Die politische Zügellosigkeit treibt sich in der Türkei selbst auf die Spitze. Die EU-Europäer hätten Gründe zuhauf, Tayyip Erdoğan als antidemokratischen Despoten zu ächten statt länger als Partner des Westens zu achten. Warum tun sie es nicht? Offenkundig sind sie ihm einiges schuldig, den Kontrast zum Beispiel, welchen herauszustellen den eigenen zivilisatorischen Adel besser zur Geltung bringt. Gleichzeitig rumort die Gewissheit, in der Vergangenheit verspielt zu haben, was mit den im Oktober 2005 aufgenommenen EU-Beitrittsgesprächen möglich war. Die nach Ankara ausgestreckte schien stets auch eine abwehrende Hand zu sein.
Zumal die von Deutschland favorisierte privilegierte Partnerschaft in einer Mischung aus Kalkül und Hochnäsigkeit stets dazu geführt hat, dass sich türkische Regierungen davon beleidigt fühlten, solange sie von Tayyip Erdoğan geführt wurden. Damit ging Einfluss auf die dortige Innenpolitik ausgerechnet in der Phase verloren, da unter dem Patronat der AKP aus dem kemalistischen zusehends der islamisierte Staat wurde.
Europa am Zügel
Nun hat sich das Blatt gewendet, indem der türkische Staatschef durch seine autoritäre Amtsführung zu verstehen gibt, dass er den EU-Eintritt abschreibt, den endgültigen Bruch aber gern Brüssel überlässt. Die Gelegenheit ist zu verlockend, weiterhin mit der Beitrittsoption zu pokern, weil sich die EU damit vorführen lässt, solange sie die ultimative Beitrittsabsage meidet. Wir sind zu stark und die Europäer zu schwach, um uns zu verkraften, kann Erdoğan seiner Gefolgschaft bedeuten. Wir dürfen es der EU nicht ersparen, den verschleppten Beitritt und die verzögerte Visa-Freiheit als Wortbruch zu geißeln. Und wenn sie uns in Berlin oder Brüssel wegen des Ausnahmezustandes rügen, lenken wir ihren Blick auf Frankreich.
So hat sich ein Patt der diplomatischen Maskeraden ergeben – die Türkei Erdoğans tut so, als würde sie weiter den europäischen Anker suchen, will aber nichts weniger als das. Die EU erweckt den Eindruck, als wollte sie den Türken diesen Anker unter strengen Auflagen zuwerfen. Sie hat allerdings nichts dergleichen an Bord, sondern nur höllische Angst, Schiffbruch zu erleiden, würde sie das zugeben. Beide Seiten sind sich einig, vorübergehend getrennte Wege zu gehen, wollen das aber nicht offen sagen – müssen das nicht. Es bestehen Bande der gegenseitigen Abhängigkeit, die derzeit essenzieller, belastbarer und strategischer sind, als sie das mit einer Türkei als Teil einer maroden EU je sein würden.
Das Land ist der Schlüsselstaat in der Flüchtlingskrise, als solcher eine politische Lebensversicherung für die deutsche Kanzlerin und Garantiemacht gegen weiteren EU-Zerfall. Mit dem wäre zu rechnen, gäbe es für die in Griechenland beginnende Balkan-Route keinen türkischen Riegel mehr.Seit Angela Merkel die Wiedervereinigung Zyperns zur Vorbedingung eines türkischen Zutritts zur EU erklärt, kann Erdoğan diese „Auflage“ ebenfalls zu seinen Gunsten auskosten. Er kann die Teilung der Insel beenden oder bewahren. Wofür er sich wann entscheidet, hängt davon ab, wie sich die EU am besten herausfordern lässt. Auch hier geht es um die Botschaft an den religiös-nationalistischen Anhang: Seht her, wie das Türkentum Europa am Zügel hält.
