Eine stille Entscheidung

EZB-Frauenquote Was bedeutet es, wenn der Direktor der Europäischen Zentralbank sich für mehr Frauen in der Führungsebene stark macht? Ist das ein Danaergeschenk oder eine Liebesgabe?

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Bis jetzt arbeitet keine einzige Frau in der Chefetage des Eurotowers
Bis jetzt arbeitet keine einzige Frau in der Chefetage des Eurotowers

Foto: Thomas Lohnes/Getty Images

Oder ist das einfach nur aufgeschlossene Personalpolitik? Will er mehr Frauen Chancen eröffnen oder sucht er Komplizinnen? Das sind so Fragen, wenn der Direktor Jörg Asmussen heißt. Wobei die Europäische Zentralbank kein Zockerverein ist. Und Frauen verstehen schon etwas von Finanzen. Aber jene, die bei finanzpolitischen Streitereien immer die "schwäbische Hausfrau" anführen, scheinen nicht dieser Ansicht zu sein. Abgesehen davon, dass das ein blöder, nicht stimmiger Vergleich ist.

Jörg Asmussen hat einst der Finanzmanipulation Tür und Tor geöffnet und die Deregulierung gepriesen wie sonst keiner.
Jetzt aber, da sich die Welt den Schaden besieht, ist er auf einmal sozial gestimmt und tut zum Beispiel gegenüber zeitonline
kund, dass die Gerechtigkeit in Europa gelitten hat. Und nicht nur das, sondern, dass dies neben den gesellschaflichen auch rein ökonomisch Nachteile hatte. Nachgefragt, ob dann nicht die ganze - von ihm mit bestimmte Therapie - falsch sei, redet er von kurzfristigen Entscheidungen, deren Folgen man für die Einkommen der Menschen gar nicht absehen konnte.

Und nun hat er die Geschlechtergerechtigkeit in den Blick genommen: Unter den 23 Mitgliedern des Rates der EZB findet sich keine Frau. Und auch nur zwei von 14 Direktorenposten werden von Frauen besetzt. Ziel der bereits im Juli beschlossenen Quote sei, dass bis 2019 im mittleren Management 35 Prozent und im oberen Management 28 Prozent der Stellen mit Frauen besetzt sind, erklärte Asmussen gegenüber der Presse.

Es ist zu ahnen, was jetzt kommt: Die Debatten werden sich verschärfen, sowohl unter den männlichen und weiblichen Quotenbefürworterinnen und -befürwortern und den -gegnerinnen und -gegnern. Und auch gesamtgesellschaftlich kann das Diskussionsstoff geben.

Frauen das bessere Geschlecht?

Es ist nämlich so, dass Männer - entgegen den sonst geäußerten Anwürfen - Frauen offensichtlich durchaus für das bessere Geschlecht halten. Weswegen sie es auch nicht gut finden, wenn Frauen diese miesen Männerjobs auch noch übernehmen, statt sanfte, gesellschaftsverbessernde Alternativen zu suchen.

So denkt zum Beispiel der Schweizer Männerrechtler Marcus Theunert, der kurz auch mal Männerbeauftragter war: "Das patriarchale System im Kern wird dadurch (die Quote - Magda) nicht verändert werden. Ich unterscheide zwischen einer Gerechtigkeits- und einer Nachhaltigkeitsperspektive. Unter einer Gerechtigkeitsperspektive macht es Sinn zu sagen, ein Ziel: gleich viel. Aber aus einer Nachhaltigkeitsperspektive kann es nicht das Ziel sein, dass es gleich viele Abzockerinnen oder Börsengewinnerinnen gibt wie Abzocker oder Börsengewinner - oder eben alles, was Männern gemeinhin als schädliches Verhalten vorgeworfen wird. Daher ist für mich die Quote keine zielführende Maßnahme, um das zu verwirklichen, was ich unter Geschlechtergerechtigkeit verstehe." Das sagte er in einem Interview mit dem Deutschen Frauenrat

Auch er also einer, der Frauen vor eine Komplizenschaft warnt oder gar bewahren will, die die Welt überhaupt nicht verbessert. Weltverbesserung aber ist nicht der Sinn der Quote, sondern den Frauen überall - auch denen, die sich an finanzpolitischen Entscheidungen beteiligen wollen - eine faire Chance zu geben. Es wird die Meinung erhärten, dass Quotenregelungen was für "weiße" Mittelstandsfrauen sind. Und das ist natürlich pfui während es für weiße Mittelstandsmänner o.k. ist.

Übrigens: Die Kritik an der Niedrigzins-Politik der EZB verschärft sich. Vielleicht soll so eine Debatte auch davon ablenken. Diese Politik bedeutet eine schleichende Enteignung vor allem der kleinen Sparer, erklärte kürzlich Peer Steinbrück gegen über zeitonline. Und das trifft nun wirklich die ganz normale "Hausfrau" nicht nur in Schwaben und vor allem nicht nur im Mittelstand.

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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