Was gibt´s? What´s going on? ¿Qué pasa?

Roundup 30. März 2021 Ein Überblick über Ereignisse in der deutsch-, englisch- und spanischsprachigen Welt vom 26. März 2021. Interessantes, Empörendes oder Themen, die sonst zu kurz kommen.

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An dieser Stelle soll es in Zukunft (hoffentlich) täglich Updates aus dem deutsch-, englisch- und spanischsprachigen Raum geben. Für Deutschland werde ich mich überwiegend auf außenpolitische Themen fokussieren, bei allen anderen Ländern beschäftige ich mich mit Themen, die ich für wichtig halte, über die ich bereits viel weiß oder die ich schlicht und ergreifend für interessant halte. Detaillierte Ausführungen findet ihr auf meiner Autorenseite des Freitag. Falls sich jemand dafür interessiert, diesen Roundup als Art Newsletter zu erhalten, kann er*sie mir gerne auf Twitter (@luke_tropic) eine Nachricht mit seiner*ihrer Mail-Adresse schreiben.

Vereinigte Staaten

Es vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht auf die wohltuenden Unterschiede zwischen der Biden-Regierung und deren Vorgängermodell hingewiesen werden. Für heute übernahm diesen Part das ZDF, das darüber berichtete, dass Außenminister Blinken – im Gegensatz zu seinem Vorgänger, selbstverständlich – der UN die Treu halten wolle. Neben einigen Plattitüden – multilaterales System, Kampf gegen Corona und Klimakatastrophe, wohlgemerkt ohne Details zu nennen – drehte sich die Videokonferenz des Sicherheitsrates dann um die humanitäre Situation in Syrien. Russland wird vorgeworfen, Grenzübergänge für Hilfslieferungen zu schließen, um die syrische Regierung noch weiter von ihr abhängig zu machen. Nebeneffekt: die syrische Bevölkerung verhungert. Nun ist sich die syrische Regierung nun spätestens seit dem Eintritt des russischen Militärs auf ihrer Seite in den Bürgerkrieg dieser Abhängigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ohnehin bewusst. Nicht erwähnt werden allerdings zwei unbestreitbare Sachverhalte, die ebenfalls mit der Hungersnot in Syrien in Verbindung stehen: zum einen werden die US-Sanktionen sowie die US-Besatzung des rohstoffreichen Landstriches Syriens nicht erwähnt – beides eklatante Verstöße gegen die regelbasierte Weltordnung -, und zum anderen wird dabei vergessen, dass sogenannte humanitäre Hilfe vonseiten der großzügigen Spender oftmals instrumentalisiert wird, um Regime Change zu erreichen. Wer daran zweifelt, möge sich die Berichterstattung über die angeblichen Hilfskonvois an Venezuela in den Jahren 2019 und 2020 noch einmal zu Gemüte führen.

Ghislaine Maxwell, Ex-Freundin und Komplizin des unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommenen pädophilen Multimillionärs Jeffrey Epstein, wird nun auch angeklagt, ein 14-jähriges Mädchen rekrutiert zu haben, die daraufhin von Epstein vergewaltigt wurde. Bisher war sie lediglich Verbrechen bezichtigt worden, Minderjährige in den 1990er Jahren angeworben zu haben, auf dass sie von Epstein (und dessen hochrangigen Freunden) vergewaltigt werden konnten. Die neuen Anklagepunkte erstrecken sich laut CNN hingegen bis in die 2000er Jahre hinein. Wer sich mehr über diesen Fall informieren möchte, der wohl am ehesten als eine Art Colonia Dignidad für US- und globale Eliten beschrieben werden kann, dem sei der Podcast TrueAnon wärmstens empfohlen.

Damit bei all den düsteren Nachrichten der Spaß nicht zu kurz kommt, sei an dieser Stelle auf einen Artikel des Investigativjournalisten Matt Taibbi hingewiesen. In diesem werden viele, aber bei weitem nicht alle, falsche Berichte führender US-Medien zum Thema Russiagate seziert. Deutschen Lesesr*innen könnten viele der Berichte bekannt vorkommen, wurden sie doch größtenteils in der deutschen Presse genau so wiedergegeben. Wenn so der Kampf gegen „russische Desinformationen und Propaganda“ sowie Fake News geführt wird, muss sich der Gegner warm anziehen.