So wenig wie die EU kann die NATO Tayyip Erdoğans Regime etwas anhaben, ohne sich selbst etwas anzutun. Die Türkei ist Vorposten der Allianz im Nahen Osten, die dort präsent sein will, um auf Konflikte einzuwirken, ohne davon übermannt zu werden. Möglich ist die permanente, aber permanent dosierte Intervention, wie das die vorwiegend von NATO-Staaten formierte Anti-IS-Allianz seit 2014 vorführt. Sie dient nicht nur dem Zweck, die Dschihadisten-Miliz in Schach zu halten, sondern ist prädestiniert, einer syrischen Nachkriegsordnung den westlichen Fußabdruck zu verpassen. Dabei freilich wird die Türkei kein erbötiger Handlanger sein, stattdessen die eigenen regionalmächtigen Ambitionen zu bedienen suchen. Warum nicht im Verein mit Russland? Die Versöhnung mit Moskau schreitet voran, wenn Erdoğan nun sogar die Piloten verhaften lässt, die Ende November 2015 einen russischen Jet an der Grenze zu Syrien abgeschossen haben. Europa ist gut beraten, diese Kehrtwende nicht zu unterschätzen, da Erdoğan – trotz seiner autokratischen Inbrunst – als Vertreter eines gemäßigten, staatstragenden Islam bald ein Mittler in Syrien sein könnte. Ob mit antiwestlicher Ausrichtung, entscheidet sich gerade.
Sich tot stellen
Erdoğans Freibrief für Willkür und Repressionen nach innen sind die Verhältnisse im nahöstlichen Krisenbogen ringsherum. Hier unterhält die NATO-Führungsmacht USA Stützpunkte in Katar, Kuwait, Oman, Bahrain, den Vereinigten Emiraten und Saudi-Arabien und lässt ihre Fünfte (Persischer Golf) wie Sechste Flotte (Mittelmeer) patrouillieren. Ohne die türkische Airbase Incirlik gäbe es keine Luftschläge der Anti-IS-Allianz.
So überrascht es nicht weiter, dass sich die NATO tot stellt, wenn Erdoğan die Reiter der Apokalypse ausschickt, seine Feinde zu jagen. Bisher ist von Generalsekretär Jens Stoltenberg, dessen Urteilskraft gegenüber Russland trotz der noch kurzen Amtszeit über jeden Zweifel erhaben ist, kein Wort der Kritik zu hören. Und das, obwohl im Vorwort des NATO-Gründungsvertrages, der Nordatlantikakte von 1949, festgeschrieben ist, dass sich die Allianz der Demokratie verpflichtet weiß.
Als der polnische Präsident Andrzej Duda Ende Januar im Brüsseler Hauptquartier vorsprach, wurde er als Gesandter einer Regierung angesprochen, die im Umgang mit der eigenen Verfassungsgerichtsbarkeit auf Verfassungstreue keinen gesteigerten Wert legte. Stoltenberg damals: „Die Grundwerte der NATO – Demokratie, individuelle Freiheiten und Rechtsstaat – sind wichtig für alle Mitglieder und sie sind wichtig für die Allianz.“ Nur sind in den Aufnahmeverträgen mit den seit 1999 aus Osteuropa zur NATO gestoßenen Ländern weder Sanktionen noch Konditionen festgeschrieben, die zu einer befristeten Suspendierung oder gar zum Ausschluss führen können. Da wird man die Türkei – Veteran der NATO seit 1952 – schwerlich mit irgendwelchen Auflagen reglementieren können.
Kommentare 24
“So überrascht es nicht weiter, dass sich die NATO tot stellt, wenn Erdoğan die Reiter der Apokalypse ausschickt, seine Feinde zu jagen.“ Das machen doch alle diese Typen – die uns von Freiheit und Mitbestimmung faseln, die Leute die wir doch alle kennen, in feinen Zwirn oder die in schmucken Uniformen! "In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt." ( Bahr ) – Und in Polen liest der Papst den Polen die katholischen Leviten, die Welt ist doch meschugge geworden. Nach 1989 wurde Doppelmoral, Manipulation, Heuchelei, Glättungsmechanismen für Ursachenforschung so modifiziert … das man glauben möchte - Gehirnwäsche gehört zum täglichen “Hygieneprogramm“! Da bleib ich lieber ab und zu “Unrasiert“!
tja, ein aus-scheren der tükei aus der nato ist wohl ein no-go für dieses hegemonial-system.
ein un-abhängiger ayatollah-/national-islamischer staat
ist in der türkei genauso wenig erwünscht wie in der ganzen region(einschl.iran), auch wenn eine achse mit putin-rußland nur begrenzt vorstellbar ist.
die nato als verteidigungs-system der kapital-und demokratie-gesteuerten staaten wird die erdogan-kröte genauso schlucken wie das ehem. griechische obristen-regime.
die integration von terroristischen staats-wesen ist erprobt.
