Vom Menschen und Entkopplung

Menschwesen Mär von Eigenschaft des Homo sapiens sapiens

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Wenn eine Bahn kontrolliert sein will, ist das Entkoppeln essentiell.

Herrschaft über Kasten und vertikales Abwirtschaften stellt da keine Ausnahme dar.

Abkopplung in der Wahrnehmung (als auch des Verstandes und von der Natur, was an dieser Stelle keine nähere Berücksichtigung findet) ist unerläßlich, um soziale und örtliche Umgebung auszubeuten und zugleich Trugbild einer Legitimation respektive Nichtigkeit von Übervorteilung zu wahren.

Zu solcher Entkopplung gehört zuvorderst die Entfremdung vom Selbst. Im hier angeführten Zusammenhang jene von der Gattung Mensch.

Ein bezeichnender Sockel der Selbstwahrnehmung ist anthropologischer Art, doch im Diskurs unserer Zeit zugleich entstellt und ausgeblendet.

Statt seiner herrscht Selbstverständnis von einer „Natur des Menschen“ vor, wie es Kleriker und deren Obrigkeitsklientel ausgeformt haben. Seit Jahrtausenden gepflegte Vorstellung vom Menschen als selbstsüchtig-tumber Spezies.

Darstellung, die es der Unmenschlichkeit erlaubt, sich als determiniert (und den Status quo als optimal) auszukleiden.

Im Gemeingeist dermaßen verankert ist die Entstellung menschlicher Eigenschaft und Sozialität, daß kaum ein Hinweis auf Anthropologie, Verhaltenswissenschaft und Psyche etwas zu bewirken vermochte und vermag.

Im Sinne solch Anhaltspunktes gab es gestern eine Meldung vom bereits im Babyalter selbstlosen Menschen.

https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/erziehung-schon-babys-koennen-sich-selbstlos-verhalten-a-011fcb06-4255-4e88-aa01-c2ba953a02cf

Sozusagen wundersame Fügung, die der Faktenresistenz zum Menschsein eine Delle im Fundament einbringen kann und sollte. Denn von da aus, stellt sich erhellende Erkenntnis zu als obligat gehandelter Dissozialität ein.

Analog eine annähernde Vorstellung davon, welch psychische, soziologische und gesellschaftliche Zustände artgerecht und selbstverständlich wären.

Zugleich mit gestern erfolgter Kunde (, um welche einzigartiges Genie wie das Wilhelm Reichs schon lange zuvor wußte), kommt -von Seiten eines der Autoren benannter Studie- ironischer Weise jene der etablierten, kognitiven Entkopplung einher.

Der Mann sagt: „Wenn wir herausfinden, wie wir selbstloses Verhalten bei unseren Kindern fördern, könnte uns das einer hilfsbereiten Gesellschaft näherbringen.“

Das ist, wie wenn ein Ernährungswissenschaftler meinte, man möge Eisenmangel mit Spinat ausgleichen / ein Humanmediziner Antibiotika gegen Viren, oder Rollkuren gegen Gastritis verschreibt.

Inwiefern?

Der Studienautor, dessen Team Selbstlosigkeit bei Babies „entdeckt“ hat, versteht nicht, daß der Mensch in Millionen Jahren gereifter Soziologie mit genetischer Anlage zu Hilfsbereitschaft und Kooperation ausgestattet ist. Einer Anlage, die sich erst seit anthropologischem Wimpernschlag weniger Jahrtausende verlaufener Zivilisationen minder bis nicht entfalten kann.

Daß also sein Studienobjekt als menschliches geboren wird, und im Grunde kaum „Förderung“ zu Empathie und Kooperation bedarf.

Indes in unseren entstellten Zivilisationen der Ausbeutung, Autokratie und Klassengesellschaft aussteht, derangierte Kultur (^nicht „Natur“ ^) des Taktierens und kurzsichtigen Eigennutzes in Betracht und Angriff zu nehmen, auf daß sie den Heranwachsenden nicht von dessen angeborener Charakteristik abbringt und zum seelischen und sozialen Monolithen / Ausbeuter oder Sklaven macht.

Statt sich also über Menschlichkeit bereits des Kleinkindes zu wundern, wäre es spätestens für moderne Wissenschaftler an der Zeit, zur Erkenntnis sozial und human ausgearteter Kultur zu gelangen und zu erfassen, daß dem Menschen in seiner Entstehungsgeschichte ein grundlegend anderes Gemeinsein gewachsen ist.

Eines, das in seiner patenten Nützlichkeit –wie ja auch endlich im Artikel erwähnt- auch schon anderen Spezies zu eigen ist, und sich in seiner Absenz ja schon benachbarter Fakultät als kompensierende Massenpsychose erschlossen hat.

Sich im Topfschlagen des Studienautors manifestierende Entkopplung indiziert schließlich eines der Werkzeuge inhumaner Kultur und Wirtschaftsweise: Nicht systemisch sondern isolierend vermittelndes Schul- und Informationswesen. Didaktik, die rückwärtigem Aufzäumen und eklatantestem Widersinn Weg bereitet. Abrichtung, die blinde Fachidiotie hervorbringt, der bis hin zu hoher Fachkompetenz bei gleichzeitigem Unvermögen zu allgemeiner Analyse, Assoziation und Zusammenhang zu eigen ist.

Geister, die beispielsweise wähnen, mit einer Wandlung von Feldfrucht in Treibstoff Genialität an den Tag gelegt zu haben; unterdessen nicht einmal überschauend, wie ihre Erfindung knappe Biomasse verbrennt und Nahrungsressource vernichtet.

Sprichwörtliche Idiotie in Reinform, wie sie uns umgibt.

Und nebenher könnte auch ein Verhaltenswissenschaftler um den Unterschied zwischen Moral und Ethik wissen.

Zitat: „Selbstlosigkeit ist eine entscheidende menschliche Eigenschaft und ein wichtiger Teil des moralischen Gefüges unserer Gesellschaft.“

Mehr noch, und signifikanter als des moralischen, sind Empathie, Solidarität und Gleichwertigkeit, Grundstock ethischen Belanges.

Und wo Ethik ist folgt ihr die Moral, was sich umgekehrt kaum so sagen läßt.

Als eben Verhältnisse, die man nicht erst unter systemischer Didaktik, sondern schon bei ganzheitlich geprägtem Verstand erkennen kann.

Einem, wie ihn selbstlos weiter aufgewachsenes Baby als später assoziierender und abstrahierender Schüler aufwiese, ohne, daß dressiertes Lehrpersonal ihm eine Benotung als „Thema verfehlt“ eintrüge.

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Geschrieben von

Knossos

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