Derek Davison, dessen Newsletter mich gewissermaßen zu diesem hier inspiriert hat, schreibt im Jacobin, dass die neue Biden-Regierung die Chance auf eine Rückkehr zum JCPOA (Iran-Deal) wohl bereits verspielt hat. Wer die letzten Meldungen aus Teheran verfolgt und zudem im Hinterkopf hat, dass in dem überwiegend schiitischen Staat in diesem Jahr noch ein Präsident gewählt wird (Stichwort: „die Hardliner kehren zurück“), muss dieser Analyse wohl zustimmen. Die Forderungen Bidens und Blinkens, der Iran müsse zuerst alle Bedingungen des JCPOA wieder erfüllen, bevor Washington, das den Vertrag zuerst nicht vollständig eingehalten (Obama) und ihn dann unilateral endgültig gebrochen hatte (Trump), seinerseits wieder an den Verhandlungstisch zurückkehre, waren von Anfang an für Teheran nicht erfüllbar. Dies wirft zumindest Zweifel an der Ehrlichkeit und Ernsthaftigkeit der US-amerikanischen Regierung auf, wirklich zum Deal zurückkehren zu wollen.

Australien

Das neue Deutschland hat den Skandal, der die Regierung von Premierminister Scott Morrison erschüttert, gut zusammengefasst. Lesetipp!

Spanien

Nach seinem Tod wurde der spanische Diktator Franco in einem gigantischen Mausoleum nördlich von Madrid beigesetzt. Das Valle de los Caidos, welches von unzähligen Gegner*innen des Franco-Regimes erbaut wurde, war bis vor Kurzem eine Art Pilgerstätte für Rechtsextremist*innen weltweit, die dort einem ihrer gefallenen Helden gedenken konnten. Der Leichnam Francos wurde vor Kurzem exhumiert, die Leichen der Zwangsarbeiter*innen sind hingegen immer noch am Ort ihrer Folter begraben. Die spanische Regierung beginnt nun am heutigen Dienstag mit der Exhumierung der gefallenen, deren Familien immer noch nicht wissen, was genau mit ihren Vorfahren passierte und wo diese verscharrt wurden.

Die deutsche Bundeskanzlerin wird gerne als überzeugte Europäerin beschrieben. Spätestens seit der Flüchtlingskrise im Sommer 2015 hat eine Art kollektive Amnesie die Schreiber*innen und Vertreter*innen des europäischen Liberalismus endgültig überwältigt, mit der Folge, dass die Merkel´sche Europapolitik nur noch in Abgrenzung zu fremdenfeindlichen Politiker*innen gesehen wird, die Folgen dieser Politik in überwiegend südeuropäischen Staaten hingegen einfach nicht mehr beachtet werden. Eine neue Studie europäischer Gewerkschaften zeigt beispielsweise auf, dass die Qualität der Arbeit in Spanien, Italien, Bulgarien, Rumänien und Griechenland im Vergleich zum restlichen Kontinent am niedrigsten ist.

Eingebetteter Medieninhalt

Dass drei der fünf Länder in den fragwürdigen Genuss der Merkel´schen Austeritätspolitik gekommen sind, blieb von den Autor*innen der Studie nicht unbemerkt. Ja, man konnte der deutschen Kanzler zu Gute halten, dass sie nicht so fremdenfeindlich wie andere europäische Politiker*innen agierte – oder wie der bayerische Asyltourist Markus Söder. Dies alle dürfte aber den Menschen in Südeuropa, die unter ihrer Politik zu leiden hatten, herzlich egal sein.

Mexiko

Präsident AMLO erklärte die Ermordung der salvadorianischen Migrantin durch die Polizei zu einer „Schande für das [uns]“. Die vier Verantwortlichen wurden des Femizids angeklagt.

