Bei Milošević auf dem Sofa: Als Gregor Gysi gegen den Krieg kämpfte

Linkspartei Der Tabubruch Gregor Gysis am 15. April 1999 im Bundestag war ein Moment, in dem die Linke noch den Mut hatte, ihrer Friedensagenda die Treue zu halten. Und heute?
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 17/2022
Schwer einzuschätzen, ob Augenblicke wie der vom April 1999 von der Linkspartei in den Kellern der Erinnerung dem Vergessen preisgegeben sind
Schwer einzuschätzen, ob Augenblicke wie der vom April 1999 von der Linkspartei in den Kellern der Erinnerung dem Vergessen preisgegeben sind

Foto: Sean Gallup/Getty Images

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) tat so, als sei ihm der Leibhaftige erschienen. Ich saß ja direkt über ihm, ließ er sich gleich nach der Bundestagsdebatte vom 15. April 1999 vernehmen, in der ihm ein linker Politiker offenbar als Fra Diavolo erschienen war, dass Thierse Schwefel zu riechen glaubte. Gregor Gysi, damals Fraktionschef der PDS, war kurz zuvor in Belgrad gewesen, um mit dem serbischen Präsidenten Slobodan Milošević über ein Einlenken im Kosovo-Konflikt zu reden. Die Nato bombardierte zu jener Zeit Nacht für Nacht Serbien und Montenegro. Gysi war so dreist oder so kühn, mit Diplomatie auf einen offiziell nicht erklärten, gegen Völkerrecht verstoßenden Luftkrieg der Nato zu antworten. Als er über sei