"Die rote Spinne" -im Netz der dunklen Seele

filmPOLSKA Filmkritik: In "Die rote Spinne" kommt der junge Karol einem gesuchten Serienmörder auf die Schliche. Schnell entdeckt er auch in sich selbst die dunkle Seite.

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Krakau im Winter 1967. Am Rande eines Jahrmarkts entdeckt der junge Turmspringer Karol eine Kinderleiche. Die typischen Einschläge am Kopf deuten auf den Serienmörder hin, der die Stadt schon seit längerer Zeit in Atem hält: „Die rote Spinne“. Karol beschließt, auf eigene Faust zu recherchieren und kommt seinem Ziel bald gefährlich nahe. Wie es dem jungen Mann gelingen konnte, den Mörder, der als Tierarzt arbeitet, ausfindig zu machen, während die Polizei nach dutzenden Morden noch immer keine Anhaltspunkte zu haben scheint, bleibt offen. Es ist nur eine von vielen Ungereimtheiten, die das Spielfilmdebut des Regisseurs Marcin Koszałka begleiten.

Einen Serienmörder, der Polen in den 60er Jahren in Atem hielt, gab es wirklich. Als „Vampir von Kraków“ trieb er damals sein Unwesen. Die zweite Figur, die dem Mörder auf die Schliche kommt, entspringt Koszałkas Fantasie.

Akribisch klebt Karol Zeitungsberichte über die Morde in ein Album, denn auch in ihm schlummert eine dunkle Seite. Nachdem er den Mörder längere Zeit verfolgt hat, vergiftet er sogar seinen eigenen Hund, um Kontakt zu dem Tierarzt aufzunehmen. Es dauert es nicht lange, bis sich die beiden Männer durchschaut haben. Es entsteht eine seltsame Lehrer-Schüler Beziehung. Besonders folgsam ist Karol allerdings nicht.

Koszałka ist vor allem für seine Dokumentarfilme bekannt. Auch in „Die rote Spinne“ führt er selbst die Kamera. Der geübte Blick des Beobachters kann aber nur teilweise das nicht eingelöste Versprechen der Story wieder wett machen. Ein Psychogramm eines Mannes soll es sein, der eine Faszination für einen Serienmörder entwickelt. Tatsächlich auch einen eigenen Mord zu begehen, gelingt Karol nicht - der einzige Hinweis darauf, dass es eine Zerrissenheit in ihm geben mag. Den Ruhm und die Aufmerksamkeit wünscht er sich trotzdem. Schließlich behauptet er bei der Polizei, selbst die rote Spinne zu sein. Da er durch den eigentlichen Mörder Insiderwissen über die Morde verfügt, glaubt man ihm.

Bewusst zieht Karol seine Lüge durch, keine Spur von Zweifel oder Selbstreflektion. Tatsächlich wird sein Charakter dadurch uninteressanter, als er hätte sein können. Moralische Fragen werden nicht gestellt, Spannung kommt eigentlich nie auf. Darum geht es auch nicht, könnte man jetzt behaupten, konzentriert wird sich stattdessen auf die seltsame Beziehung der beiden Männer zueinander und zu ihrer Umwelt. Leider scheitert auch diese Darstellung, da die Handlungen der Figuren nicht wirklich nachvollziehbar sind. Teilweise wird noch versucht zu erklären: die Kommunikation zu seinen Eltern, mit denen Karol noch zusammen lebt, scheint gestört zu sein: eine wortkarge Mutter und ein ehrgeiziger, kalter Vater bilden weitere Rahmenfiguren der Handlung, deren Hintergründe jedoch nicht weiter beleuchtet werden. So bleibt das Gefühl einer verpassten Chance, vor allem bei der Charakterentwicklung.

Termine:

Die rote Spinne: 27.4., 21:00 Uhr, ACUDKino

Dieser Beitrag entstand im Rahmen des 3. deutsch-polnischen Programms für junge Filmkritiker/innen und –journalist/innen der 11. Ausgabe von filmPOLSKA.

Text: Lea Inselmann

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