Was ist nur (schon wieder) mit Oskar los?

Populismus Oskar Lafontaine und seine saarländische Fraktion fallen der R2G-Regierung von Rechts in den Rücken. Ein weiteres Beispiel für einen schändlichen, linken Populismus.

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Am 23. August 2016 erklärte Astrid Schramm, Landesvorsitzende der LINKEN im Saarland und Abgeordnete im Landtag, in einer kurzen Pressemeldung: "Auch die saarländische LINKE hält den Vorschlag von Ramelow für nicht durchdacht, da die unkoordinierte Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin die Aufgaben und Finanzierung der Integration überwiegend Ländern und Gemeinden zuweist." Anlass hierfür war eine Kritik des saarländischen CDU-Generalsekretärs Roland Theis am Vorschlag des Thüringer Ministerpräsidenten und Genossen Bodo Ramelow, illegal in Deutschland lebender Geflüchtete zu legalisieren und zu integrieren. Die CDU Saar "sei mit ihrer Kritik aber unglaubwürdig, da sie mit der Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer an der Spitze die europäisch nicht abgestimmte und sozial nicht begleitete Politik der Kanzlerin auch dann noch vorbehaltlos unterstützt hat, als nicht nur in der CSU, sondern auch in der gesamten CDU Vorbehalte geäußert wurden."
"Im Gegensatz zur CDU Saar hat DIE LINKE im Saarland durch Oskar Lafontaine von Beginn an auf eine Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung gedrängt und eine europäische Lösung der Flüchtlingsproblematik gefordert. Die CDU Saar ist aufgefordert, ihre eigenen Versäumnisse aufzuarbeiten.", legte Schramm zum Abschluss nach und damit war es ihr eindeutig gelungen, nicht nur dem eigenen Genossen in den Rücken zu fallen, sondern die Kritik der CDU auch noch deutlich von Rechts zu überholen.
Die Verwendung fremdenfeindlicher Rhetorik (und Praxis) ist schon lange Teil des politischen Kalküls Oskar Lafontaines. Als Vorsitzender der SPD war er maßgeblich für die Petersberger Wende der Partei zuständig, die zum s.g. "Asylkompromiss" 1992 - einer massiven Einschränkung des Grundrechts auf Asyl, die Einführung von sicheren Herkunfts- und Drittstaaten, die Flughafenregelung, etc. - sowie zur sozialdemokratischen Zustimmung zu Militäreinsätzen führte. Damit setzte er die (Asyl-) Politik, die er schon als saarländischer Ministerpräsident durch den Apparat boxte fort. Im Juni 2005 erklärte er auf einer Kundgebung im sächsischen Chemnitz man sei „verpflichtet zu verhindern, dass Familienväter und Frauen arbeitslos werden, weil Fremdarbeiter zu niedrigen Löhnen ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen", um Wähler*innen aus rechten Milieus für die Linkspartei, damals noch ein Wahlbündnis aus PDS und WASG, zu gewinnen. Eine besonders eindeutiges Geschehnis in einer langen Liste populistischer Entgleisungen.
Reue zeigte Lafontaine dafür bis heute nicht, ganz im Gegenteil legte er in den folgenden Jahren noch nach und verschärfte seinen rassistischen Duktus stets, z.B. erklärte er sinngemäß zu viele Flüchtlinge seien die Ursache für den aktuellen Rassismus in Deutschland. Er verkehrt Ursache und Wirkung.
Bis heute zeigt er keine Reue für seine vergangene Politik und die Teilhabe am "zu Klump schießen" des Grundrechts auf Asyl. Nein, er forderte oftmals, auch als Mitglied der WASG und später der LINKEN weitere Verschärfungen des Asylrechts, sowie eine Begrenzung des Zuzugs von Geflüchteten. Die Politik der Bundesregierung - für die es viele gute Gründe gibt, sie von links zu kritisieren - fanden er und sein Lager stets Worte, die ebenso von einem Alexander Gauland hätten stammen können.
Von vielen Partei-Anhänger*innen wird er als eine Art Ersatzheiliger angesehen, den man wegen seiner sonstigen Leistungen nicht kritisieren dürfe und gilt bis heute als eine unersetzbare Galionsfigur einer Partei, deren politisches Grundsatzprogramm er nur in Teilen zu kennen scheint. Den entsprechenden Absatz zur Asylpolitik scheint er jedenfalls überlesen zu haben: "Menschen die vor [...] Verfolgung geflohen sind, dürfen nicht abgewiesen oder abgeschoben. Wir fordern die Wiederherstellung des Grundrechts auf Asyl und kämpfen gegen die Illegalisierung von Flüchtlingen, gegen Abschiebungen, gegen jede Form von Sondergesetzen [...]. Die Abschottungspolitik der EU ist unmenschlich - wir wollen keine Festung Europa. DIE LINKE. richtet ihre Flüchtlingspolitik nach Humanität und Menschenrechten, so dass der Schutz von Menschen in Not im Vordergrund steht und nicht ordnungspolitische oder ökonomische Überlegungen."
Man kann sich an dieser Stelle darum streiten, ob man die von Lafontaine und Co. getätigten Aussagen nun für "AfD-light" oder "SPD der 90er" befinden mag, in irgendeiner Weise links sind sie überhaupt nicht. Sie sind Teil eines gefährlichen Kalküls, man könnte rechts eingestellte Wähler*innen an sich binden, in dem man sie direkt anspricht. Das rechte Wähler*innen niemals eine linke Partei wählen werden, nur weil diese sich rechts gibt sollte inzwischen bewiesen sein. Das es in diesem Fall auch linke Wähler*innen nicht mehr tun werden, ebenso.
Ein solcher Populismus mag sich für andere auszahlen, für DIE LINKE. bedeutet es langfristig den Untergang einer dringend notwendigen Politik, die eine solidarische und gerechte Zukunft für alle Menschen im Blick hat - nicht nur im Morgen, sondern auch im Übermorgen - also eine demokratisch-sozialistische Transformation der Gesellschaft. DIE LINKE. als moderne-sozialistische Partei muss diesen schändlichen Populismus und ihre Vertreter*innen von sich stoßen, wenn sie ihrem Anspruch nachhaltige, solidarische Politik machen zu wollen, gerecht werden will. Dabei rede ich nicht von Parteiausschlüssen, sondern von einer tiefgreifenden Auseinandersetzung mit der Thematik an sich.
Vielleicht muss man sich an dieser Stelle, auch als Linke*r, die Worte des verstorbenen Bundespräsidenten Walter Scheel verinnerlichen: "Es kann nicht die Aufgabe eines Politikers sein, die öffentliche Meinung abzuklopfen und dann das Populäre zu tun. Aufgabe eines Politikers ist es, das Richtige zu tun und es populär zu machen."

