Deichkind vs. Youtube-Sperrung: Geld verdienen ohne Gema

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Geld ist Anerkennung - Anerkennung ist Geld. Das wissen auch Deichkind, die sich vergangenen Freitag vor einer Woche via Facebook zu Wort meldeten, als ihr Musikvideo „Leider geil“ auf Youtube gesperrt wurde.

YouTube-Nutzer kennen das Problem seit langem. Viele Musikvideos lassen sich auf der Plattform nicht abspielen, stattdessen erscheint die Info „Leider ist dieses Video in Deutschland nicht verfügbar.“ Wer im Fall von Deichkind für die Sperrung verantwortlich war, bleibt unklar. In Frage kommen sowohl Youtube, die Plattenfirma Universal als auch Gema. Die Gema streitet eine Sperrung ab. Youtube war nicht erreichbar. Universal will keine Auskunft zu dem Vorfall geben.

Nicht mal Deichkind wissen wohl, wer's war. „Ob Plattenfirma, YouTube oder Gema, egal, wer dafür verantwortlich ist. Wir wollen, dass unsere Videos zu sehen sind. Regelt euren Scheiß jetzt endlich mal und macht eure Hausaufgaben. Ihr seid Evolutionsbremsen und nervt uns alle gewaltig ...“, pöbelten die Rapper ins Internet.

In kürzester Zeit wurde das Statement von mehr als 20 000 „Likes“ belohnt, weiterverteilt und kommentiert. Der Protest zeigte Wirkung: "Leider geil" ist mittlerweile auf YouTube wieder zu sehen.

Auch andere Musiker haben sich schon zum Thema Youtube-Sperrung geäußert. Etwa Jan Delay, Ende vergangenen Jahres selbst von Sperrungen betroffen, forderte, „dass man endlich wieder deutsche Major-Videos auf Youtube gucken kann!!“

Delay und Deichkind wissen, dass solche Forderungen gut ankommen. Spätestens seit den Acta-Protesten dürfte bekannt sein, dass wohl die meisten Internet-User für eine freie Verfügbarkeit von Inhalten im Netz sind. Die Künstler hoffen durch ihre Forderungen, ihre Beliebtheit zu steigern und hinterher durch den Verkauf von Konzertkarten, Merchandising-Artikel und auch CDs zu verdienen.

Delay ruderte allerdings nach seiner Äußerung wieder zurück. Er habe die Leute nicht dazu aufrufen wollen, sich Musik illegal zu saugen, sie sollen sich dabei nur nicht erwischen lassen. Dass sein eigenes Label auch für ihn Kopierer abgemahnt hatte, habe er nicht gewusst.

Delays Verhalten ist symptomatisch für viele Künstler, die es sich aufgrund finanzieller Abhängigkeit auch nicht mit ihren Labels verscherzen wollen, sagt Bruno Kramm, Piratenmitglied, Musiker und Anti-Acta-Aktivist.

Die Gema, die für einen Großteil der Sperrungen bei Youtube verantwortlich ist, nimmt die Urheberrechte von Autoren und Komponisten wahr. Es sind nicht immer die Künstler selbst, die Musikstücke schreiben oder komponieren. Die Verwertungsgesellschaft schüttet Geld an Autoren und Komponisten aus oder auch an Musikverlage, die wiederum Verträge mit einigen Urhebern geschlossen haben. Geld bekommt die Gema unter anderem für jede hergestellte CD, jeden digital verkauften Song, jede Nutzung eines Titels in Werbespots - wenn sie die Urheber der gespielten Titel vertritt.

Die Gema vertritt alle Künstler, die sich nicht dagegen wehren, sagt Christian Hufgard von den Musikpiraten. Sein Verein hat sich zum Ziel gesetzt, es Musikern zu erleichtern, Gema-Unabhängig zu arbeiten. Künstler müssen immer erst nachweisen, dass sie nicht in der Gema sind, so Hufgard. Ein nicht zu unterschätzender bürokratischer Aufwand. Ohne Nachweis kassiere die Gema teilweise auch bei Künstlern ab, die nicht bei ihr unter Vertrag sind.

Die Musikpiraten haben bereits 500 Musiker ohne Gema-Vertrag zusammengetrommelt. Sie glauben daran, 70.000 Musiker zu mobilisieren . Auf diese Weise soll die Behauptung der Gema, die Mehrheit der Musiker in Deutschland sei bei ihnen unter Vertrag und Ausnahmen müssten erst nachgewiesen werden, widerlegt werden.

Je mehr Künstler sich von der Gema unabhängig machen, desto besser. Das Geschäftsmodell der Verwertungsgesellschaft ist überholt, Internet-Sperren sind mit dem Bedürfnis nach einer freien Informationsgesellschaft nicht vereinbar. Es ist Zeit, neue Wege zu beschreiten.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Jacques Kommer

Journalist. Bloggt unter www.jacqueskommer.de zum Thema künstliche Intelligenz.

Jacques Kommer

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