Warten die Himmelsgucker auf die Weisheit der Ausserirdischen mit denen Juncker gesprochen und die er gesehen hat?
Sie werden sie nicht sehen das können die gar nicht.
Was sollen denn NATO und Tschörmänni anderes tun?
Danke!
Tigerstaat, sagte einst der Basta-Kanzler, sei die Türkei. Auch der in Istanbul geborene Herr Zetsche schliesst sich dem an. Nun, Politik & Wirtschaft sprechen aus einem Munde, wie immer. Das ist auch heute so, unter Angela. Doch das Wichtigste ist dabei die Rücksicht auf die US-Doktrin, auf den Lehrsatz von Brzezinski. Geopolitisch denken, geostrategisch handeln, Weltmacht Nr.1 sein und bleiben. Alles (aus-)nutzen, was diesem alleinigen Ziel dient. EU und NATO sind dabei nur Mittel zum Zweck. Durch die Flüchtlingskatastrophe wird nun vieles neu durchdacht. Die Achse des Bösen (Moskau) erscheint am paranoiden US-Horizont. Nie war der Türke sich seiner Exklusivität so bewusst wie heute. Wer handelt führt, führt so mache vor. Die Türken vor Wien!
Wenn ich Diktator werden wollte und an meinen Lebensabend die Früchte meines diktatorischen Wirkens genießen wollte, würde ich die Gunst der Stunde nutzen. Es gibt keinen besseren Zeitpunkt:
EU geschwächt durch Finanzkrise, Flüchtlingskrise, Brexit. Innere Konflikte durch Vertrauensverlust der Bürger in die EU und Uneinigkeit zwischen Mitgliedsstaaten. Die geschwächte Sicherheitslage durch Terrorismus. Die Spaltung westlicher Gesellschaften durch populistische Demagogen. Der Machtverlust der USA.
Es ist gut einzusehen, dass kein Staat die Innenpolitik eines anderen beeinflussen sollte. Wird das versucht, verbünden sich die Kontrahenten gegen den äusseren Feind (- den möglicherweise gutwilligen Dritten, der sich einmischt). Nun also liest man in dem Text die Empörung, dass die NATO und die EU gegenüber dem immer diktatorischer werdenden Erdogan still hält bzw. ihn nicht zu demokratischer Ordnung ruft.
Das ist insofern eine subtile Ironie, dass die in diesem Forum sehr wohlgelittenen nicht-westlichen Staaten (Bsp. Russland, China, Kuba ...) auf Demokratie und innere Bürgerfreiheiten eher wenig Wert legen. Nun den Verlust dieser Werte in der Türkei zu beklagen und ausgerechnet die sonst immer als imperialistischen Kriegstreiber geschmähte NATO zum Engagement für Demokratie, Pressefreiheit etc aufzufordern: Das hat was.
Aber die Diskussion um mögliche oder wünschenswerte Einmischungen ist ja trotzdem wichtig.
Dass die USA in den letzten Dekaden mehrfach versucht haben, ihre Gesellschafts- und Weltsicht anderen aufzudrängen, muss man in dieser Kommentar-Runde nicht herunterbeten. Im Endergebnis ist das immer schief gegangen. (Die Gründe kann man separat erörtern - ein Grund liegt darin, dass Demokratien schnell kriegsmüde sind und bei anstehenden Wahlen dann versprochen wird, die Truppen zurück zu holen. Der weniger von Medien und Wählerstimmen abhängige Gegner braucht nur lange genug zu warten.)
Historische Grenzfälle sind die von einer Regierung ausgerufene Bitte um Unterstützung, wie z. B. in Afghanistan (Regierung Taraki 1978 mit dem nachfolgenden russische Einmarsch 1979, oder 20 Jahre früher die Rufe der südvietnamesischen Regierung an die USA, die ab 1964 schnell ansteigende Truppenzahlen schickten.
