kaufe mir ein Stück Kuchen, besser: ich rette es vor dem Verfall. Das scheint das einzig Sinnvolle zu sein, was ich heute für mein Land tun kann. Krümeln, Kaufen, Konjunktur, denke ich, und kaufe noch ein K.

Die Kollegen suchen ihre Kaffeetassen, ich such einen neuen Kandidaten. Und bekomme einen Tipp: Georg Schramm. Der habe sichwahnsinnig gefreut, dass Köhler endlich zurückgetreten sei, sagt er dem Deutschlandfunk. Der Anlass sei ihm schon fast egal gewesen, das Amt des Bundespräsidenten ein symbolisches Amt, das nur von der Macht des gesprochenen Wortes lebe. "Und ausgerechnet Horst Köhler, ein Mann, der für jeden erkennbar genau darüber nicht verfügt, über die Kraft des gesprochenen Wortes, den macht man zum Bundespräsidenten." Da sagt er was! Worte! Ich beschließe, für heute den Mund zu halten, nicht dass ich noch in die engere Wahl ... Mir fehlt oft die Zeit für Neujahrsansprachen.


Andererseits: Jemand müsste mal ein Machtdochwaswort sprechen, damit ein Ruck durch diese Wolkendecke geht. Schon trübe, so ein Tag ohne Bundespräsident.


Der Himmel weint?


Franz Josef Wagner, verlassen Sie sofort meinen Kopf!


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Geschrieben von

kay.kloetzer

Kulturtante in Leipzig.

kay.kloetzer

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