Die Erfindung von Arbeit

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Die Arbeitsgesellschaft entwickelt eine erstaunliche Kreativität zu ihrer Selbsterhaltung. Immer wieder werden Tätigkeiten gefunden, die noch den Marktmechanismen unterworfen werden können. Pizza-Bring-Dienste oder Imbisse ersetzen Teile der Hausarbeit, die unbestritten eine lebensnotwendige Tätigkeit und damit Arbeit ist. Das Gleiche könnte man allerdings auch über das Arschabwischen sagen, unklar bleibt dabei aber, warum das unbedingt marktförmig organisiert werden muß, schließlich geht es auch ganz gut anders. Andere Tätigkeiten sind überhaupt erst durch die Dezentralisierung der Produktion und die Globalisierung der Wirtschaft in dem Ausmaß, in dem wir sie heute sehen, entstanden. Ständig müssen irgendwelche Produkte, die dazu noch so schlecht sind, daß sie ständig neu hergestellt werden müssen, durch die Welt kutschiert werden. Deshalb gibt es Kurierdienste und müssen immer wieder neue Straßen, Flughäfen und dergleichen gebaut und erneuert werden.
Besonders originelle Ideen kommen wie immer aus dem Lager der staatstragenden Linken. Jetzt wollen sie den Arbeitsbegriff erweitern. Dazu soll ein sogenannter dritter Sektor unabhängig vom Markt etabliert werden. Bisher ehrenamtliche Tätigkeiten im kulturellen oder sozialen Bereich sollen zu Arbeit "befördert" und als solche dann auch bezahlt werden. Es ist natürlich nichts dagegen einzuwenden, daß Menschen, die sich freiwillig engagieren, auch Geld bekommen. Leider ist zu befürchten, daß diejenigen, die das nicht tun, dann nichts mehr kriegen und so aus ehrenamtlichen Tätigkeiten eine Verpflichtung wird.
Die einfallsreichen Versuche, neue Arbeit zu erfinden, können nicht darüber hinwegtäuschen, daß dieser Arbeitsgesellschaft die Arbeit, im Sinne von notwendiger oder erweitert von nützlicher Tätigkeit, schon jetzt weitgehend ausgegangen ist. Die Kontrolle über die Produktion von Reichtum hängt aber ab von der Kontrolle über die menschliche Arbeit. Es ist nicht zu erwarten, daß diejenigen, die diese Kontrolle derzeit ausüben, freiwillig auf die damit verbundenen Privilegien verzichten. Deshalb wird es eine von Arbeit befreite Gesellschaft ohne eine Überwindung des derzeitigen politischen und ökonomischen Systems nicht geben.

Sören Jansen bei den "Glücklichen Arbeitslosen"

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Geschrieben von

lebowski

Ein Leben zwischen Faulenzerei und Leiharbeit.

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