Beide Interventionen sind, wie so viele weitere ähnliche, gescheitert. In Afghanistan waren vor den Russen schon u. a. die Briten gescheitert, in Vietnam vor den Amerikanern die Franzosen. Letztlich ist jede Intervention kolonialistisch und erzeugt nationalen Widerstand, der dann auch von Gegnern unterstützt wird. (Bsp. Afghanistan: Russland intervenierte, US unterstützten die Taliban)
Und historische Sonderfälle von Einmischungen ist der Kampf gegen offensichtliche Menschenrechtsverbrechen: Wartet man, dass sich auf der Ebene der UN eine Übereinstimmung herstellen lässt? Bei dem Zwei-Millionen-Mord des Regimes von Pol Pot war das nicht möglich; das weitere Morden hat damals die vietnamesische Regierung unterbunden. Gegen die Aggression der bosnischen Serben gab es wegen des russischen Vetos keine UN-Einigkeit, obwohl sogar Jelzins Sondergesandter in Bosnien, Witalij Tschurkin sagte, die Serben seien an Kriegswahn erkrankt und mißbrauchten Rußland."
Jedenfalls gab es eine nicht von der UN autorisierte westliche militärische Einmischung, um das Morden zu stoppen; der Frieden in der ganzen Region ist nach wie vor fragil.
Nun also die Situation in Syrien. Assad ist ein Diktator und Verbrecher, das wird wohl niemand bestreiten, aber er ist eben auch mit Russland verbündet. Aus seiner Situation heraus kann ich das nachvollziehen - wer endet denn gerne so wie Diktatorkollegen Saddam oder al-Gaddafi. Dass auf dem syrischen Staatsgebiet etliche Verbrecherbanden gegen ihn und gegeneinander Krieg führen, dem haben die Weltmächte einige Zeit zugesehen; selbst die Einführung eine Flugverbotszone, um das Bombenangriffe von Assad gegen seine eigene Bevölkerung dort zu verhindern, scheiterten am russischen und am chinesischen Veto.
Die Luftangriffe der westlichen Koalition gegen IS wurde von der russischen Regierung 2014 begrüsst, dann gab es syrische und russische Proteste bei der UN, weil syrische Stellungen (und Krankenhäuser) bombardiert wurde. Als Russland auf Wunsch der syrischen Regierung auch Luftangriffe flog, ging es nominal gegen IS, de facto aber gegen alle Oppositionstruppen und -einrichtungen. Man kann wirklich nicht sagen, dass die syrisch-russischen Bombardierungen humanistischer seien als die US/F/ etc.
Und die Moral von der Geschicht? Die Problemlagen sind erheblich komplexer, als die einfachen Welterklärer wahrhaben wollen.
Im Fall der Türkei wäre meine Politik (- wenn ich sie denn zu machen hätte): Distanz herstellen und sich weitestgehend von ihm und seiner Politik unabhängig machen.
Warum nicht im Verein mit Russland? Die Versöhnung mit Moskau schreitet voran, wenn Erdoğan nun sogar die Piloten verhaften lässt, die Ende November 2015 einen russischen Jet an der Grenze zu Syrien abgeschossen haben. Europa ist gut beraten, diese Kehrtwende nicht zu unterschätzen, da Erdoğan – trotz seiner autokratischen Inbrunst – als Vertreter eines gemäßigten, staatstragenden Islam bald ein Mittler in Syrien sein könnte.
Vor allem wüsste ich gern, wie die Moralisten hier, die andauernd von der EU und Deutschland besonders mehr als nur markige Worte gegen Erdogan fordern, dann reagieren. Würden die endlich mal ne Weile stille sein und sich ansehen, was daraus werden könnte? Wären sie dann weniger empört über die Menschenrechtsverletzungen usw. usw. - Fragen über Fragen.
Donald Trump hat die Bündnissolidarität in der NATO infrage gestellt. Würde er Präsident der USA, wäre dies das Ende der NATO. Trump und die USA würden damit den Traum so mancher Linken erfüllen.
