Polleschs "Dark Star"

Theater-Kritik Die allerletzte Premiere an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz schickt Trystan Pütter, Milan Peschel und Martin Wuttke in den Weltraum.

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Die Schauspieler reden sich über Facebook, Google und den kalifornischen Kolonisierungs-Traum in Rage, feuern einen kurzen Seitenhieb gegen Donald Trump ab oder kalauern einfach nur über einen Hund namens „Deine Katze“. Als roter Faden dienen Motive aus John Carpenters Film „Dark Star“ (1974), einem Low-Budget-Kultfilm, der das Science Fiction-Genre parodiert.

Zu selten springt der Funke über, in der ersten Stunde versanden zu viele Dialoge im Nichts. Man könnte diesen Abend als eine Pollesch-Arbeit abhaken, die mit fast zwei Stunden nicht nur länger, sondern leider auch zäher als seine besten Inszenierungen geraten ist.

„Dark Star“ wird dennoch in Erinnerung bleiben: In der stärkeren zweiten Hälfte des Abends setzt Milan Peschel immer wieder zur selben Frage an: „Wo geht ihr jetzt hin?“ Die drei Amigos geistern nicht nur wie die Filmfiguren orientierungslos durchs All, sondern werden auch ihr Mutterschiff, die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, verlieren. Pollesch ist seit seinem Durchbruch zur Jahrtausendwende im Prater zwar längst ein im ganzen deutschsprachigen Raum zwischen Hamburg, Zürich und Wien ein sehr gefragter, vielbeschäftigter Regisseur. Wie Ulrich Khuon vor kurzem in einem Interview ankündigte, wird er in Berlin am Deutschen Theater inszenieren: einem Haus mit ganz anderer Tradition, das bisher völlig andere Publikumsschichten anspricht. Bei der Premieren-Vorschau des DT für die Spielzeit 2017/18 sicht man Pollesch noch vergeblich.

Wie schon in den ersten beiden Teilen ihrer Volksbühnen-Diskurs-Serie im Herbst 2016 beklagen die Starschauspieler in dieser nun wirklich allerletzten Premiere der Intendanz von Frank Castorf eine künstlerische Heimat verloren geht, die ihnen Freiräume für anarchische Experimente bot wie sie sonst kaum noch zu finden sind, sondern am Rosa-Luxemburg-Platz ausdrücklich programmatisch gewünscht sind. Wuttke antwortet auf Peschels Frage „Wo geht ihr jetzt hin?“ mit einem trotzig-melancholischen „Es gibt kein Danach.“ Wenn das kein berechtigter Grund zur Nostalgie ist…

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