30 tage ohne oben (29)

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Der Chef ist weg, der Boss, der Köhler. Morgen wird ein neuer Bundespräsidentenmensch gewählt. Wie fühlt er sich an, der Alltag so ohne richtiges Staatsoberhaupt? Ein Tagebuch.

Liebe Leserinnen und Leser, Userinnen und User, Bloger_innen, liebes Volk,

es ist an der Zeit an einen Buchstaben zu erinnern, der den Genossinnen und Genossen, Bürgerinnen und Bürgern der DDR vor allem als Autokennzeichen für Berlin bekannt war. Im Jahr der 750-Jahrfeier empfahl es sich, außerhalb der Hauptstadt einen Querbalken darüber zu kleben, um neidmotivierten Zerstörungswutanfällen vorzubeugen. Das I war zum T geworden, die Älteren werden sich erinnern.

Es begab sich aber zu der Zeit, dass auch andere Buchstaben des Alphabets den Zorn der Demonstrantinnen und Demonstranten auf sich zogen. Ein S war darunter, auch ein E, sogar vom D zu hören. In diesem Zusammenhang tauchte das I wieder auf, geschleppt von einem S, einem T, einem A und noch einem S. Aus heutiger Sicht muss der Eindruck entstehen, liebe Wählerinnen und Wähler, dass das S im System des Mangels im Überfluss Verwendung fand. Denken wir an Sowjetunion und Sozialismus, auch wenn es schwer fällt, liebe Leute.

Aber, liebe Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, zurück zum I. Es wurde, ich muss es so sagen, zu seinem Schaden in die Mangel genommen. In den 80er Jahren mussten die SetzerInnen der tageszeitung immer häufiger die rasch verbrauchten großen Lettern von anderen Arbeiterinnen und Arbeitern borgen, es waren wohl die linken.

Heute wissen wir natürlich, liebe Konsumentinnen und Konsumenten, dass es BinnenVersalien nur in der Werbung geben darf. Doch denken wir besonders in diesem Moment an unsere lieben Kolleginnen und Kollegen, die eine Wahl zu treffen haben, in der das I noch großgeschrieben wird, in der es um eine Instanz mit der Aufgabe der Integration geht, um die politische Kultur unseres Landes, wenn man so will. Zwei gekreuzte I sind ein X. Geben Sie es nicht aus der Hand.

Ich danke hnen für hre Aufmerksamkeit.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

kay.kloetzer

Kulturtante in Leipzig.

kay.kloetzer

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