Richard Starks Parker: Way of the gangster

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Sie sind jetzt arbeitslos! Die Gesellschaft oder Wirtschaft hat sie vom beruflichen Hamsterlaufrad oder der muffigen Amtsstube rüber auf das Abstellgleis der Arbeitslosigkeit geschoben. Sie sind jetzt nicht mehr ein Teil des Ganzen, sie gehören nicht mehr dazu.

Statt Konsum gibts jetzt jede Menge Freizeit. Die müssen Sie nutzen. Man könnte ja mal ein Buch lesen. Aber welche Literatur kann man dem selbstbewussten Arbeitslosen von heute empfehlen.

Eine Möglichkeit ist natürlich, sich auf den Bestsellerlisten umzuschauen. Sie finden bestimmt hunderte Bücher, in denen die Autoren Ihr hartes Schicksal bedauern und die darüber nachdenken, wie man den globalisierten Kapitalismus wieder in eine kuschelige soziale Marktwirtschaft zurückverwandeln kann. So wie früher im rheinischen Kapitalismus als der Chef noch der Patriarch war und seine Angestellten wie Kinder behandelte, solange die nicht auf die Idee kamen, einen Betriebsrat zu gründen.

Aber man könnte die Sache auch anders angehen. Lesen sie doch mal Tom Hodgkinsons "Anleitung zum Müßiggang". Hodgkinson zeigt Ihnen, wie schön Müßiggang und Faulheit sein können. Oder war das Leben so schön, als Sie früher um sechs aufstehen durften und Ihrem Chef acht Stunden am Tag beweisen mussten, dass Sie das klägliche Gehalt, das er Ihnen zahlte, auch wert sind?

Für den philosophischen Unterbau für Ihr neues Leben als Arbeitsloser und Nichtsnutz kann ich natürlich Paul Lafargues "Recht auf Faulheit" empfehlen. Auch die chinesische, taoistische Philsophie bietet für den gepflegten Tagedieb von heute einige Anregungen, z.B. Dschuang Tchis " Wahres Buch vom westlichen Blütenland". In neuerer Zeit hat der Philosoph Eberhard Straub mit seinem Werk "Vom Nichtstun" einen kleinen historischen Abriss über die Arbeit in der kapitalistischen Gesellschaft gebracht, der sie prima mit argumentativer Munition für Diskussionen mit Leistungsträgern versorgen kann.

Aber welche Krimis soll der Arbeitslose von heute lesen? Der good guy, der die Bösen umnietet und den Tag rettet, fällt natürlich flach, da er für die Gesellschaft kämpft, die Ihnen schon den Stinkefinger gezeigt hat. Sie müssen sich also an die bösen Buben halten. Die amoralischen Helden wie in den alten Italo-Western. Hier ist Richard Starks Parker die erste Wahl. Ein Zen-Meister unter den Gangstern.

Parker ist freischaffender Krimineller. Einen Vornamen hat er nicht und so wie Richard Stark ihn in lakonischen Sätzen beschreibt, kann man sich auch nicht vorstellen, dass er enge Freundschaften mit guten Kumpels pflegt.

Parker plant immer irgendwelche Coups, die er dann mit Verbrecherkollegen, die Spezialisten auf bestimmten Gebieten sind, durchführt. Ob es um das Ausrauben von Pferderennbahnen, Casinoschiffen, DotCom-Millionären geht, Parker ist für Planung, Logistik, Ausführung und der Beseitigung von Problemen zuständig. Und gerade Probleme tauchen immer wieder in Form von Trittbrettfahrern, Polizei, dilettantischen oder betrügerischen Kollegen, blöden Zufällen oder konkurrierenden Mobstern auf. Parker ist bei der Beseitigung dieser Probleme nicht zimperlich. Die Frage, ob er ein Problem am Leben lässt, ist für ihn immer eine rationale nie eine moralische Frage. Aber Tote bedeuten nun mal Ärger, sei es mit der Polizei oder mit rachsüchtigen Freunden des Opfers. Und so wird Parker im Bemühen um die Minimierung der Kollateralschäden fast immer unfreiwillig zum good guy, der die armenTeufel am Leben lässt und sich nur die dicken Fische vornimmt. Ein moderner Gangster-Robin-Hood.

Hier noch mein Lieblingszitat. Parker mischt eine Firma auf, die mit allerhand krummen Geschäften ihr Geld verdient. Einer Firmen-Gangster heißt Meany und Parker hat einen seiner Mitarbeiter umgebracht:

"Sie haben einen Aktivposten vernichtet", sagte Meany

Parker nickte: " Wie viele Aktivposten wollen Sie noch verlieren, bevor Sie anfangen, sich um Ihre eigenen Dinge zu kümmern?" sagte er.

Meany konnte es nicht fassen: "Sie drohen uns?"

"Ich habe nichts gegen sie persönlich", sagte Parker, "es sei denn, Sie kommen mir in die Quere. Dann tauche ich hier auf, und Sie fangen an, Aktivposten zu verlieren."

So geht BWL-Neusprech im Gangster-Milieu.

Richard Stark schreibt so gut, dass man für einige Stunden selber zum Gangster wird. Also: lesen Sie Parker-Romane!

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

lebowski

Ein Leben zwischen Faulenzerei und Leiharbeit.

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