Sicher ist der einstige kongolesische Rebellenführer Thomas Lubanga alles andere als eine Lichtgestalt. Gewiss verdient er es, wegen der Rekrutierung von Kindersoldaten vor dem Haager Weltgerichtshof (ICC) zu stehen. Doch weshalb wird sein Fall als erster überhaupt vor diesem Tribunal verhandelt? Warum wird ausgerechnet mit einem Angeklagten aus einem Land der Dritten Welt begonnen, dessen jüngste Geschichte eine einzige Anklage des Postkolonialismus der Ersten Welt ist? Mit Marschall Mobutu haben Frankreich und Belgien zwischen 1965 und 1997 über drei Jahrzehnte lang einen Diktator als Präsidenten hofiert, der Kongo so herunter gewirtschaftet hat, dass der Aufstieg von Warlords wie Lubanga erst möglich wurde. Kindersoldaten gibt es dort zuhauf, weil in einem scheinbar endlosen Bürgerkrieg oft nur überlebt, wer andere tötet. Weil es im Kongo an so vielem fehlt, nicht aber an moderne Waffen, die für Kinder leicht zu bedienen sind. Weil Waffenhändler in Europa vorzüglich daran verdienen, die kongolesische Kriegsfurie nicht ruhen zu lassen, und viel dafür tun, dass die sich weiter an Kindern vergreifen kann. Wenn also Lubanga schon als Erster die Anklagebank des ICC drückt, sollte er das wenigstens nicht als Einziger tun.
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