Ein Mann kommt nach Deutschland – wirklich?

Trümmertheater Michael Thalheimer inszeniert Wolfgang Borcherts 
„Draußen vor der Tür“ am Berliner Ensemble als düstere Traumwelt
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 14/2022

Zu den Eigenheiten künstlerischer Produktion gehört ihre Zeitgebundenheit. Sie sorgt dafür, dass historische Stoffe oft an Gewicht verlieren; mit wachsendem Abstand verändern sich die Zugänge. Doch Geschichte steht nicht still, und so kann es vorkommen, dass ein vermeintlich historischer Stoff, in dessen Antlitz man längst mit postmoderner Lässigkeit blickte, mit einem Mal in die Arena der Relevanz katapultiert wird. Die Inszenierung von Wolfgang Borcherts Draußen vor der Tür am Berliner Ensemble dürfte sich im Stadium der Endproben befunden haben, als am 24. Februar die russische Armee die Ukraine überfiel. Und plötzlich wurde der etwas angestaubte Antikriegstext aus dem Jahr 1947 auf die Streckbank der Aktualität gespannt.

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