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Roundup 8. April 2021 Ein Überblick über Ereignisse in der deutsch-, englisch- und spanischsprachigen Welt vom 8. April 2021. Interessantes, Empörendes oder Themen, die sonst zu kurz kommen.

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An dieser Stelle soll es in Zukunft (hoffentlich) täglich Updates aus dem deutsch-, englisch- und spanischsprachigen Raum geben. Für Deutschland werde ich mich überwiegend auf außenpolitische Themen fokussieren, bei allen anderen Ländern beschäftige ich mich mit Themen, die ich für wichtig halte, über die ich bereits viel weiß oder die ich schlicht und ergreifend für interessant halte. Detaillierte Ausführungen findet ihr auf meiner Autorenseite des Freitag. Falls sich jemand dafür interessiert, diesen Roundup als Art Newsletter zu erhalten, kann er*sie mir gerne auf Twitter (@luke_tropic) eine Nachricht mit seiner*ihrer Mail-Adresse schreiben.

Deutschland

Bundeskanzlerin Angela Merkel und der chinesische Präsident Xi Jinping bekräftigten in einem Telefongespräch ihre Hoffnungen auf bessere Beziehungen zwischen beiden Ländern. Der Aufruf kommt vor dem Hintergrund eskalierender Rhetorik der EU, Großbritanniens und der USA sowie Forderungen deutscher (Außen-)Politiker*innen nach einem härteren Vorgehen gegenüber Peking. Analog zu den Beziehungen zwischen Großbritannien und China nach dem Brexit wird es interessant sein zu beobachten, wie die deutsche Regierung sich in den geopolitischen Auseinandersetzungen zwischen EU, USA, China und Russland positionieren wird. Die Regierung von Angela Merkel scheint dabei noch mit am vernünftigsten von allen westlichen Staaten zu agieren, verzichtet sie doch mit Ausnahme von Außenminister Maas weitestgehend auf verbales Säbelrasseln.

Vereinigte Staaten

Die US-Regierung will Hilfszahlungen an Palästina und die Hilfsorganisation der Vereinten Nationen für palästinensische Flüchtlinge UNRWA in Höhe von 200 Millionen Dollar wieder bereitstellen. Unter Donald Trump waren die Zahlungen eingestellt worden, um mehr Druckmittel gegen die politische Führung des Palästinenser*innen in der Hand zu haben. Neben der israelischen Regierung wurde das Vorhaben auch von Abgeordneten beider Parteien im Kongress kritisiert, die die Zahlungen stoppen wollen. Für Israel bezeichnet die Flüchtlinge als „sogenannte Flüchtlinge“ und will die UNRWA in ihrer derzeitigen Form abschaffen.

Zwischen 2010 und 2017 entwickelte das chinesische Militär Raketen, mit denen es in der Lage wäre, US-Militärbasen in Japan und Südkorea zu treffen. Wie das Portal The Grayzone berichtete, versuchte die US-Regierung als Reaktion auf die neuen militärischen Kapazitäten Pekings die vietnamesische Regierung davon zu überzeugen, der Stationierung von US-Marines und Raketen in Vietnam zuzustimmen. Das Vorhaben scheiterte daran, dass es Washington nicht gelang, den Staat zu einer Abkehr von seinem weithin bekannten Bekenntnis zu den „Drei Neins“ (keine militärischen Allianzen, keine Bündnisse mit einem Staat gegen einen anderen, keine ausländischen Militärbasen in Vietnam) zu überreden.

Im Verbund mit der israelischen Regierung setzen die USA ihre Politik des Aushungerns durch Sanktionen und des Diebstahls von Ressourcen gegenüber Syrien fort. Während die USA weite Teile des rohstoffreichen syrischen Nordens besetzen – wie sagte ein bekannter amerikanischer Philosoph einst: „we gotta take the oil.“ – ist das israelische Militär verantwortlich für Angriffe auf iranische Schiffe, die dringend benötigte Hilfsmittel an Syrien liefern sollten. Michael Lüders beschreibt diese Politik im Freitag als „erpresserisch“. Auf der fünften Brüsseler Konferenz wurden zwar Zusagen im Wert von 5,3 Milliarden Euro erhalten, diese decken aber zum einen den Bedarf nicht und dürfen zum anderen nicht in Gebiete fließen, die von der syrischen Regierung von Bashar al-Assad kontrolliert werden. Offiziell soll die Regierung so gezwungen werden, mit der Opposition zu verhandeln – auf Kosten der Bevölkerung. Damaskus kann nicht einmal dringend benötigte Materialien zum Wiederaufbau der zerstörten Städte und anderer Infrastruktur erwerben. Alena Douhan, Expertin der UN für Sanktionen, spricht in diesem Zusammenhang von einer schweren Verletzung der Menschenrechte von Syrer*innen.

Eingebetteter Medieninhalt

Kleiner Funfact. Das ist die Opposition, mit der verhandelt werden soll:

Eingebetteter Medieninhalt

Aus einer gemeinsamen Erklärung der irakischen und US-amerikanischen Regierungen geht hervor, dass alle US-Kampftruppen den Irak verlassen sollen, ein genauer Zeitplan wird hingegen nicht genannt. Offiziellen Angaben zufolge, die gerade in Bezug auf die Anzahl stationierter Soldat*innen oftmals nicht der Wahrheit entsprechen, sind noch 2500 Kampftruppen vor Ort. Was das US-Militär dort überhaupt noch verloren hat ist unklar, hatte das irakische Parlament nach der Ermordung des iranischen Generals Soleimani auf irakischem Boden doch für einen sofortigen Abzug aller US-Truppen gestimmt.

