Teilen ist gut

Facebook Die Filmfigur Mark Zuckerberg aus "The Social Network" ist anders als der ölig frisierte Finanzhai Gordon Gekko aus "Wall Street" - denn das Web 2.0 ist kein Finanzmarkt

Mark Zuckerberg ist nicht der neue Gordon Gekko. 1987 stand die Filmfigur Gekko, gespielt von Michael Douglas, im Zentrum von Oliver Stones Wall Street. Gekko, ein ruchloser Finanzhai, der Unternehmen kauft, um aus ihrer Zerschlagung Profit zu ziehen, sprach im Film davon, dass Gier gut sei. Am Ende ging er – ein Moment der Erlösung – ins Gefängnis. Aber das Erstaunliche ist: Gordon Gekkos Beispiel schreckte nicht ab. Es befeuerte. Gekko wurde eine popkulturell überhöhte Vorbildfigur für Börsenjongleure.

Regisseur Stone sagte vor kurzem: „Der Film ließ eine Kultur des dummen Geldes, schneller Kredite und des Konsumismus gedeihen.“ So sei „die Kultur der Reagan-Ära“ gewesen. „Der Film war eine Reflexion der Achtzigerjahre.“

23 Jahre später hat der Nerd, den Facebook-Chef Mark Zuckerberg idealtypisch verkörpert, indem er T-Shirts trägt, auf denen „Code Monkey“ („Programmieräffchen“) steht, den Zigarre rauchenden, ölig frisierten Hosenträgerträger Gekko als Projektionsfläche abgelöst. Nicht der neue Oliver-Stone-Film Wall Street 2 mit dem frisch aus dem Gefängnis entlassenen Gekko wird in diesen Tagen als Reflexion über die Nullerjahre besprochen, sondern ein anderes Wirtschaftsdrama, The Social Network, der von der Facebook-Entstehung handelt. In David Finchers Film, der auf dem unautorisierten Buch „The Accidental Billionaires“ von Ben Mezrich beruht, werden dem Film-Zuckerberg, der seinen besten Freund ausbootet, um alleine ein Imperium aufzubauen, soziopathische Züge zugeschrieben.

Der Hedgefonds-Manager Peter Thiel, der mit sieben Prozent an Facebook beteiligt ist, spricht nun davon, dass The Social Network für den Unternehmernachwuchs das werden könne, was Wall Street für Hedgefonds-Leute der Achtziger- und Neunzigerjahre war – eine Anregung. Muss man in Panik geraten?

Tatsächlich mögen die Filmfiguren Gekko und Zuckerberg (der in ersten Rezensionen allerdings als ambivalente Gestalt beschrieben wird) beide getrieben sein von Gier. Tatsächlich lassen sich Finanzmärkte und Web 2.0 hinsichtlich des Herdentriebs und der mangelnden rationalen Steuerbarkeit vielleicht vergleichen. Und doch gibt es einen entscheidenden Unterschied, der dem Vergleich, den Thiel in den Raum stellt, die Luft ablässt: Wall Street handelt nicht davon, dass Gordon Gekko ein Drecksack ist, jedenfalls ist das nicht entscheidend. Gekko galt manchem Börsenjongleur seiner Zeit wohl eher deshalb als Rollenmodell, weil er ein Drecksack ist, der in einem über ihn hinausweisenden System der Gier nur als Drecksack so gut funktioniert.

The Social Network dagegen mag ein Film über menschliche Abgründe, über soziale Inkompetenz und Kälte sein. Aber die Idee, für die Mark Zuckerberg eigentlich steht, wird davon nicht befeuert: Die Idee hinter dem Web 2.0 ist, auch wenn Netzusern immer wieder Egomanie und ein ungesunder Selbstvermarktungstrieb zugeschrieben wird, nicht Gier, sondern das Teilen: Teilen ist gut.

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