Nachtrag: Wer denkt Lafontaine und seine Linksfraktion im Saarland wäre in anderen Themenbereichen besser aufgestellt, der irrt und hat offensichtlich folgende Pressemeldung zum Thema Videoüberwachung verpasst:

Zur Ankündigung des Neunkircher Oberbürgermeisters Fried (SPD), Schulhöfe mit Videokameras zu bestücken, erklärt die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Saarländischen Landtag Birgit Huonker: "Es ist ja durchaus nachvollziehbar, wenn darüber nachgedacht wird, zur Terrorabwehr eine Videoüberwachung öffentlicher Plätze und Bahnhöfe einzurichten. Aber Kinder und Jugendliche auf Schulhöfen zu überwachen und damit alle unter einen Generalverdacht zu stellen, ist wirklich übertrieben. Zielführender wäre es, mehr Lehrer, Psychologen und Schulsozialarbeiter einzustellen. Die SPD, die die Schuldenbremse mit durchgebracht hat, muss umdenken und durch eine gerechte Besteuerung von Millionen-Einkommen, -Vermögen und –Erbschaften dafür Sorge tragen, dass öffentliche Aufgaben auch erfüllt werden können.
Generell ist der Bundesverband DIE LINKE. aus guten Gründen gegen Videoüberwachung, und das nicht nur in den Zeiten in denen ein Berliner Law & Order-Innensenator "mehr Videotechnik" fordert, denn eine Videoüberwachung stellt einen bedeutenden Eingriff in verfassungsmäßige Rechte der Überwachten dar, die prinzipiell im öffentlichen Raum tun und lassen dürfen, was sie wollen, ohne dabei permanent der Beobachtung einer staatlichen oder sonstigen Einrichtung ausgeliefert zu sein. Die Installation von Videokameras bedeutet einen gravierender Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und das Grundrecht auf Datenschutz und informelle Selbstbestimmung derjenigen, die gefilmt werden. "Videoüberwachung ist nur dann zulässig, wenn sie der Wahrung eines berechtigten Interesses dient, und auch nur dann, wenn dies auf andere Art und Weise nicht erreicht werden kann.", entschied das Bundesverfassungsgericht.
Eine linke Fraktion / Partei sollte einen klaren Standpunkt zu dieser Frage haben, und es nicht perse für "nachvollziehbar" halten, wenn Grundrechte beschnitten werden sollten. Das ist nicht nur bei Kindern und Jugendlichen übertrieben, sondern im Allgemeinen nicht in Ordnung und kann mEn. nicht im Ernst eine linke Position sein.
Abgerundet wird die Pressemeldung ebenfalls von einer kräftigen Portion populistischer Stimmungsmache, anders lässt sich der letzte Absatz in diesem Kontext kaum erklären.
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