Ungeklärte Details scheinen allgemein einen großen Teil der biden´schen Außenpolitik im Nahen Osten auszumachen. Nachdem sich die Regierung für ihre Ankündigung, „offensive Operationen Saudi-Arabiens im Jemen“ nicht mehr zu unterstützen, feiern ließ, fehlen zwei Monate später immer noch genauere Auskünfte darüber, was das denn genau bedeutet. Dem progressiven Spektrum zuzuordnende Abgeordnete forderten die Biden-Regierung zudem auf, Druck auf Riyad auszuüben, um die andauernde Blockade des Jemen zu beenden.

England

Am Beispiel der post-Brexit Beziehungen zwischen Großbritannien und China wird die wohl größte Chance, einen neuen Kalten Krieg zu verhindern, offenkundig. Die britische Regierung will sich einerseits ihre special relationship zu den USA bewahren und verhängt deswegen Sanktionen gegen die chinesische Regierung. Zudem wird China als größte Gefahr für die ökonomische Sicherheit des Vereinigten Königreichs eingestuft. Anderseits ist China aufgrund seiner wirtschaftlichen Macht und Beziehungen zu westlichen Staaten zu wichtig, um es komplett zu isolieren. Letzteres ist der größte Unterschied zwischen der Sowjetunion 1917 und 1945 und China 2021: ein mehr oder weniger zerstörtes Land, das dem Konkurrenten ökonomisch betrachtet Lichtjahre hinterherhinkt versus eine wirtschaftliche Großmacht, ohne die der Weltmarkt zusammenbrechen würde und ohne die ein Kampf gegen die Klimakatastrophe aussichtlos ist. Wie der konservative Premierminister Johnson das Dilemma Ideologie vs. ökonomische Interessen lösen wird, beziehungsweise ob er in der Lage ist, dies zu tun, wird für den übrigen globalen Norden enorm aufschlussreich sein.

Johnson selbst scheint auf Konfrontation getrimmt. Bei der Vorstellung seiner außenpolitischen und militärischen Agenda für die 2020er Jahre bezeichnete der Premierminister China als die größte geopolitische Herausforderung dieses Jahrzehnts. Um dieser zu begegnen beharrt Johnson auf einer engen Anbindung an die NATO und will das Atomarsenal des britischen Militärs von 180 Sprengköpfen auf 260 erweitern. Die nukleare Abschreckung ist gegenwärtig vor allem gegen Russland gerichtet, das in den Augen Londons die größte akute Gefahr für die Sicherheit der Insel darstellt. Insgesamt will die konservative Regierung den Wehretat um 24 Milliarden Pfund in den nächsten vier Jahren erhöhen, eine 57%ige Steigerung gegenüber den 42,2 Milliarden Pfund aus den Jahren 2019 und 2020. Wer indes angesichts des munteren Geldverbrennens, der menschheitsgefährdenden Aufrüstungspläne und des selbstüberschätzenden Säbelrasselns auf die (angebliche) Labour-Opposition setzt, muss enttäuscht werden. Sir Keir Starmer, Vorsitzender von Labour und auch sonst eine Reinkarnation von Tony Blair, wirft der Regierung vor, nicht entschieden genug gegen Russland und China vorzugehen und nicht ausreichend Mittel für das britische Heer bereitzustellen.

Das britische Militär war laut Guardian in diesem Frühjahr für eine zehntägige Bombardierung des Irak verantwortlich, bei der „dutzende Menschen“ getötet wurden. Der Einsatz erfolgte im Rahmen der Anti-IS-Koalition. Seit Beginn des Irakkrieges im Jahr 2003 kämpfen britische Soldat*innen quasi ununterbrochen in der Region. Ziel der Angriffe waren Unterschlüpfe vermeintlicher IS-Kämpfer*innen im Makhmur Gebirge.

Nordirland

Mit dem Aufflammen von Unruhen zwischen Unionist*innen (Befürworter*innen einer Anbindung Nordirlands an Großbritannien) und Republikaner*innen (Befürworter*innen eines geeinten Irlands) meldet sich ein Geburtsfehler des Brexit zu Wort. Die Unionist*innen befürchten, nach und nach von Großbritannien abgekoppelt zu werden, da Nordirland nach wie vor Teil der Zollunion ist – im Gegensatz zu England, Schottland und Wales. Würden hingegen Warenkontrollen an der irisch-nordirischen Grenze eingeführt, verstieße dies gegen das Karfreitagsabkommen von 1998, durch das die sogenannten Troubles (jahrzehntelanger Unabhängigkeitskrieg Irlands von Großbritannien mit anschließendem inneririschen Bürgerkrieg zwischen Unionist*innen und Republikaner*innen) beendet wurden.

Kolumbien

In Cauca ist es erneut zu einem Massaker gekommen, bei dem vier Menschen ermordet wurden. Alleine in dieser Region ist es bereits das vierte Massaker im Jahr 2021 (insgesamt 36 seit Beginn der Amtszeit von Iván Duque), landesweit beläuft sich die Anzahl auf 26.

Chile

Neu freigegebene Dokumente über den Militärputsch gegen Salvador Allende belegen eine stärkere Unterstützung durch Brasilien als bisher bekannt. Mehr Infos gibt´s hier.

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