Kauft und fresst gegen den Exportüberschuss!

Zu wenig Konsum? Die Kanzlerin hat den Handelspartnern versprochen, den Exportüberschuss abzubauen. Dazu soll der deutsche Binnenumsatz gesteigert werden. Wir müssen mehr konsumieren!

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Wieder mal haben unsere Handelspartner versucht, die Kanzlerin in die Zange zu nehmen. Donald Trump ist angefressen, weil die Importe aus der EU, vor allem aus Deutschland, von Monat zu Monat steigen, und er droht mit Handelskrieg. Diese Drohkulisse nimmt Macron zum Anlass, in das gleiche Horn zu stoßen, auch ihm ist die deutsche Stärke ein Dorn im Auge, nur sagen darf er das nicht so unverhohlen. Deshalb schiebt er Sorge um den Welthandelsfrieden vor, und, wie ein Schulkind, das verspricht, nun endlich seine Hausaufgaben zu machen, bekundet Angela Merkel wieder mal ihren guten Willen, den Exportüberschuss abzubauen.

Natürlich ist das ein billiges Ritual, von dem nur die Beteiligten annehmen, dass der Andere es nicht durchschaut. Dennoch: allein die Zusicherung, man werde "versuchen, zu Hause mehr zu konsumieren, um die Kritik zu mildern" (OT Tagesschau) sollte uns wütend machen. Wie wäre es denn mit WENIGER? Weniger Exporte würden das Außenhandelsdefizit nämlich auch verringern, und zwar auf einem Weg, der zukunftsfähig ist: ressourcensparend, umweltschonend, Gutes Leben fördernd.

Aber nicht doch, die Kanzlerin belehrt uns eines Besseren: "Wenn der Binnenkonsum angeregt ist, haben wir natürlich auch mehr Anreize für Importe, von denen dann auch wieder andere Länder profitieren können." - Also gib dir Mühe: kauf wieder mal einen Sack Wegwerfklamotten. Gönn dir die Harley, von der du seit den Sechzigern träumst. Bestell dir argentinische Steaks und südafrikanischen Wein, dazu Mineralwasser aus der Arktis, damit das alles auch Stil bekommt. Ein schlechtes Gewissen brauchst du deswegen nicht zu haben, du verhinderst damit den drohenden Handelskrieg.

Nein, es hätte dieser erneuten Offenbarung des Wachstumsdogmas nicht bedurft. Aber seien wir Frau Merkel dankbar für die wunderbare Illustration des Zwecks modernen Konsums: dass es nicht um die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse geht, sondern darum, dass immer mehr produziert werden kann.

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Geschrieben von

Klaus Fürst

Es ist die unüberwindliche Irrationalität, die dem Menschen den Ausgang aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit versperrt.

Klaus Fürst

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