1938: Geliebte Lison

Zeitgeschichte In seinem Spielfilm „Bestie Mensch“ erprobt Regisseur Jean Renoir seinen poetischen Realismus am Mythos Eisenbahn und zeigt einen tragischen, da verwundbaren Helden
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 23/2016
Jacques Lantier hat für einen Moment die Gewalt über sich verloren
Jacques Lantier hat für einen Moment die Gewalt über sich verloren

Foto: Entertainment Pictures/Imago

Ein Tausend-Tonnen-Tross entfesselt einen Rausch der Bilder, wie ihn bis dahin niemand inszeniert hat im ersten Jahrzehnt des französischen Tonfilms. Vier Minuten vorbeifliegende Landschaften und Jahreszeiten, Wiesen und Wände, Hasen im Feld und Häuser am Wald, Bahnsteige, Signale, Brückenbögen, Spiegelbilder. Weichen drohen die Fahrt zu drosseln, aber es geht immer weiter, weil der Lokomotive die Schienen kilometerweise entgegenfliegen. Bis alles an Tempo verliert, die Fahrt verschleppt und immer schlapper wird. Die Aufschrift „Le Havre“ an einem Schuppen gleitet durchs Blickfeld – ein Atemholen nach der Atemlosigkeit.

Jean Renoirs Spielfilm Bestie Mensch (La Bête humaine, gedreht 1937/38) scheint sich verausgabt zu haben, bevor nach den Schi