Sehr merkwürdig finde ich in diesem Artikel die in einem Halbsatz verpackte Bemerkung von Herrn Herden zu Jens Stoltenberg, dem NATO- Genersekretär:
"..., dessenUrteilskraft gegenüber Russland trotz der noch kurzen Amtszeit über jeden Zweifel erhaben ist, ..."
Dies ist natürlich ohne "jeden Zweifel" eine zulässige persönliche Meinung von Herrn Herden über Herrn Stoltenberg.
Was diese Bemerkung in einem Artikel über die Türkei zu suchen hat, erschließt sich allerdings nicht.
Da die Politik des Westens bzw. der NATO bzw. bzw. von Herrn Stoltenberg gegenüber Russland von enormer Bedeutung ist und politsch durchaus umstritten ist ( viele - und auch ich - vertreten die Meinung : Der Westen/die NATO/Stoltenberg, vorangetrieben durch die USA, die wiederum ganz eigene - globale- Interessen verfolgen, rücken Russland durch Nato-Osterweiterung und durch vieles damit zusamenhängendes militärisch extrem "auf den Pelz" und Russland reagiert nur darauf), und Herr Stoltenberg ein Repräsentat dieser umstrittenen Politik ist, frage ich mich , warum Herr Herden Herrn Stoltenberg hier ohne jeden sachlichen Zusammenhang, wenn auch nur in einem Nebensatz, aber deutlich genug, "lobhudelt". Ist das nicht eine Art Propaganda ?
Herr Herden, schreiben Sie doch bitte für einen der nächsten Ausgaben des "freitag" einen Hauptartikel mit dem Titel:
"Die Urteilskraftdes Nato-Gerealsekretärs Jens Stoltenberg gegenüber Russland ist über jeden Zweifel erhaben".
Ich würde mich darüber sehr freuen, insbesonder über die nachfolgende Diskussion.
das sind ja längst keine maskeraden mehr: das entblößt sich in aller unschuld und erklärt jede/n zum pornographen - und das will keiner seyn
Erdogan und Putin? Islam und die russisch-orthodoxe Kirche?
Nein, das ist beim besten Willen beider Staaten keine gute Idee, und das wissen sie genau. Das wäre langfristig ein Machtverlust beider Despoten, denn sie würden ihre religiösen Stützen nach und nach verlieren.
Die EU sollte jetzt Position beziehen und der Türkei unmissverständlich klar machen, dass es unter den jetzigen Bedingungen niemals zur Visa-Freiheit oder einem EU-Beitritt kommen kann und wird. Das bedarf auch keiner weiteren Erklärungen, Erdogan weiss schon genau, warum und wieso.
Flüchtlingsdeal canceln, jawohl. Wenn Erdogan sich anschliessend entschliesst, das Schleppertum wieder aufleben zu lassen, ist er es, der sich am Tod etlicher Menschen schuldig macht. Flüchtlingsboote werden von Frontex abgefangen und umgehend zurück zur türkischen Küste gebracht. Ob die Türkei das will - oder nicht. Die EU-Aussengrenzen gegenüber der Türkei zu schützen muss möglich gemacht werden. Da darf Geld keinerlei Rolle spielen. Und schon gar nicht darf Erdogan das Schicksal von Menschen als Druckmittel gegenüber der EU einsetzen dürfen. Und auch nicht gegenüber der NATO.
Und was das geostrategische Denken der USA betrifft: Auch die USA können von der EU nicht verlangen, dass sie die katastrophalen Auswirkungen der nicht UN-abgesegneten Kriege im Irak und Afghanistan jetzt mit der Türkei austrägt. Im Zweifelsfalle kann auch ein "derart wichtiger NATO-Aussenposten" wie die Türkei aus der NATO raus. Vor diese Alternative muss die Türkei gestellt werden, mit allen möglichen Konsequenzen. Blockfrei in diesem Teil der Erde? Stoltenberg hätte insofern wesentlich deutlicher werden können in seinem Statement. Es geht nicht zu allererst um die Dominanz der USA und seiner NATO-Vasallen, es geht u.U. auch ne Nummer kleiner, auch ohne Incirlik. Vor allem aber geht es um die Einheit und Einigkeit, Stabilität und Werte der EU.
