Menschenschutz vor Patentschutz

Impfstoffe Covid_19 Pandemie: Wie mit Scheingefechten nicht über den Patentschutz diskutiert wird.

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Unglaubliche Skandalisierungen, dass der Datenschutz über Menschenleben steht und der Staat zu dämlich ist, Impftermine zu organisieren. Der eigentliche Skandal ist doch, dass die Pharmaindustrie das Tempo bestimmt. Die Lockerung des Patentrechtes muss stattdessen diskutiert werden.

Jetzt stürzten sich wieder einige Medien auf den Datenschutz. Der Datenschutz wird als total erklärt und deshalb ist die Corona Warn-App ein "zahnloser Tiger" . Genauso wie die mediale Skandalisierung um schnellere Impftermine, ist das eine völlig falsche Themenfokussierung. Zumal das mit der Corona Warn-App schnell erklärt ist. Die App läuft fast nur auf neueren Geräten und ansonsten gibt es keine anschlussfähigen, für ältere Menschen einfach bedienbare Endgeräte. Deswegen nutzen die Technologie zu wenige. Wird aber der Datenschutz gelockert, schmeißen viele Nutzerinnen und Nutzer die App von ihren Handys runter. Dann ist nichts gewonnen.

Patentrechte müssen gelockert werden.

Nicht der Datenschutz muss in der Pandemie gelockert werden, sondern der Urheberschutz bzw. Patentschutz der Impfstoffhersteller.

Wir haben eine Notsituation. Deshalb müssen alle Pharmakonzerne ihre Daten freigeben, um konkurrierende andere Unternehmen bei ihren Zulassungsverfahren und anschließender Impfstoffherstellung zu unterstützen. Also, Kooperation statt Konkurrenz! Komisch, dass das nicht diskutiert wird. Dabei hat Indien einen entsprechenden Vorschlag mit anderen Entwicklungs- und Schwellenländern bei der Welthandelsorganisation eingereicht, die Patente für Covid-19-Impfstoffe und Medikamente solange auszusetzen bis eine globale Herdenimmunität erreicht ist. Die meisten Industrieländer, darunter auch die EU und die deutsche Bundesregierung, lehnen dies entschieden ab. *1

Das Patentrecht ist also eine heilige Kuh. Dabei wäre das nicht nur vernüftig, sondern auch gerecht. Denn die Konzerne greifen auf Grundlagenforschung (durch die Steuerzahler_innen finanziert) und auf zusätzliche staatliche Forschungsgelder zurück. Da können die Pharmakonzerne sich in dieser Situation nicht auf den Schutz des geistigen Eigentums berufen. Die Mobilität der BürgerInnen werden weltweit zum Teil mit autoritär-korporatistischen Methoden geregelt. Die Pharmaindustrie darf mit dem Patentschutz im Rücken ihr Geschäft des Lebens machen. Das verstehen viele kritische Beobachter nicht. Zu Recht!

Noch mal: Der Skandal ist nicht, dass die Impfterminvergabe stockend ist oder der Datenschutz zu weit geht. Der Skandal ist, dass die Politik zulässt, dass die Pharmakonzerne bestimmen, wer, wann, wieviele Impfstoffe zur Verfügung gestellt bekommt. Wenn hier das Entwickelte für alle zugänglich gemacht würde, hätten die Staaten für ihre Bürgerinnen und Bürger auch schneller mehr Impfstoffe. Außerdem wäre die Wirksamkeitskontrolle am Ende sicher zuverlässiger und vertrauenswürdiger, wenn noch mehr Forschungsaugen auf die Ergebnisse schauen könnten.

Nicht Menschenschutz vor Datenschutz, wie ein CDU Internes Papier propagiert. *2

Menschenschutz vor Patentschutz sollte die Devise sein!


Quellen:

*1 Newsletter Sven Giegold (Europabgeordneter)

*2 https://www.sueddeutsche.de/politik/corona-app-datenschutz-1.5196409

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Geschrieben von

Ludischbo

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