Honduras

In Honduras haben sich erneut hunderte Migrant*innen in Bewegung gesetzt, zunächst in Richtung Guatemala und von dort aus dann in Richtung USA. Die überwiegend jungen und teilweise noch minderjährigen Flüchtlinge suchen laut eigner Aussage nach einer Möglichkeit in den USA zu arbeiten. Die derzeitige Situation an der Grenze zwischen USA und Mexiko als angespannt zu bezeichnen ist eine Untertreibung. Washington hatte kürzlich erst potenzielle Migrant*innen aus Süd- und Zentralamerika aufgefordert, in ihrer Heimat zu bleiben.

Washington sieht derweil in der Regierung von Präsident Hernández einen wichtigen Verbündeten im Kampf gegen die Migration aus süd- und zentralamerikanischen Ländern. In wie weit es die Beziehungen belastet, dass Hernández mittlerweile mehr oder weniger offen der Komplizenschaft in den Drogenhandel und -schmuggel beschuldigt wird, ist unklar. Allerdings hatten die US ja auch schon bei Manuel Noriega mehr als ein Auge zugedrückt.

Venezuela

Freddy Ñáñez, Kommunikationsminister der Regierung von Nicolás Maduro, nahm in einem Interview Stellung zu den anhaltenden Gefechten im kolumbianisch-venezolanischen Grenzgebiet. Der Minister beschuldigte kolumbianische Medien, die Situation zur Stimmungsmache gegen Venezuela auszunutzen. Die Beziehungen zwischen der chavistischen Regierung einerseits und ihrem rechten Pendant in Bogotá sind seit der Amtsübernahme des mit Drogenbaronen verbandelten Iván Duque mehr als angespannt. Verteidigungsminister López machte sogar direkt die CIA für die Gefechte mitverantwortlich. Beweise lieferte eher keine, die Geschichte des US-Geheimdienstes auf dem südamerikanischen Kontinent verbietet es allerdings, die Anschuldigungen als Spinnerei abzutun. Ñáñez kritisierte zudem den Internetmonopolisten Facebook für die Sperrung des Kontos von Präsident Maduro. Dieser wurde beschuldigt, Fake News über einen möglichen venezolanischen Impfstoff zu verbreiten. Weiterhin aktiv ist hingegen das Konto des brasilianischen Präsidenten Bolsonaro, der das Coronavirus für nicht schlimmer als eine Grippe hält.

Unter dessen versucht Präsident Maduro, US-amerikanische Sanktionen zu umgehen, die es dem Land unmöglich machen, dringend benötigte Impfstoffe sowie andere medizinische Güter zu kaufen. Der Präsident der bolivarischen Republik will für die genannten Güter mit Erdöl bezahlen. Problematisch könnte sein, dass die Erdölproduktion sich zwar wieder erholt hat, allerdings noch weit unter dem Level vor der Sanktionierung durch nun drei verschiedene US-Präsidenten ist. Zudem haben verschiedene internationale Banken ihre Geschäftstätigkeiten mit dem südamerikanischen Staat auf Druck der USA hin eingestellt und die Konten des Landes eingefroren. Die Sanktionen hingegen werden mittlerweile auch vor der WTO diskutiert.

Kolumbien

Ermordete Anführer*innen sozialer Bewegungen 2021: 38 (Carlos Alberto Vidal, Gewerkschafter)

Bolivien

Ein kleiner Hinweis da drauf, warum es in Bolivien zu einem Putsch kam:

Eingebetteter Medieninhalt

Tesla-Chef Elon Musk war da schon immer etwas offener:

Eingebetteter Medieninhalt

Chile

Teile der Opposition erklärten sich dazu bereit, die Wahlen um fünf Wochen nach hinten zu verschieben, wie es Präsident Piñera vorgeschlagen hatte. Nichtsdestotrotz ruft die außerparlamentarische Opposition zu Protesten gegen die unbeliebteste Regierung in der Geschichte der Demokratie des Andenstaates auf.

Argentinien

Die argentinische Regierung ist in Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) getreten, um über bessere Konditionen für die Rückzahlung der Schulden des Landes zu verhandeln. Präsident Fernandez führte als Argumente die schlechte wirtschaftliche Lage auf Grund der Pandemie sowie die Tatsache, seine Regierung habe die Schulden von ihrer rechten Vorgängerregierung von Präsident Macri geerbt, auf. Kristalina Georgieva, Direktorin des IWF, bezeichnete die Gespräche als „konstruktiv“.

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