Das (primäre) Ende des Fiskalpakt-Sparens

Fiskalpakt Die Ziele des Fiskalpaktes könnte man schnell erreichen und die ganze "Spardiskussion" endlich beenden: Durch einen kompletten Schuldenschnitt für alle EURO-Staaten.

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Sie kennen den Fiskalpakt? So ein bisschen zumindest? Denn so besonders großräumig und detailliert wurde er vor wie nach seinem Beschließen auch nicht vorgestellt. Daher ist das meiste, was bei Ihnen wie mir im Kopf hängen blieb die einfache Formel, ein einziges Dogma: Sparen, Sparen, Sparen, „wir“ müssen Sparen, die (zu hoch) verschuldeten oder zu defizitären Staaten der EURO-Zone müssen sparen.

Zugegeben, da ist was dran. Ich stimme dem Fiskalpakt und dem Sparen zu: Es kann nicht sinnvoll, gesund, nachhaltig sein, ständig mehr auszugeben als man einnimmt. Nicht nur der „zukünftigen Generationen“ wegen, sondern schon der gegenwärtigen Generation der EURO-Bürger.

Ausnahmslos? Natürlich nicht! Denn wie bei jedem Unternehmen, ja bei jeder Familie oder Individuum ist ein dogmatisches „Immer-Sparen“ nicht „immer-sinnvoll“. Es gibt Situationen, wo es sinnvoller ist, mal mehr Geld auszugeben als man hat oder einnimmt (um es später zurückzuzahlen d.h. auszugleichen). Egal ob bei einer rechtzeitigen Maschineninvestition oder wenn ein Kind geboren ist. In vielen Fällen ist es sogar geboten, zum Zeitpunkt n mehr auszugeben, damit man zum Zeitpunkt n+1 oder n+10 mehr zurückbekommt als man bei n ausgegeben hatte.

Mittel- und langfristig ist jedoch Sparen angesagt. Falsch, so meine ich es nicht. Angesagt ist nicht Sparen, sondern – eine ausgeglichene Bilanz der Einnahmen wie Ausgaben. Und wiederum sehe ich es hier gleich für einen Staat, ein Unternehmen, eine Familie oder mich selbst.

Nur fällt mir bei den „Bemühungen“ und „Ratschlägen“ (=Befehlen) zum Erreichen des Ziels des Fiskalpaktes, also eines mittelfristig ausgeglichenen Bilanz, folgendes auf: Dieses Ziel sollte man ausnahmslos über Kürzung der Ausgaben, nicht über Erhöhung der Einnahmen erreichen!

Warum?

Sorry für diese rhetorisch simple Frage. Aber... Würde nicht nur die „schwäbische Hausfrau“ oder ein CEO, sondern auch ein Finanzminister nicht auf die Idee kommen, die Einnahmenseite als Hilfe zu einer ausgeglichenen Bilanz zu nutzen? Ja ja, Steuern zum Beispiel. Von mir aus wäre ich schon froh, daß die Finanzminister realistischerweise – wie eine nicht nur schwäbische Hausfrau – über beides nachdenken würden, einen natürlichen Mix aus der Kürzung (mancher, weniger sinnvoller) Ausgaben, und eine Erhöhung einiger Einnahmen.

Klar, das kann auch einen selber treffen, diese oder jene Steuererhöhung – oder die Abschaffung einer Subvention oder Steuerfreibetrages. Doch bevor es hier einen Sturm gegen diese oder jene Steuer gibt: eine Entwarnung.

Man muss gar keine Steuern erhöhen, um die Ziele des Fiskalpaktes zu erreichen.

Man muss auch keine Ausgaben streichen. (Man kann, wenn diese unabhängig der finanziellen Lage Quatsch sind...)

Zauber-zauber?

Nein, nur ein Blick auf die Zahlen, die Haushaltszahlen der wichtigsten (Deutschland, Frankreich) wie der „kriselnden“ (Griechenland, Spanien, Portugal, Italien, Irland) Staaten der EURO-Zone genügt. Ein Blick auf deren primäre Haushaltsdefizite:

http://www.economicshelp.org/blog/2220/economics/primary-budget-deficits-of-eu/

Das primäre Haushaltsdefizit bedeutet die Differenz zwischen den Einnahmen eines Staates und dessen Ausgaben – aber ohne Hinzuziehung der Kapitalbeschaffungskosten, also der Zinsen für bestehende Staatsschulden. Ein Blick genügt um zu sagen, dass die EURO-Staaten keineswegs so schlecht wirtschaften wie angeblich berichtet. Fast alle erreichen nämlich einen primären Überschuß! (Also fast wäre noch was da für mehr Ausgaben oder Steuersenkungen, die man sich je nach politischer Couleur oder der Vermögensklasse wünscht...)

Die Lösung der „Staatsschuldenkrise“ ist also denkbar einfach: Schuldenstreichung für die gesamte EURO-Zone.

Kling radikal, barbarisch und ungerecht etwa? Mag sein, doch oft in der Geschichte wurde diese Methode, diese Lösung angewendet – und oft war es die beste.

Sie haben Angst um Ihre Ersparnisse, etwa in Form von Pfandbriefen, oder Staatsanleihen, in die Ihre Bank investiert hat? Für diejenigen Leser von Ihnen, die über 100.000 EUR auf diese Weise „investiert“ hat (und so von der Verschuldung des eigenen Staates profitiert...) wird es stimmen – ein großer Teil davon wäre weg.

Es geht also um die Umkehrung, die Aushebelung der Merkel-Steinbrück-Doktrin vom September 2008 („Alle Ersparnisse sind sicher!). Diese Ersparnisse, dieses Kapital wäre zum Teil weg. Zum Wohle des Gesamtstaates, zum Wohle vieler Staaten Europas.

Übrigens, etwas wird auch übrig bleiben. Denn alleine die Geldvermögen der Deutschen, ca. 10.000 Mrd. EUR (darin sind also nur Geldwerte, keine Firmenanteile, Immobilien, Yachten oder Schmuck eingerechnet!) würden locker ausreichen, um die Staatsschulden des gesamten EURO-Raumes zu tilgen. D.h., wenn sich alle EUROpäer über 100.000-Sparvermögen entsprechend beteiligen, wird auf für sie mehr als diese garantierte Summe bleiben.

Somit wäre der Fiskalpakt erreicht, langfristig. Und somit wäre er zu Ende. (Außer, wenn die Staaten nun schuldenfreien Staaten durch Steuersenkungen und/oder Ausgabengeschenke erneut in die Schuldenfalle tappen...)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Lukasz Szopa

Balkanpole. Textverarbeiter. Denker-in-progress. Ökokonservativer Anarchist.

Lukasz Szopa

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