Und eines noch zur heutigen DEMO in Köln. Jens Spahn in der FAZ:
Vor der Großdemonstration von Anhängern des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Köln hat der CDU-Politiker Jens Spahn die doppelte Staatsbürgerschaft infrage gestellt. Wessen Herz für Erdogan schlage und wer für ihn und seine AKP auf die Straße gehe, solle das besser in der Türkei tun, sagte Spahn dem „Tagesspiegel“. „Und dem müssen wir eine klare Entscheidung abverlangen.“ Die in Deutschland lebenden Türken müssten sich entscheiden, welchem der beiden Staaten ihre Loyalität gelte.
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Ein sehr vernünftiger Gedanke.
Zu Roger 11:
Der Gedanke von Spahn gefällt mir auch, aber dies allein für türkische-deutsche Bürger zu beschliessen, geht nicht.
Und eine generelle Abschaffung, auch zB der US-deutschen, französisch-deutschen, israelisch-deutschen etc. Doppelstaatsbürgerschaften würde aus div. Gründen auch nicht gehen.
Erdogan und Putin? Warum nicht? Gab schliesslich auch mal einen Hitler-Stalin-Pakt. Zur Not frisst der Teufel Fliegen. Hat es Kapitalisten schon jemals gejuckt mit welcher Konkurrenz sie wie lange opportune Geschäfte machen können?
Genaueres weiß man dann (ok manchmal kann man auch so tun als wüsste man nichts, zumindest solange bis das eigene Tuch trocken ist), wenn die ersten Lager gefüllt, der türkische Volksgerichtshof losfreislert und Tote am Start sind.
Happy Vernichtung allerseits...
... was mindestens genauso Trump-Ideologisch ist. Was ändert es denn in den Köpfen der Menschen? Damit weicht man einmal mehr der zwingend notwendigen Debatte aus, ändert aber nix.
Eine wunderbare Vorstellung, endlich die Strenzeitmenschenund ihr destruktives Denken aus der Europäischen Nation weg und neues Friedliches Gedankengut in der EU integrieren. Toll!
Eine wunderbare Vorstellung, endlich die Strenzeitmenschenund ihr destruktives Denken aus der Europäischen Nation weg und neues Friedliches Gedankengut in der EU integrieren. Toll!
Hier noch ein brauchbarer Artikel über die allgemeine Situation in der Türkei:
http://www.sueddeutsche.de/politik/tuerkei-ich-nenne-es-eine-erdoan-phobie-1.3101678
http://www.taz.de/Wie-Guelen-zum-Staatsfeind-Nr-1-wurde/!5323191/
Sie haben die USA vergessen...
Study: US is an oligarchy, not a democracy - BBC News
weil Russland der Feind Nr. 1 ist
US-Strategie (auf deutsch) l George Friedman STRATFOR @ Chicago Council on Global Affairs - YouTube
da spielt das bischen Kasperle Theater von Tayyip keine Rolle
An AN-1:
Dass die USA weithin eine Oligarchie ist und dass wesentliche politische Inhalte von wenigen einflussreichen Menschen, hauptsächlich in dem Finanzsektor und in der Großindustrie bestimmt werden, ist wohl jedem bewusst. Je nach politischem Glaubensbekenntnis kann man das auch für viele andere Länder sagen.
Aber so selten wie es andere reine Regierungsformen gibt, auch keine ideale Demokratie, sind die USA eben keine reine Oligarchie. Wer in den USA die Elemente der Demokratie nicht sieht, ist eben so blind wie jemand, der die Oligarchie leugnet. Nicht unwichtig ist, dass in grossen Teilen der Gesellschaft eine solide Abneigung gegen staatliche Einmischungen, gegen Steuern und auch gegen staatliche Sozialgesetzgebung besteht, und das Misstrauen gegen "die da oben" sich ebenfalls auf die verfilzte Wirtschaft bezieht.
Bei der Betrachtung über das reale Funktionieren von formal vorbildlichen Demokratien sind m. E. eine unabhängig Gerichtsbarkeit und freie Presse zentral. Beides funktioniert in den USA und in Mittel- sowie Nordeuropa.