Gipfeltreffen der „Shanghai-Gruppe“ in Samarkand

Geopolitik Im September 2022 hat die Shanghai Cooperation Organisation ihre jährliche Zusammenkunft abgehalten. Aufgrund einer potenziellen Neugestaltung der Globalisierung durch Asien und Russland fand die Veranstaltung einige Beachtung.

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Die Gründung der Shanghai-Gruppe - offiziell Shanghai Cooperation Organisation (SCO) - wurde von Russland, China und vier kleineren asiatischen Staaten im Jahr 2001 proklamiert. Indien und Pakistan wurden beim SCO-Gipfel 2017 aufgenommen; Iran beim Treffen 2022. Der Zusammenschluss, welcher inzwischen rund 40% der Weltbevölkerung repräsentiert, versteht sich in erster Linie als Wirtschaftsbündnis sowie als außenpolitische Sicherheitsorganisation. Die SCO wird von China, der zweitgrößten Volkswirtschaft der Erde, und von der hochgerüsteten Atommacht Russland dominiert und erregt vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs gesteigerte Aufmerksamkeit.

So hat die US-Regierung die Volksrepublik China allein schon dafür kritisiert, dass ein bilaterales Treffen des Staatspräsidenten Xi Jinping mit Wladimir Putin unmittelbar vor der Zusammenkunft der SCO stattfand. Außerdem hat sich in Samarkand gezeigt, dass der russische Präsident weltweit nicht so isoliert dasteht, wie es im Westen häufig dargestellt wird. Auch der Beitritt des Iran dürfte in der westlichen Welt nicht gerade für Begeisterung gesorgt haben.

Zwar können sich China und andere asiatische Staaten nicht allzu offen hinter Putin stellen, weil sie die wirtschaftlichen Beziehungen mit den USA und der EU aktuell nicht gefährden wollen. Doch die Drohgebärden Chinas gegenüber Taiwan zeigen, dass man im Reich der Mitte langsam weniger auf die Befindlichkeiten der USA Rücksicht nimmt. Die Vereinigten Staaten verstehen sich als Taiwans Schutzmacht.

Russland wiederum ist auf wirtschaftliche Beziehungen zur EU nicht angewiesen, insofern es russischen Unternehmen gelingt, neue Absatzmärkte im Globalen Süden zu erschließen. Dabei hat das Land erhebliche Mengen an Bodenschätzen anzubieten und kann laut OECD-Bericht auf eine gut gebildete Bevölkerung zurückgreifen.

Insgesamt haben die Staaten der Shanghai-Gruppe sowie viele andere asiatische Länder inzwischen eine geopolitische Bedeutung erlangt, die es ihnen ermöglicht, einen Konfrontationskurs gegenüber der westlichen Welt einzuschlagen. Im Grunde hat der Westen in Asien nur noch Japan sowie Südkorea als bedeutende und treue Verbündete. Wie sich die SCO allerdings in nächster Zeit entwickeln wird, ist aktuell unklar. Denn es darf nicht übersehen werden, dass mit Indien und Pakistan zwei rivalisierende Staaten der SCO angehören. Der Streit um Kaschmir ist weiterhin nicht beigelegt.

Jedoch bedarf es keiner hellseherischen Fähigkeiten, um zu prognostizieren, dass Asien eine aufstrebende Region sein wird. Der EU hingegen droht ein wirtschaftlicher Abstieg - viele ökonomische Daten deuten darauf hin. Und in den USA ist es die gesellschaftspolitische Lage, die nicht sehr vielversprechend aussieht. Ethnische und kulturelle Konflikte könnten im Land einige Verwerfungen hervorrufen.

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